ExtremismusRechte Szene spekuliert über Reitz
Köln – Er ist bekanntgeworden als „Hitler von Köln“, war die beherrschende Figur der rechtsextremistischen „Kameradschaft Köln“. In SA-ähnlicher Uniform und dekoriert mit SA-Abzeichen drohte er seinen politischen Gegnern, sie würden „eines Tages auf den Marktplatz gestellt und erschossen“. Aber nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ soll der mehrfach einschlägig vorbestrafte Neonazi Axel Reitz sich jetzt aus der rechten Szene zurückziehen.
Bei einer Razzia gegen die Neonazi-Gruppierung „Aktionsbüro Mittelrhein“ waren Reitz und 23 weitere Personen im März dieses Jahres verhaftet worden. Gegen 20 Untersuchungshäftlinge hat die Staatsanwaltschaft Koblenz mittlerweile Anklage wegen „Gründung einer kriminellen Vereinigung“ erhoben. Vier Männer, darunter Axel Reitz, sind wegen Unterstützung angeklagt. Außerdem wird zahlreichen Beschuldigten noch Landfriedensbruch, Körperverletzung und die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zur Last gelegt.
Die Gerüchteküche köchelt
Die Neonazis, die sich spätestens im Jahr 2009 radikalisiert hätten, sollen unter anderem verantwortlich sein für Brandanschläge auf Autos, deren Halter dem linken Spektrum zugerechnet werden, sowie für Körperverletzungen in Remagen, Dresden und Wuppertal. Angehörige der linken Szene seien fotografiert, ihre Wohnanschriften und Kennzeichen ausgeforscht worden, um gegebenenfalls schnell und gezielt „Vergeltungsmaßnahmen“ ausüben zu können.
Obwohl die meisten seiner Weggefährten heute noch im Gefängnis sitzen, soll Reitz schon seit geraumer Zeit aus der Untersuchungshaft entlassen worden sein. Seitdem köchelte die Gerüchteküche auf Szene-Homepages im Internet. Es hieß, er habe gegenüber den Ermittlungsbehörden ausgesagt, sei ein Aussteiger und Verräter. In der Öffentlichkeit, auch auf den Szene-Homepages, auf denen über ihn diskutiert wird, hat sich Reitz bisher nicht zu dem Sachverhalt geäußert. „Kein Kommentar“, sagte er auch auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.
15 Jahre politischer Kampf
Dem Vernehmen nach soll er seinen Ausstieg aber schon gegenüber den Ermittlungsbehörden angekündigt haben. Der Entschluss sei „ein schleichender Prozess“ gewesen, werde Reitz in einer Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Koblenz zitiert, so ein Insider. Er würde sich nach etwa 15 Jahren politischem Kampf jetzt vor allem auch deshalb zurückziehen, weil er mit den Mitgliedern der rechten Szenen „nicht mehr einverstanden“ sei.
Christian Worch, ein bundesweit bekannter Neonazi, sagte gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, auch er habe Einblick in die Ermittlungsakten gegen das „Aktionsbüro Mittelrhein“. In der mehrere hundert Seiten dicken Anklage gegen einen der Beschuldigten werde Reitz auf neun Seiten von den Ermittlern zitiert. Wenn überhaupt, mache der ehemalige Mitstreiter jedoch nur „niederschwellig belastende Angaben“. Eine Verurteilung eines Angeklagten allein aufgrund dieser Aussagen halte er für „vollkommen ausgeschlossen“, so Worch.
Auf einer Homepage jedoch ist zu lesen, dem 29-jährigen Kölner werde trotzdem unterschwellig mit Vergeltung gedroht. „Reitz kann sich nun aber sicher sein, dass dieser Verrat nicht ohne Konsequenzen bleibt“ sowie „Noch wird er vom Staat geschützt, aber der Schutz wird auch irgendwann vorbei sein, und dann wird Axel Reitz wieder alleine da stehen“, wird ein Chatteilnehmer zitiert.