Das Urteil ist eine Pioniertat – auch wenn sich ein zerstörtes Leben nicht mit Geld aufwiegen lässt.
Erzbistum KölnGericht hält Kirche ihr Versagen mit Schmerzensgeld-Rekord vor
Eine geschundene Kinderseele, ein zerstörtes Leben – in Geld lässt sich das nicht aufwiegen. Damit hatte der Vertreter des Erzbistums Köln im Prozess um die Schmerzensgeldklage eines Missbrauchsopfers schon Recht. Aber sich mit diesem Argument der Pflicht zur bestmöglichen Linderung von Leid und zu einer wenigstens materiellen Wiedergutmachung entziehen zu wollen, das ist von einiger Perfidie.
Urteil sollte im Missbrauchsprozess sollte nicht das letzte Wort sein
Wenn man bedenkt, dass die katholische Kirche noch vor zehn Jahren geruhte, die Zahlung von 5000 Euro an Missbrauchsopfer als angemessene „Anerkennung“ zu erachten, wird die Strecke ermessbar, die bis zum Urteil des Kölner Landgerichts vom Dienstag zurückgelegt wurde: weg von lächerlichen, angesichts der Finanzkraft der Kirchen geradezu unverschämten Summen – und hin zu Beträgen, die endlich auch der Organisation wehtun, aus der die Missbrauchstäter kamen und die durch Vertuschen, Verdrängen und Verharmlosen nicht nur den Horror vergrößerte, sondern auch weitere Taten ermöglichte oder nicht verhinderte.
Wie im Kölner Strafverfahren gegen den Serientäter Hans Ue. ist es auch jetzt wieder ein staatliches Gericht, das der Kirche ihr Versagen vorhält. Auch deshalb ist das Urteil des Landgerichts Köln eine Pioniertat. Es sollte nur noch nicht das letzte Wort sein. Das Argument der Richter, sie könnten einem augenscheinlich recht vitalen Kläger kein noch höheres Schmerzensgeld zusprechen, verkennt die unsichtbaren Verletzungen, die Missbrauchsopfer davontragen – und dass es Kinder waren, die oft buchstäblich um ihr Leben gebracht wurden.