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GeschichteAntiker Sarg mit Grabräuber-Spuren

Lesezeit 3 Minuten

Heinz Günter Horn, Alfred Schäfer, Helga Blömer-Frerker, Roland Schüler und Renate Franz (v.l.) an dem neuen Informationsschild.

Müngersdorf – . Eine grünschimmernde Moosschicht auf dem sandsteinernen Behältnis beweist, dass es schon lange dort gestanden haben muss, zwischen Jahn-Wiese und Adenauer-Weiher. Wie alt der Steinkasten und was er eigentlich ist, wussten bislang die allerwenigsten Besucher des Stadtwalds, die täglich daran vorbeispazieren.

Das wird sich jetzt ändern, denn das Amt für Grünflächen hat in Kooperation mit dem Römisch-Germanischen Museum ein Schild an dem Steingebilde aufgestellt. Es informiert die Menschen nun darüber, dass es sich bei dem unscheinbaren Sandsteinquader um einen römischen Sarkophag aus dem 4. Jahrhundert handelt. Ein Loch an der Ecke seines Deckels, zeigt, dass Grabräuber sich einst an ihm zu schaffen machten. So steht der Steinsarg in der Nähe seines ehemaligen Fundorts, der Müngersdorfer Villa Rustica. Der römische Gutshof wurde zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts aus dem Acker, auf dem sich heute die Jahnwiesen befinden, ausgegraben.

Fund im Jahr 1926

Der Sarkophag stammt aus dem 4. Jahrhundert

Anlässlich der Einweihung des neuen Schildes informiert Alfred Schäfer, wissenschaftlicher Referent des Römisch-Germanischen Museums, die Anwesenden über den Fund. Im Jahr 1926 wurde auf dem ehemaligen Ackerland für ein Turnfest, das im Jahr 1928 stattfinden sollte, eine riesige Rasenfläche angelegt. Dabei sollte der Boden ausgeschachtet werden. Dort wurden allerdings bereits römische Hinterlassenschaften vermutet. Daher beeilte sich Fritz Fremersdorf, Archäologe und erster Direktor des Römisch-Germanischen-Museums, dort nach Funden zu graben. Er und sein Team stießen auf einen kompletten römischen Gutshof, ein Herrenhaus, und weitere Nebengebäude, Ställe, Scheunen, zwei Friedhöfe, Wasserversorgung, Abfallgruben und Aborte.

Der Gutshof stammte aus dem ersten Jahrhundert n. Chr., einer Zeit, als die hiesige Ubier-Siedlung in eine römische Kolonie überging. Die Villa Rustica wurde 300 bis 400 Jahre lang bewohnt. Zu den letzten Besitzern gehörten die Menschen, die in den sechs neben dem Gehöft ausgegrabenen Sarkophagen bestattet worden waren. Damit die neue Rasenfläche angelegt werden konnte, musste der antike Gutshof allerdings weichen. Einige Teile wie eine Wandbemalung und Inventar sind heute noch im Römisch-Germanischen Museum zu sehen.

Relativ unbeachtet stand hingegen bislang der antike Sarg am Rande der Jahnwiese, bis die Kölner Journalistin und Autorin Renate Franz bei ihren Recherchen auf das Überbleibsel der römischen Villa Rustica stieß. "Ich schreibe für Wikipedia und habe den Eintrag zu dem römischen Gutshof um einige kölsche Aspekte ergänzt. Ich wurde darauf aufmerksam, dass hier an der Jahnwiese noch einer der gefundenen Sarkophage steht", schildert sie. "Ich bin oft in der Nähe und dachte, den schaue ich mir einmal an." Franz fand das antike Stück auf einer Wiese - ohne jeglichen Hinweis darauf, um was es sich eigentlich handelt. "Ich habe dann die Passanten gefragt, ob sie wüssten was das ist. Sie verneinten." Ein Grund für Franz zu handeln: Sie schrieb an den Beschwerdeausschuss und die Verantwortlichen des Römisch-Germanischen Museums und schlug vor, in der Nähe des Sarkophags zumindest ein Info-Schild aufzustellen.

Im Mai beschloss die Bezirksvertretung Lindenthal, dass der Vorschlag umgesetzt werden solle. Die Verwaltung lies dem Beschluss schnell Taten folgen - zur Freude vieler Besucher, wie Heinz Günter Horn, Vorsitzender des Fördervereins Römergrab Weiden, bestätigte: "Die Menschen müssen dafür sensibilisiert werden, dass die Landschaft, die sie umgibt, ihre Geschichte und Kultur spiegelt." Mit Veränderungen der Kulturlandschaft müsse man zurückhaltend sein und verantwortungsbewusst mit den Hinterlassenschaften vergangener Zeiten umgehen. Dank Bürgern wie Renate Franz wird das weiterhin geschehen. Aufgrund ihrer Initiative wurde bereits die Radrennbahn in Köln-Müngersdorf nach dem Kölner Radweltmeister Albert Richter benannt wurde, der 1940 mutmaßlich von der Gestapo ermordet wurde, und der nun auch im Gedächtnis der Menschen bleibt.