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Kölner Wohn- und GeschäftsviertelTeil des Gerling-Quartiers wird erneut verkauft

Lesezeit 3 Minuten

Die Gerling-Gebäude wurden in den 50er Jahren in betont konservativem Stil erbaut. Seit 2010 werden die Bürohäuser umgebaut.

Köln – Das Gerling-Quartier im Friesenviertel hat seit seiner Entstehung Anfang des 20. Jahrhunderts eine bewegte Geschichte hinter sich, die jetzt um ein Kapitel reicher wird. Der Eigentümer, die österreichische Immofinanz-Gruppe, trennt sich von einem Teil des 35 000 Quadratmeter Grundfläche umfassenden Areals. Käufer sind die Hamburger Quantum Immobilien AG sowie die Proximus Real Estate AG aus Köln. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart, dem Vernehmen nach handelt es sich um einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag.

Geld für die Portokasse

Der Hintergrund des Verkaufs: ist zum einen, dass sich das österreichische Unternehmen auf Büro- und Einzelhandelsimmobilien fokussieren möchte und sich daher seit einiger Zeit aus den Bereichen Wohnen und Logistik zurückzieht. Wie es heißt, geschieht dies auch auf Druck der Investoren. Zudem will die Immofinanz mit dem Wiener Konkurrenten CA Immo fusionieren. Da dürfte es hilfreich sein, die Portokasse etwas aufzubessern.

Verkauft wurden zunächst die Gebäude des zweiten Bauabschnitts.

Dazu zählen sechs gemischt genutzte Gebäude mit einer gesamten Mietfläche von knapp 22 300 Quadratmetern sowie einer Tiefgarage mit rund 450 Stellplätzen. Zum anderen übernehmen die Käufer vier Immobilien, die von den neuen Eigentümern entwickelt werden müssen und laut Baugenehmigungen Platz für rund 19 000 Quadratmeter Luxus-Wohnungen sowie Büro- und Geschäftsflächen bieten. Hinzu kommt noch der Rundbau an der Straße Im Klapperhof. Die Hamburger Hotelkette „25 hours“ hat mit Immofinanz einen Pachtvertrag über 20 Jahre geschlossen und wird den markanten denkmalgeschützten Bau bis Anfang 2018 in ein Hotel mit 200 Zimmern umwandeln. Fertigstellen wird es die Immofinanz.

Hier entsteht das Hotel der Hamburger Kette „25 hours“

145 neue Eigentumswohnungen

Mit den Käufern wird zudem über den Verkauf des deutlich größeren ersten Bauabschnitts verhandelt. Mit einem Abschluss der Gespräche rechne man noch im ersten Quartal diesen Jahres, wie eine Immofinanz-Sprecherin sagte. In den branchenüblich blumig benannten Wohngebäuden Haus Gerling, Agrippina-Palais, Haus von Werth, Gereon-Lofts, Haus Colonia und Haus Magnus sind 145 Eigentumswohnungen entstanden, die Immofinanz zum Teil auf Wunsch der jeweiligen Käufer ausgebaut hat.

Das 330 Quadratmeter große Penthouse ganz oben im 62 Meter hohen Haus Gerling wurde 2014 für einen Rekordwert von 5,9 Millionen Euro veräußert. Nach Aussage der Immofinanz sind bereits mehr als 80 Prozent aller Luxus-Wohnungen verkauft. Anfang Januar 2015 waren es allerdings auch schon 70 Prozent – in zwei Jahren wurden also gerade mal zehn weitere Prozent veräußert. Branchenkenner sprechen von einem eher schleppenden Verkauf.

Im Frühjahr 2016 wurde nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bekannt, dass Käufer der exklusiven Wohnungen massive Baumängel beklagten. Die Verantwortlichen beim Projektentwickler Immofinanz bestätigen die Probleme im Gerling-Quartier. „Wir haben Ende 2015 festgestellt, dass nicht alles rund läuft“, sagte Geschäftsführer Till Diekmann damals. Er und Projekt-Manager Fred Siebken hatten zu diesem Zeitpunkt die Verantwortung von ihren Vorgängern übernommen. „Es wurden vertraglich Termine festgehalten, die nicht einzuhalten waren“, räumte Diekmann ein. In der Vergangenheit habe man sich nicht genug Zeit genommen, um alle Unzulänglichkeiten vor der Übergabe an die Kunden zu beheben. Immofinanz stellte sich daraufhin neu auf, tauschte die Bauleitung aus und installierte eine Eingreiftruppe, um Mängel schneller zu beheben.

Traditionsreicher Versicherer

Einst erbaut wurden das gesamte Ensemble von der Gerling-Versicherung, die dort seit 1919 ihren Sitz hatte. Das traditionsreiche Kölner Familienunternehmen, das als Industrieversicherer des Wirtschaftswunders in die Geschichte einging, geriet später in Schieflage und wurde 2006 von der Hannoveraner Talanx-Versicherung übernommen. Die neuen Eigentümer verkauften die denkmalgeschützten Gebäude an das Unternehmen Frankonia aus dem niederrheinischen Nettetal, das die Ideen für den Umbau zu einem Wohn- und Büroviertel entwickelte. Die Pläne stammen vom Kölner Architekturbüro Kister Scheithauer Gross. Im Jahr 2012 übernahm die Immofinanz-Group die Anteile und wurde Herr im Friesenviertel. Die Gruppe verlegte ihre Deutschlandzentrale in das Quartier an den Hildeboldplatz. Von Köln aus werden seitdem alle deutschen Projekte koordiniert. Das Gerling-Quartier gehört demnächst nicht mehr dazu.