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Familienbesuchsdienst „Kiwi“Kinder sind willkommen in Köln

Lesezeit 3 Minuten

Mitarbeiterinnen von „Kiwi“ schenken jungen Familien Begrüßungstaschen.

Köln – Es ist immer wieder aufs Neue ein kleines Abenteuer. „Man weiß vorher nie, wer einem die Tür aufmacht und wie man empfangen wird“, sagt Elke Bohnes. Die Porzerin ist eine der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Kölner Familienbesuchsdienstes „Kinder willkommen“ – kurz „Kiwi“. Mit einer Mappe voller Informationen für junge Eltern, hilfreichen Adressen und ein paar kleinen Willkommensgeschenken besucht sie mit ihren Kolleginnen Familien.

Da könne man schon mal am selben Tag auf eine Anwaltsfamilie treffen, die für ihren Neugeborenen schon auf der Suche nach einem Kita-Platz ist, wie auf eine bulgarische Großfamilie, in der keiner Deutsch kann, sagt Keziban Erkmen aus Höhenberg. „Die haben fast nichts – außer ihren Kindern.“ Da hilft es, wenn man Türkisch kann. „Manche Familie hat große Probleme und von nichts eine Ahnung.“ Wenn man sich um diese Familien nicht kümmere, könne das später sehr unerfreuliche Folgen haben.

Die ganze Vielfalt der Stadt

Arm und reich, überfordert und glücklich, bestens informiert und ahnungslos, sozial benachteiligt und privilegiert – wer als Ehrenamtler bei Kiwi mitmacht, erlebt die ganze Vielfalt der Stadt mit ihren Spannungen, aber auch Überraschungen. Es sei immer wieder toll zu erleben, wie wissbegierig auch Menschen in benachteiligten Lebenslagen seien. Da werde der Kaffeetisch gedeckt, und ein Übersetzer aus der Nachbarschaft danebengesetzt, berichten die Mitarbeiterinnen. Natürlich gibt es auch die gegenteiligen Erfahrungen: Menschen, die einen nicht in die Wohnung lassen oder trotz Voranmeldung nicht die Tür öffnen. „Wer das Ehrenamt machen will, braucht auch eine hohe Frustrationsschwelle“, so Bohnes.

Fünf Jahre lang gibt es „Kinder willkommen“ nun. Zum kleinen Jubiläum des bundesweit als vorbildlich geltenden Projekts zogen zwei der Träger, Kinderschutzbund und Sozialdienst Katholischer Frauen (SKF), eine positive Bilanz. Die Arbeit mit den Ehrenamtlern – sie ist unter Fachleuten nicht unumstritten – habe sich bewährt. Natürlich gebe es immer wieder Grenzen, wo Hauptamtliche ranmüssen. „Wir sind die Ansprechpartner für die ersten Fragen“, sagt Ingrid Kunstmann aus Kalk, die vor zwei Jahren besucht wurde und nun selbst jede Woche bei zwei Familien an der Tür klingelt. In einer Schulung werden die Ehrenamtler für mögliche Probleme sensibilisiert, auf die man nach einem Besuch gegebenenfalls Profis der Familien- oder Jugendhilfe aufmerksam machen muss.

Als es mit Kiwi vor fünf Jahren losging, war manche Familie skeptisch. Der Besuchsdienst konnte als Kontrolle missverstanden werden, bei der das Jugendamt gleich mit im Kinderzimmer stand. Mit der Entscheidung für den ehrenamtlichen Besuchsdienst sollte diesem Image entgegengewirkt werden. Bürger besuchen als Stellvertreter für die ganze Stadtgesellschaft junge Familien, um sie auf Hilfen und Unterstützungsangebote hinzuweisen.

Die Entscheidung schien richtig, das Image von Kiwi ist heute ausschließlich positiv besetzt. Ausgerechnet diese Niederschwelligkeit führte 2009 zu einer für viele unverständlichen Auseinandersetzung mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes, der die Zusammenarbeit zwischen Stadt und freien Trägern beim Adressenaustausch kritisierte. Die Vorstellungen des Landes vom angeblich auch hier nötigen Datenschutz führten dazu, dass statt der vormals 80 Prozent nur noch 20 Prozent der Eltern von Neugeborenen erreicht wurden. Die Stadt warf der damaligen CDU-FDP-Landesregierung vor, Kinderschutz und wirkungsvolle Familienhilfe zu torpedieren. Kiwi drohte sogar das Aus.

Kompromiss gelobt

Es gelang ein Kompromiss. Seit September 2010 gelten die Regeln, auf deren Grundlage seitdem gearbeitet wird: Die Stadt schreibt alle Familien von Neugeborenen an und kündigt den Willkommensbesuch an. Jeder wird besucht, wenn er nicht ausdrücklich widerspricht.

Nur rund 16 Prozent haben laut Kinderschutzbund und SKF kein Interesse. Sie teilen mit, dass sie nicht besucht werden wollen, oder machen am Besuchstag nicht auf. Bei rund 15 Prozent muss ein zweiter Termin vereinbart werden, weil sie beim ersten Mal nicht angetroffen wurden.