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Experimentelle Indie-SoundsKölner Band Tigermilch veröffentlicht die ungewöhnliche Single „Liane W.“

Lesezeit 4 Minuten
Philipp Schmid, Ben Werchohlad und Eric Wieben stehen vor einer grün besprayten Wand

Die Kölner Band Tigermilch: Philipp Schmid, Ben Werchohlad und Eric Wieben (v.l.). Nicht auf dem Foto: Tamim Ebadie.

Die Kölner Band Tigermilch hat mit „Liane W.“ einen außergewöhnlichen Song präsentiert. Die Band über ihre Entstehung und die neue Single.

„Liane W.“, so viel sei gesagt, ist eine ganz und gar ungewöhnliche Single, so ganz anders als das, was man so im Radio hört. Ein experimenteller Sound, klagende Schreie und ein kunstvolles, dramatisches, bizarres Musikvideo. Schöpfer des Songs ist die Kölner Band Tigermilch. „Für mich steht bei solch intensiven Liedern im Vordergrund, dass auch negative Gefühle gehört werden sollen und können, und dass das auch schön sein und einen weiterbringen kann“, sagt Eric Wieben, Bassist der Band.

Hinter dem Titel der Single steckt ein Akronym, das sich aus dem Chorus des Lieds ergibt: „Liebe ist auch nur ein Wort“. Seit dem 24. März ist der Song draußen. Für den Dreh des Musikvideos reisten die vier jungen Männer nach Frankreich, filmten gemeinsam mit Produzent Moses Schneider, der schon mit den Beatsteaks, Tocotronic und Annenmaykantereit zusammenarbeitete. Auch das sei anders gelaufen als sonst, erzählt Ben Werchohlad, Sänger und Songschreiber von Tigermilch. Gedreht wurde am letzten Abend der Reise.

Tigermilch aus Köln: Erstes Album im WG-Zimmer aufgenommen

„Wir haben auf den richtigen Moment gewartet. Es war dann so halb zehn abends, als es hieß: Schön, dass ihr jetzt alle Whisky getrunken habt, geht doch mal an eure Instrumente. Es war dann ein Einfühlen in eine Stimmung, und was das für eine Stimmung war, entwickelte sich dann.“ Es entwickelten sich so auch der Sound der Gitarre von Tamim Ebadie, der des Bass‘ von Eric Wieben und der der Drums von Philipp Georg Schmid – allesamt etwas anders als sonst im Repertoire der jungen Band.

Tigermilch, normalerweise im entspannten Indie-Pop mit Soul- und Funk-Einflüssen unterwegs, arbeiten derweil weiter an ihrem zweiten Album, das „irgendwann später“ in diesem Jahr erscheinen soll. Ihre Debütplatte „Gelaber“ feiert am 8. April ihren ersten Geburtstag. Das Album haben die Vier noch komplett im WG-Zimmer aufgenommen, inzwischen haben sie einen richtigen Proberaum und ein Studio.

Tigermilch: In Indie-Pop-Kreisen auch außerhalb von Köln bekannt

Wird der Nachfolger nun ebenso experimentell wie Liane W.? „Es wird nicht weiter in diese Richtung gehen. Liane W. fällt ein bisschen aus der Reihe. Es wird eher eine Erweiterung unserer Soundpalette“, sagt Werchohlad. „Ich würde gar nicht sagen, dass er komplett aus der Reihe fällt“, meint Eric Wieben. „Wir sind offen dafür, uns nicht auf einen Sound einzuschießen. Zwar sticht der Song etwas weiter raus, aber es ist ja auch schön, dass wir so independent agieren können und uns niemand die Pistole auf die Brust setzt und sagt: Ihr habt euren Sound gefunden, jetzt bleibt dabei“, sagt der 30-Jährige.

In Indie-Kreisen bereits auch außerhalb ihrer Heimatstadt Köln ein Begriff, beginnt die Geschichte von Tigermilch 2018 in „einer dieser Bar-Nächte“, erinnert sich Schlagzeuger Philipp Georg Schmid. Da lernten Ben Werchohlad und er sich kennen. „Dann haben wir ein halbes Jahr Musik gemacht“, sagt er. „Ein bisschen rumgejammt“, bis sie nach ein paar Gigs merkten: „Live ist es zu Zweit nicht so easy.“ Also machten sie sich auf die Suche.

Geburtsstunde im Hallmackenreuther in Köln

Im Autonomen Zentrum lernten die Beiden Eric Wieben kennen. „Bei einer Jam Session neben einer Techno-Party“, erzählt der und lacht. „Ich selbst habe erst später mitbekommen, dass wir da gemeinsam gespielt haben“, sagt Schmid. „Ben hat mir dann erzählt, dass er jemanden kennengelernt hat, der die gleichen Sachen spielt wie wir. Dann haben wir uns getroffen und ich habe gecheckt, dass wir auf demselben Jam zusammen gespielt haben.“ Wieben wird als Bassist fester Bestandteil der Band.

Zu ihrer jetzigen Konstellation führte sie dann ein weiterer Zufall, der sich im April 2020 bei einem Auftritt im Hallmackenreuther am Brüsseler Platz ereignete. Es sollte der erste Auftritt der aktuellen Besetzung werden – und für eine lange Zeit der letzte, denn nur einen Tag später wurden sämtliche Veranstaltungen wegen Corona abgesagt. „Freitags hatten wir unseren Gig, Samstag war alles zu.“ Dort war Gitarrist Tamim Ebadie, der bei unserem Treffen – übrigens im Hallmackenreuther – nicht dabei sein kann, zum ersten Mal Teil von Tigermilch. Aus Zufall, so Schmid: Der ursprüngliche Gitarrist fiel krank aus. „Tamim sagte dann: Ich schaufele mir das alles drauf, ich spiele die Songs, wir brauchen nur eine Probe“, erzählt der 30-Jährige. „Dann ging Leon (der vorherige Gitarrist, Anm.d.Red.) nach Berlin, wie so viele Musiker. Die Warteliste war dann relativ kurz.“ Tigermilch war geboren.