Die Kölner Marco und Hannah Schyns erlebten das schwere Erdbeben in Marokko in der Altstadt von Marrakesch.
„Großes Glück gehabt“Kölner Paar berichtet von Erdbeben in Marokko – Ausflugsziel komplett verschüttet
Als die Erde am Freitagabend um 23.11 Uhr zu beben beginnt, schlafen die Kölner Marco und Hannah Schyns in einem Riad – einem traditionellen marokkanischen Haus mit Pool im Innenhof – in der Altstadt von Marrakesch. Sie sind früh ins Bett gegangen, weil sie für den nächsten Morgen eine Tour ins Atlas-Gebirge gebucht haben. Am nächsten Tag werden die Berber-Dörfer wie Imlil, das sie besuchen wollten, verschüttet sein. „Mit wenig Hoffnung auf Überlebende“, wie ihnen der Reiseleiter sagen wird. „Wir haben einfach sehr großes Glück gehabt“, sagt Marco Schyns.
Seine Frau sei als erste aufgewacht. „Das Bett hat gewackelt, der Boden und die Wände auch – sie hat sofort gesagt: Das ist ein Erdbeben“, sagt der 33-jährige Schyns, der mehrere Jahre für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ gearbeitet hat. Es seien schreckliche 20 Sekunden gewesen. „Wir sind zum Fenster gegangen und haben gesehen, dass der Pool im Innenhof überschwappt.“ Hilflos seien sie gewesen und geschockt. Die Gäste versammelten sich im Innenhof – die Straße zur Altstadt, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, war eine Wand aus Staub. „Einige Hotelgäste haben geschrien oder geweint, andere waren ganz ruhig“, sagt das Kölner Paar. „Der Nachtmanager hat versucht, die Menschen zu beruhigen. Das war gut.“
Nach einiger Zeit habe es ein Nachbeben gegeben, „nur ein paar Sekunden, eher ein Vibrieren wie von einem Zug, wenn man am Gleis steht“, sagt Schyns. Aufgewühlt seien sie gewesen – das Ausmaß der Katastrophe hätten sie indes zunächst nur über das Internet erfahren – und über besorgte Nachrichten von Eltern und Großmutter aus Deutschland. Am nächsten Morgen gingen Hannah und Marco Schyns in der Altstadt von Marrakesch spazieren– „die Zerstörung war von Viertel zu Viertel sehr unterschiedlich“, sagen sie bei einem Telefonat via Messenger-Dienst.
Im jüdischen Viertel seien ganze Gebäude eingestürzt, viele Straßen gesperrt gewesen. „In der Altstadt waren die Schäden kleiner: Viele Häuser haben Risse, einige provisorische Dächer sind runtergekommen. Von Moscheen sind Giebel oder Teile von Türmen runtergekommen.“ In den ärmeren Vierteln hätten viele Menschen im Freien geschlafen.
Bemerkenswert sei die Solidarität an den Tagen danach gewesen. „Die Menschen in Marokko sind ohnehin wahnsinnig freundlich. Jetzt fragt jeder Kellner und jeder Verkäufer uns sofort, wie es uns geht, wie wir das Erdbeben erlebt haben“, sagen die beiden. „Jeder ist geschockt – aber die Katastrophe hat die Menschen auch zusammengebracht. Wir wollten helfen – mitanpacken, Blut spenden, irgendwas tun – aber das war gar nicht so einfach.“
Das Kölner Paar wird am Montag in die Küstenstadt Essaouira aufbrechen. „An einen normalen Urlaub ist eigentlich nicht mehr zu denken, die letzten Tage waren surreal“, sagen sie. „Viele Menschen hier tun aber alles, dass das Leben normal weitergeht. Sie haben die große Sorge, dass der Tourismus zusammenbricht.“