Im Talk „frank&frei“ des „Kölner Stadt-Anzeiger“ schilderten USA-Experten die Folgen des Wahlausgangs in den USA. Ein Projekt des künftigen Präsidenten sorgt sie ganz besonders.
„frank&frei“ zur Wahl von Donald TrumpUSA-Experten zeichnen in Köln unheimliches Szenario
„Ein Erdbeben“ – so beschreibt der USA-Korrespondent des „Kölner Stadt-Anzeiger“, Karl Doemens, das Ergebnis der US-Wahl. Und meint damit konkret die Tatsache, dass Donald Trump nicht nur knapp gesiegt hat, sondern mit einer klaren Mehrheit. Am 7. November war Doemens live aus Washington zur KStA-Talkrunde „frank&frei“ in der Kölner Karl-Rahner-Akademie zugeschaltet.
Zum Gespräch hatte der Gastgeber, Chefkorrespondent Joachim Frank, auch die Kulturhistorikerin Anke Ortlepp von der Universität zu Köln und die Direktorin des Amerikahauses NRW, Viktoria Harbecke, eingeladen.
In den Erklärungsversuchen zum Ausgang der Wahl stach ein Argument hervor: Viele Amerikaner hätten unter der wirtschaftlichen Lage und der Inflation in den USA gelitten und deshalb, so drückte es Harbecke aus, ihren eigenen Alltag über demokratische Werte gestellt. „Diversität und ein Fokus auf Teilhabe, das interessiert die meisten Amerikaner aber leider nicht“, sagte Ortlepp.
Es gibt keine Grenzen für Trump
Worauf man sich denn nun einstellen müsse mit Trump als Präsident, fragte Frank. Doemens umriss einige Projekte des Gewählten, die er für gesetzt halte: Trump werde „in großem Umfang“ Menschen abschieben, den Bau der Grenzmauer zu Mexiko weiter vorantreiben, Steuersenkungen und höhere Zölle auf ausländische Produkte einführen.
Vor allem aber werde er die Justiz mit Personen seines Vertrauens besetzen. Aus der Administration habe sich zwar fast sein ganzes erstes Kabinett von ihm abgewandt. Aber all diese Politiker würden nun ersetzt durch absolut loyale Gefolgsleute. Zusammen genommen, warnte Doemens, bedeute das: „Es gibt keine Grenzen für Trump.“
„Heißt das, die Demokratie ist in Gefahr?“, fragte Frank. Harbecke bejahte. „Aber es gibt weiterhin Gegengewichte.“ Zum Beispiel den Föderalismus, der es den einzelnen Bundesstaaten erlaube, etwa ihre Klimaziele weiterzuverfolgen. Und eine starke amerikanische Zivilgesellschaft werde sich auch weiter für den Schutz von Einwanderergruppen engagieren.
Eine reaktionäre Rechtsprechung für Jahrzehnte
Ortlepp und Doemens zeigten sich pessimistischer – insbesondere wegen des befürchteten Umbaus des Justizwesens mit der Ernennung jüngerer, reaktionärer Richter, die die Rechtsprechung der USA über Jahrzehnte hinweg prägen würden.
Schon jetzt helfe die Loyalität republikanischer Richter Trump, die gegen ihn laufenden Verfahren niederzuschlagen oder unbeschadet zu überstehen. Ende November soll die Strafe für Trumps Schweigegeldzahlungen an eine Porno-Darstellerin verkündet werden. Doch der Richter, da war sich Doemens bei „frank&frei“ sicher, werde den neu gewählten Präsidenten kaum ins Gefängnis schicken. Die Folge: „Ein verurteilter Straftäter, der an einem Putschversuch beteiligt war, wird demnächst zuständig sein für die Politik in den USA.“
Immerhin: Auch 2028 und darüber hinaus werde es in Amerika Wahlen geben, davon zeigte sich Doemens überzeugt. Doch bis dahin, spekulierte der Korrespondent, könnte Trump auch Wahlleiter-Posten mit ihm getreuen Republikanern besetzen. Wie frei und fair die Wahlen dann noch sein würden, wusste Doemens nicht. Der Wahlleiter aus Arizona, der sich 2020 noch geweigert hatte, Trumps Lüge von einer gestohlenen Wahl zu unterstützen und deswegen mit dem Leben bedroht wurde, habe sich jedenfalls nicht auf eine zweite Amtszeit beworben.