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Flechterei BauersfeldMit der Lizenz zum Flechten

Lesezeit 3 Minuten

Zwischen Weidenbündeln und Körben: Robert Bauersfeld in seiner Ehrenfelder Flechterei.

Köln – Der Kontrast könnte kaum größer sein: Auf der einen Straßenseite das Karnevalsmuseum, ein Haus, das wie kaum ein anderes für kölsches Brauchtum steht. Und schräg gegenüber die Flechterei, der Neuankömmling, dessen Existenz an eine Handwerkstradition geknüpft ist, die man hierzulande nur noch in Bayern erlernen kann. Im oberfränkischen Lichtenfels, einem 20 000-Einwohner-Ort, der auch als Korbmacherstadt bekannt ist.

Dort, zirka 450 Kilometer vom Haus des Kölner Karnevals entfernt, stand vor 28 Jahren die Wiege von Robert Bauersfeld. Inzwischen stellt der junge Mann mit dem fränkischen Akzent selbst Wiegen und andere Korbwaren her. In seinem nur 30 Quadratmeter großen Laden gibt es alles, was er dazu benötigt.

Körbe erhalten Bestimmung durch den Käufer

An der einen Wand lehnen jeweils zehn Kilo schwere Weidenbündel, die einzelnen Zweige etwa 220 Meter lang und in hellen oder dunklen Farbtönen. Ein wenig versteckt steht an der Rückwand die Weichwanne, in der die Zweige gefügig gemacht werden. „Sie würden sonst brüchig beim Verarbeiten“, sagt Bauersfeld. Im restlichen Teil des Ladens stehen und hängen Körbe in den unterschiedlichsten Größen und Arten. Es sind Einkaufskörbe dabei, Flaschenkörbe, Brotkörbchen, Wäschekörbe, Kaminholzkörbe und viele weitere Körbe, die ihre Bestimmung erst durch den Käufer erhalten.

Material aus Indonesien

Bauersfeld verkauft nur Waren, die er selbst hergestellt hat – und unterscheidet sich damit vom Betrieb Michael Steinbergs, dem einzigen Korbmachermeister in Köln. Außer den Stücken, die er nach eigener Vorstellung oder der seiner Kunden anfertigt, bietet Bauersfeld Restaurierungen an.

In seinem Schaufenster stehen zwei Gründerzeit-Stühle, deren Sitzflächen erneuert wurden. Leider werde es immer schwieriger, an das Material zu kommen, beklagt der junge Mann. Das Stuhlflechtrohr werde aus den Trieben einer bis zu 160 Meter hoch wachsenden Palmenart gewonnen und überwiegend aus Indonesien importiert, doch seit Beginn dieses Jahres herrsche ein striktes Ausfuhrverbot für Rattan.

Die Flechterei Bauersfeld befindet sich auf dem Maarweg 221/Ecke Widdersdorfer Straße in 50825 Köln-Ehrenfeld.

Telefon: 0170/215 848 8.

Öffnungszeiten: dienstags bis samstags von 10 bis 18 Uhr. (she)www.flechterei-bauersfeld.de

Ein weiteres Problem liegt laut Bauersfeld darin, dass der Markt mit Billigprodukten aus Asien überschwemmt sei und dass die Verbraucher den Preis für die in Deutschland hergestellten Körbe nicht unbedingt zu zahlen bereit seien. Die meisten machten sich gar keine Vorstellung von der aufwendigen und anstrengenden Tätigkeit. An einem Einkaufskorb sitze er bis zu sechs Stunden, erzählt Bauersfeld. Für die durch Feinflechttechnik entstandenen Körbchen benötige er „allein drei Tage, um das Material vorzubereiten“, sagt er mit Blick auf den Preis im dreistelligen Bereich.

Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung besucht

Robert Bauersfeld hat Deutschlands einzige staatliche Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung in seiner Geburtsstadt Lichtenfels besucht und im Zuge seiner dreijährigen Ausbildung neben verschiedenen Techniken wie der Worpsweder Binsendrehtechnik auch Metallverarbeitung und technisches Zeichnen gelernt. Das ermöglicht es ihm, nicht nur traditionelle Formen anzubieten, sondern auch mal etwas Ausgefallenes herzustellen.

Der 29-Jährige war bereits in Franken eine kurze Zeit lang selbstständig, bevor er nach Köln zog. Die Stadt habe ihm schon immer gut gefallen, sagt Robert Bauersfeld. Und er habe gewusst, dass es im Rheinland kaum noch Korbmacher gibt.