Historisches Köln„Dreikönigenpförtchen“ - Ein sagenumwobenes Tor
Köln – Zum Dreikönigstag den gleichnamigen Schrein im Dom zu besuchen, ist so sinnvoll wie empfehlenswert. Trotzdem möchte ich Sie heute an einen anderen Ort führen, der auf andere Weise mit der Erinnerung an die drei Kölner Stadtpatrone verbunden ist. Das „Dreikönigenpförtchen“ hinter dem Ostchor von St. Maria im Kapitol gilt traditionell als die Stelle, an der Erzbischof und Reichskanzler Rainald von Dassel (um 1114/20 bis 1167) im Jahr 1164 bei seiner Rückkehr aus Italien die Stadt mit den Reliquien der Heiligen Drei Könige betreten hat.
In römischer Zeit friedete eine hohe Mauer den Bezirk des Kapitolstempels ein. Zum Rhein verlief hier die ursprüngliche Stadtmauer, an dem deutlichen Geländesprung immer noch gut zu erkennen. Als der Rhein zunehmend versandete, wurde die Befestigung ein Stück weiter flusswärts verlegt.
Heute führt das Portal auf einen kleinen Platz namens Lichhof – mit langem „i“ gesprochen, kommt der Wortstamm „Leiche“ zum Vorschein. Der Lichhof war nämlich im Mittelalter der Friedhof des hier ansässigen Benediktinerinnenstifts.
Ins frühe 14. Jahrhundert fällt die erste Blüte der Dreikönigenverehrung in Köln. Damals kamen zum Beispiel die drei Kronen ins Stadtwappen, und in diese Zeit ist auch die Entstehung der Legende vom Einzug Rainald von Dassels durch das Dreikönigenpförtchen zu beziffern, woran alle Kölner bis heute ganz fest glauben. Was die Stichhaltigkeit dieser Geschichte betrifft, sind freilich gewisse Zweifel angebracht.
Überreste der Heiligen waren Beutestücke
Noch auf seiner Rückreise aus Italien schickte der Reichskanzler eine Art Vorausdepesche in seine Heimatstadt: Er sei also nun mit den Reliquien unterwegs, und Köln solle sich auf einen festlichen Empfang vorbereiten – nicht für ihn, natürlich nicht, sondern selbstredend für die Reliquien, die der Erzbischof – neutral formuliert – im Gepäck mit sich führte. Etwas unverblümter gesagt: Die Überreste der Heiligen waren Beutestücke, die Rainald von Dassel in Mailand hatte mitgehen lassen.
Weil ihm die Alpenüberquerung als zu gefährlich erschien, nahm er die Landroute über den Osten Frankreichs, bestieg dann irgendwo in der Gegend von Basel ein Schiff und fuhr den Rhein abwärts. Unterwegs ließ er in Breisach und Remagen noch ein paar Heilige „aussteigen“. Über seine Ankunft in Köln liegen uns keine zeitgenössischen Berichte vor. Nur der Tag ist überliefert: der 23. Juli 1164.
Wie sah der festliche Empfang aus?
Nun kann man sich überlegen: Was wird der Erzbischof getan haben, nachdem er am Rheinufer angelandet war? Möglichkeit eins: Er zog in feierlicher Prozession durch die Stadt. Zugang war dann mit großer Wahrscheinlichkeit die Hohe Pforte, von wo aus es über die heutige Hohe Straße zum Dom ging. Auf diesem Weg hätte der Erzbischof einen triumphalen Einzug mit jubelndem Volk rechts und links des Weges gehabt. Wäre ich damals Bischof gewesen, ich hätte es genau so gemacht.
Möglichkeit zwei: Er fuhr mit dem Schiff noch ein Stück weiter, ging unterhalb des Doms von Bord und nahm von da aus den kürzesten Weg zur Kathedrale. Was der Erzbischof indes kaum in Betracht gezogen haben dürfte, war das Areal an St. Maria im Kapitol. Ein so macht- und formbewusster Mann marschiert bei seiner Ankunft in Köln doch nicht über den Nonnenfriedhof! Und was erschwerend hinzukommt: Er hätte es auch gar nicht gekonnt. Denn die alte römische Mauer hatte um diese Zeit an der betreffenden Stelle keinen Durchlass.
Masken sollen böse Geister abwehren
Der entstand erst um 1330, als die Nonnen ein kleines Tor in die Mauer schlagen ließen. Es handelt sich um einen gotischen Spitzbogen, rechteckig gerahmt und sehr schön profiliert mit drei Kehlen, etlichen Stäben und sechs Wappenfeldern – vermutlich für die Stifterinnen. Oben greift der Spitzbogen in die Umrahmung ein. Diese wiederum ist bekrönt von einem Aufsatz mit spitzbogigen Arkaden.
In die Zwickelfelder sind auf die Schnittpunkte des Blendmaßwerks Masken gesetzt, die wohl als apotropäische Zeichen fungierten – einfacher gesagt: Die sollten böse Geister abwehren. Eine Notiz in den Annalen der Stadt spricht vom „Rheinpförtchen“. Man ist sich allerdings nicht sicher, ob damit genau diese Stelle gemeint ist.
Viele Erinnerungen an das alte Köln
Als Dreikönigenpförtchen jedenfalls wird das Tor erst 1493 erwähnt. Der Name erklärt sich umstandslos aus der Gestaltung der Arkadenbögen. In die leeren Felder auf der Außenseite waren einst die Heiligen drei Könige gemalt. Reste von Maßwerkmalerei sind noch ganz links auf dem Mauerwerk erkennbar. Innen fand die sehr kunstvolle, ursprünglich ebenfalls farbig gefasste Skulpturengruppe mit der Anbetung der Könige Aufstellung. Was Sie heute dort sehen, sind moderne Abgüsse. Die Originalfiguren befinden sich im Museum Schnütgen.
Der Gedanke liegt nahe, dass diese Skulpturen erst für den Namen der Pforte Pate standen und dass um sie herum dann auch die Legende gestrickt wurde, der zufolge Rainald von Dassel exakt hier die Stadt betreten habe. Nun muss man solche Geschichten aber nicht mit aller Gewalt entzaubern, zumal der Ort selbst bis heute seinen eigenen Zauber hat.
Im Zweiten Weltkrieg ist das Pförtchen unversehrt geblieben. Es gibt Fotos aus der Nachkriegszeit, die es mit Stützen zeigen – dort, wo die Anschlussbebauung den alliierten Luftangriffen zum Opfer gefallen war. Irgendwo habe ich das Urteil gefunden, der Lichhof sei der romantischste Ort von ganz Köln. Das kommt mir ein bisschen hochtrabend vor. Aber ein heimeliges Plätzchen mit Reminiszenzen an das alte Köln ist es bestimmt. Und der Besuch lohnt sich auch an einem kalten Wintertag – zumal am Fest der Heiligen Drei Könige.
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