Hubschrauber-Simulator in KölnHoch hinaus ohne abzuheben

Unser Autor Martin Boldt im Selbstversuch
Copyright: Grönert Lizenz
Köln – Dutzende Kippschalter, mehrere Displays, zwei Fußpedale, ein Joystick und ein Hebel, der irgendwie an die Handbremse eines Pkw erinnert – wer seinen Traum vom Fliegen im neuen Helikopter-Simulator im Kölner Mediapark ausleben möchte, der darf keine Angst vor Multitasking haben. Alles andere kommt mit der Zeit. Dafür sorgt nicht zuletzt der erfahrene Co-Pilot, der neben einem im täuschend echten Nachbau des Rettungshubschraubers Platz nimmt.
„Wir können die Simulation den Kunden und ihren individuellen Fähigkeiten anpassen. Wir wollen ihnen ja nicht zeigen, wie schwierig fliegen ist, sondern dass sie anschließend aussteigen und sagen: Das hat Spaß gemacht“, sagt Flight Instructor Mirko Miesen, während er die Systeme hochfährt und der Rotor zu kreisen beginnt. Seit zehn Jahren besitzt der 33-jährige Mitarbeiter von Your Cockpit eine Fluglizenz. Nachdem er früher als medizinisches Personal im Rettungshubschrauber unterwegs war, transportiert er heute vor allem Privatkunden mit seiner viersitzigen Sportmaschine zu Geschäftsterminen in ganz Europa.
Das schafft Vertrauen für die erste Flugstunde. Denn obwohl wir zu keinem Zeitpunkt den Kontakt zum Boden verlieren, sorgt das Zusammenspiel von Hydraulikelementen, Soundeffekten und der von sechs Beamern bespielten Panoramaleinwand dafür, dass der Puls beschleunigt und wir uns bereits nach wenigen Augenblicken unter lautem Surren in schwindelerregender Höhe wähnen.
Das erste Szenario, die Startbahn des Düsseldorfer Airports, dient, um in die Grundlagen der sensiblen Steuerung hineinzufinden. Viel Zeit für Ehrfurcht bleibt dabei nicht: Stück für Stück übernehmen wir die einzelnen Elemente. „Hubschrauber fliegen hat sehr viel mit Intuition zu tun. Man fliegt nach Gefühl und reagiert direkt auf das Verhalten der Maschine“, sagt Miesen. Ein leichter Zug an der vermeintlichen Handbremse, dem Pitch, sorgt für den nötigen Auftrieb, ein leichter Druck des Joysticks nach vorne für die Vorwärtsbewegung.
Das ist weitaus schwieriger als es sich zunächst aus dem Mund des Profis anhört. Um das drohende Verziehen der Nase zu verhindern, kommen die Fußpedale zum Einsatz: Sie steuern den Heckrotor des wendigen Eurocopter 135 und initiieren den Kurvenflug, zu dem uns Miesen als nächstes auffordert. Das klappt anfangs ganz gut, bis sich plötzlich eine rote Leuchte über unseren Köpfen einschaltet und der Helikopter mit lauten Warngeräusch kurz vor dem Tower gen Boden trudelt. Im letzten Moment greift Miesen ein und fängt die Maschine ab. An der Grenze unserer Koordinationsfähigkeit ist uns schlicht entgangen, dass der Heli zunehmend an Geschwindigkeit verloren hatte.
Die erste Manöverkritik folgt direkt: „Für den Anfang war das gar nicht schlecht, die hastigen Bewegungen hat der Heli aber gar nicht nötig. Du brauchst mehr Fingerspitzengefühl“. Miesen empfiehlt einen Blick auf den künstlichen Horizont. „Je näher man dem Boden kommt, umso stressiger wird es, das ist ganz menschlich. Der Ausschlag wird größer, muss aber eigentlich geringer werden.“
Your Cockpit hat seinen Sitz seit 2012 im Mediapark 5. Auf zwei Eventsimulatoren haben Profis wie Laien hier die Möglichkeit, den Airbus A320 und den Eurocopter 135 zu fliegen. Freunde des Fliegenden können in einer Kulisse Platz nehmen und den Flug live mitverfolgen. 30 Minuten im Eurocopter kosten 69 Euro, eine Stunde 89 Euro. Gruppentermine und Seminare auf Nachfrage.
Weil der Simulator in Sekunden schnelle beliebige Szenario auf der Welt ansteuern kann, geht es nun nach Innsbruck, dann nach San Francisco. Spätestens in der amerikanischen Westküstenmetropole haben wir den Dreh raus. Selbst als Mirko Miesen das Cockpit kurz für einen Anruf verlässt, halten wir den Helikopter in der Luft, trauen uns sogar einen Durchflug zweier Hochhäuser. „Für Profis können wir noch verschiedene Wetterphänomene zuschalten, etwa Windböen einbauen“, sagt der Pilot, bevor wir uns schlussendlich auf Alcatraz landen.
Das Ende der Stunde lässt uns in einem berauschten Zustand zurück. Der Simulator – eine Sonderanfertigung des Berliner Unternehmens Labros – ist ohne Frage anspruchsvoll, bietet nach kurzer Eingewöhnungszeit jedoch einen unvergessliches Abenteuer, das Lust auf mehr macht.