Rund 2000 Halsbandsittiche leben inzwischen in Köln. Die exotischen Vögel nerven vor allem Anwohner in der Südstadt, weil sie laut sind und Unmengen Kot hinterlassen.
Einige fordern, die Vögel abzuschießen oder mit Gift töten, um die Probleme zu lösen.
Wie könnten nachhaltige Lösungen aussehen? Und woher kommen die Tiere?
Köln – Sie kommen in Schwärmen, sind laut und hinterlassen schon mal zahlreiche Exkremente. Anwohner aus der Südstadt haben sich in den vergangenen Jahren so sehr von den Halsbandsittichen gestört gefühlt, dass sie den Rat einschalteten. Das Gremium lehnte aber radikale Lösungen ab – etwa die Tiere abzuschießen oder mit Gift zu töten. Stattdessen sollen die Halsbandsittiche mit sanfteren Methoden verjagt werden, wenn sie sich länger als zwei Jahre an einem Ort niederlassen und die Anwohner stören. An der Dreikönigenstraße sieht der Rat aber Handlungsbedarf und sucht derzeit nach einem Gutachter, der eine Methode austüftelt, um die Tiere nachhaltig zu verscheuchen.
Anwohnerin Inge Ackermann (69) beschreibt, wie die Vögel gegen 18 Uhr ihre Schlafbäume in der Südstadt aufsuchen und gegen Morgen wieder verlassen. „Das ist furchtbar, weil der Schwarm aus Dutzenden Vögeln einen Riesenkrach macht. An manchem Morgen bin ich aufgestanden, und habe mir gedacht: Man muss sie alle abschießen.“ Das meine sie freilich nicht im Ernst. Genervt ist aber auch Malermeister Peter Hack (63): „Ab 6 Uhr morgens geht es los mit dem Lärm. Das ist sehr ärgerlich.“ Er will die Tiere aber lieber verscheuchen als töten. Nachbarin Karla Nohl meint dagegen: „Das sind doch nur Vögelchen, und sie sind sehr hübsch.“
1967 wurden die Halsbandsittiche erstmals gesichtet
Seit nunmehr 51 Jahren sind die Halsbandsittiche in Köln zu Hause, 1967 wurden sie dem Vogelforscher und Artenschutz-Experten Michael Braun von der Universität Köln zufolge erstmals in der Nähe des Zoos gesichtet. Sie suchten damals offenbar nicht die Nähe zu anderen im Zoo ansässigen Papageien, sondern nisteten sich in Riehl auf Platanen ein, die zu den Favoriten der Halsbandsittiche gehören.
Ursprünglich kommt die 40 Zentimeter große Papageienart aus den Savannen Afrikas sowie vom indischen Subkontinent. Heute leben Tausende der Tiere in Europa – in Parks, Häusern oder schon mal im Innsbrucker Hofgarten. Allein in London soll es 30 000 Halsbandsittiche geben, in den Niederlanden 15 000 und in Deutschland 14 000. Weil die Exoten ein mildes Klima bevorzugen, leben viele von ihnen im Rhein-Main-Gebiet, wo es auch im Winter weniger kalt als etwa in Berlin oder Bayern ist. 2000 Sittiche wurden in diesem Jahr in Köln gezählt, erläutert Braun. Viele sind wohl Nachkommen von Tieren, die vermutlich von privaten Besitzern freigelassen wurden.
Die grünen Sittiche fallen auf durch ihr smaragdgrünes Gefieder, den roten Schnabel, das namensgebende schwarz-rosa Hals-Nackenband und den auffallend langen, blaugrünen Schwanz – und erweisen sich als erstaunlich anpassungsfähig. Nur zwei Jahre, nachdem sie erstmals in Köln gesichtet wurden, konnte eine Freilandbrut auf dem Gelände des Zoos beobachtet werden. In den Jahren 1993 und 1994 untersuchte die Biologin Ulrike Ernst die Population und stellte fest, dass sich unbemerkt auch eine zweite Papageienart, der Große Alexander-Sittich, in Köln angesiedelt hatte.
Verdrängen die Sittiche heimische Vogelarten?
Die Sittiche haben in den vergangenen Jahrzehnten oft ihre Schlafplätze gewechselt, so Braun. Mal kamen sie an den Riehler Heimstätten vor, mal wurden sie an den Bayer-Werken gesehen. Der Naturschutzbund (Nabu) nennt vor allem drei Orten, an denen die Sittiche derzeit in Köln vorkommen: Am Musical-Dome, dem Maritim-Hotel und auf dem Heumarkt.
Manche Tierfreunde argwöhnen, dass die Halsbandsittiche die heimischen Vogelarten verdrängten. Michael Braun hat seine Diplomarbeit im Jahr 2003 über die Sittiche geschrieben und „seitdem hat mich das Thema nicht mehr losgelassen“. Denn die Sittiche seien die einzigen exotischen Vögel, „die es schaffen, bei uns zu überleben“. Er hat der Stadt Heidelberg dabei geholfen, Halsbandsittiche aus gedämmten Hausfassaden zu entfernen, wo die Vögel sich eingenistet hatten, indem er Nistkästen aufstellte. In einer Studie hat er herausgefunden, dass die Sittiche den heimischen Star nicht bedrohen, weil die Sittiche Platanen als Schlafplatz bevorzugen, Stare aber andere Bäume. Auch dass die Sittiche Kohlmeisen, Rotkehlchen und anderen heimischen Vogelarten das Futter wegschnappten, sei eine Mär. Die Einschätzung teilt auch der Nabu.
Bislang stehen die Halsbandsittiche auch nicht auf der Schwarzen Liste. Diese EU-Richtlinie regelt, ob Tiere als Invasoren angesehen werden und daher dezimiert werden können. „Die Halsbandsittiche gehören nicht dazu“, so Braun. Dennoch wachse die Population der Tiere nicht, sie bleibe stabil. Bald schon könnte der Halsbandsittich unliebsame Konkurrenz erhalten. Denn die Zahl der noch größeren Großen Alexander-Sittiche steige. Und diese Tiere haben – was Futterverhalten und Nistplätze angeht – ganz ähnliche Vorlieben wie die kleineren Artgenossen. Wie viele der Großen Alexander-Sittiche es in der Stadt gibt, ist allerdings unklar. Eine von Braun geforderte Zählung habe es noch nicht gegeben.
Sonderprogramm für Mauersegler in Köln
Um den Artenschutz zu fördern, aber auch Schäden an ihren 660 Gebäuden zu vermeiden, hat die städtische Gebäudewirtschaft mit dem Umweltverband Naturschutzbund Köln (Nabu) ein Sonderprogramm für Nistkästen an städtischen Gebäuden aufgelegt. An der Förderschule an der Auguststraße in Nippes wurden nun zwei Nistkästen für Mauersegler angebracht. Zwei weitere wurden an den Fassaden eines städtischen Gebäudes an der Liebigstraße installiert, das vom Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen angemietet wird. Im Rahmen des Projektes wurden in den letzten zwei Jahren in Köln an rund 50 Stellen Nistkästen angebracht.
Für den Mauersegler sei es in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden, Nistplätze zu finden. „Aufgrund der vielen Sanierungen an Gebäuden verlieren die Mauersegler immer mehr Brutplätze und finden keinen Einschlupf mehr in den Dachnischen“, sagt Birgit Röttering vom Nabu. „Daher ist es wichtig, künstliche Nisthilfen anzubringen.“
Die Vögel sind Langstreckenflieger und nutzen nur für eine kurze Zeit von drei Monaten die Brutgebiete für Paarung, Brut und Aufzucht, bevor es Ende Juli wieder zurück nach Afrika geht. Weil sich die Zehen und Krallen der Mauersegler im Laufe der Evolution zurückgebildet haben, können sie kaum laufen und nicht vom Erdboden aus starten. Sie benötigen zum Abflug eine Fallhöhe von vier Metern. Daher befinden sich in den Nistkästen aus Holzbeton auch „Ein- und Abflugschneisen“ sowie Mulden zur Ablage der Eier.
Am Bezirksrathaus Porz wurde wegen des Spatzen-Bestands, der dort jedes Jahr in den Kästen der Rolladen nistet, ein „Spatzenhotel“ mit 51 Nistplätzen an der Fassade angebracht. Bei der Sanierung der Grundschule Forststraße wurden Schlupflöcher mit Höhlen in die Fassade eingebaut.