Profiboxer sagt ausFelix Sturm betont seine Seite als Familienmensch
Köln – Der Mann, der so erfolgreich zuschlagen kann, hat ganz klar auch eine weiche Seite. Am zweiten Verhandlungstag gegen Adnan Catic alias Felix Sturm (40) wird jedenfalls während seiner Aussage zur Person deutlich: Der Profiboxer ist durch und durch nicht nur vom Kampfsport begeistert sondern auch Familienmensch. Seinen Namen hatte der in Leverkusen geborene Angeklagte mit bosnischem Migrationshintergrund zu Beginn seiner Karriere in Felix Sturm abgeändert, um so in Deutschland besser bekannt zu werden. Seit Montag muss sich der Profiboxer wegen Steuerhinterziehung von fast sechs Millionen Euro, Doping und Körperverletzung vor dem Landgericht verantworten. Wegen Fluchtgefahr sitzt Sturm, der sowohl die bosnische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, seit April 2019 in Untersuchungshaft. Er ist einschlägig vorbestraft, war 2012 in Köln vor dem Amtsgericht wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.
Sohn auf teurer Privatschule
Am zweiten Verhandlungstag blitzt immer wieder in seinen Ausführungen die Sorge um seine beiden Kinder auf. Dem schulpflichtigen Sohn und der noch den Kindergarten besuchenden Tochter sollen nach seinen Vorstellungen die „bestmögliche schulische Versorgung und Weiterentwicklung“ garantiert werden. Aus diesem Grund habe er den Sohn schon von Grundschulzeiten an auf eine internationale Schule geschickt. Deshalb zog die junge Familie, die ursprünglich in Leverkusen wohnte, auch vorübergehend nach Lindenthal, weil der Schulweg kürzer und der Weg ins Fitness-Center am Bonner Wall, wo Sturm sein Trainingslager hatte, schneller zu bewerkstelligen war. Das Schulgeld für die teure Privatschule habe inzwischen die Familie übernommen, „denn ich bin vermögenslos“, sagt Sturm.
Felix Sturm listet seine Erfolge
Bereits im Alter von gerade mal elf Jahren habe für ihn festgestanden, Boxer zu werden: „Das Interesse war zu diesem Zeitpunkt bereits geweckt. Und ich liebe diesen Sport auch heute noch so sehr.“ Dann erinnert der Profiboxer an seine besten Zeiten. Nachdem er im Januar 2001 ins Profilager überwechselte, habe er zwischen 2003 und 2016 insgesamt fünf Mal den Weltmeister-Titel geholt. Sein Fazit aus dieser Zeit lautet voller Stolz: „Ich bin der einzige Boxer, der es weltweit geschafft hat, in dieser Gewichtsklasse fünf Titel zu holen.“
Aber auch als Amateurboxer konnten sich die Erfolge sehen lassen. 1997 holte er für die deutsche Nationalmannschaft Gold und hat von 186 Amateurkämpfen nach eigener Aussage gerade mal neun Kämpfe davon verloren. Als er 2001 vom Amateur zum Profiboxer wurde, kaufte er von seinem ersten Titel-Geld seinen Eltern ein Haus in Leverkusen. Seine Mutter starb kurze Zeit später an Krebs. Um seinen Vater nicht allein in dieser schweren Zeit zu lassen, zog Sturm zu ihm. Nach seiner Heirat 2009 ging es für die kleine Familie für längere Zeit nach Bosnien. Vorübergehend überlegte das Paar, auch in Österreich, Wien oder Kitzbühel, sesshaft zu werden. Doch die Lebenshaltungskosten erschienen in Bosnien mit knapp einem Viertel im Vergleich zu Deutschland und Österreich deutlich attraktiver, zumal die Einnahmen angeblich nur noch tröpfelten. Allerdings kehrte die Familie 2018 wieder nach Deutschland zurück: Die schulischen Bedingungen für den Sohn schienen aussichtslos, zeitweise unterrichtete die Ehefrau das Kind zu Hause.
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Obwohl dem Angeklagten wegen der erneuten Vorwürfe bis zu zehn Jahre Haft drohen und auch ein Doping-Vorwurf im Raum steht, gibt sich der Profiboxer optimistisch und sagt: „Mein Ziel ist boxen. Damit kann ich mir eine neue Existenz aufbauen.“ In der Untersuchungshaft halte er sich mit regelmäßigem Training fit: „Ich rauche nicht, ich trinke nicht und war das letzte Mal aus vor 15 Jahren“, erklärt er seine gesunde Lebensweise mit dem Ziel, wieder Kämpfe zu gewinnen. Die von den Ermittlern angenommene Fluchtgefahr, sich nach Bosnien abzusetzen, begegnet Sturm mit deutlichen Worten: „Ich bin in Deutschland bekannt. Nur hier bekomme ich lukrative Kämpfe angeboten.“
Sturm widerspricht Vorwürfen teilweise
Laut Anklageschrift soll Sturm zwischen 2009 und 2017 rund 5,8 Millionen Euro Steuern verkürzt haben. Dem Vorwurf widerspricht Sturm teilweise. Der 40-Jährige erklärte am Dienstag, dass er seit Herbst 2015 kein Geld mehr von einer Schweizer Sportvermarktungsagentur bekommen habe. Bei der Agentur habe er seit 2009 unter Vertrag gestanden. Die Staatsanwaltschaft geht hingegen davon aus, dass Sturm noch bis 2017 regelmäßige Einnahmen über die Agentur bezogen habe. Die soll er dann gegenüber dem Fiskus verschwiegen haben. Mit einem Urteil ist nach geplanten 23 Verhandlungstagen Ende Februar 2020 zu rechnen.