Initiative Zero WasteWird Köln bald zu einer Stadt ohne Müll?
Köln – Sie sind viele. Sie werden jeden Monat mehr. Und sie haben einen Traum: Köln ohne Müll. Wenn im Sülzer Unverpackt-Laden „Tante Olga“ die Truppe von Zero Waste zum Stammtisch-Infotreffen zusammenkommt, dann wird es voll und gemütlich. Bis zu 50 Menschen drängen sich dann in dem kleinen Laden. Sie alle wollen Köln zur „Zero-Waste-Stadt“ machen – nach dem Vorbild von Städten wie Vancouver oder San Francisco, die sich das ganz offiziell auf die Fahnen geschrieben haben und vormachen, was man als Kommune bewegen kann.
Was in Köln vor einem Jahr als kleine Initiative begonnen hat, steht inzwischen vor der Gründung des gemeinnützigen Vereins Zero Waste. Der Verein will ein großes Netzwerk für alle Kölner sein, die diese Idee teilen und die vor allem selbst aktiv werden wollen.
180.000 Coffee-to-Go-Becher
550 Kilogramm Müll pro Jahr produziert der Durchschnitts-Kölner – 1,5 Kilogramm pro Tag. Allein in Köln fluten täglich 180.000 Coffee-to-Go-Becher die öffentlichen Mülleimer. Die, die sich bei Zero Waste engagieren, wollen auf ganz verschiedene Weise darauf hinwirken, dass Köln positive Schlagzeilen macht und den Trend dreht. „Wir wollen nicht auf die Politik warten, wir wollen selbst etwas bewegen“, erklärt Olga Witt die Motivation.
Bei den Unverpackt-Läden hat Köln es schon jetzt an die Spitze geschafft: Fünf sind es inzwischen in der Stadt, das ist bundesweiter Rekord. Die Aktiven von Zero Waste – von Ärzten über Lehrer bis zu Studenten, Grafikern und Freiberuflern – wollen auf verschiedene Arten Menschen für das Thema Müllvermeidung gewinnen. Erst mal mit vielen Events und Aktionen vom müllfreien Großpicknick bis zum nachhaltigen Weihnachtsmarkt. Vor allem aber mit den regelmäßigen Kleidertauschpartys, die inzwischen auf dem Weg zum Kultstatus sind.
Bewusstsein schaffen für den Wert von Kleidung
Bei der letzten Tauschparty von Zero Waste in der Kirche St. Michael am Brüsseler Platz drängten sich bereits mehr als 1000 vorwiegend junge Kleidertauscher zwischen den Kirchenbänken. Das Ziel: Bewusstsein schaffen für den Wert von Kleidung. Dass Vintage inzwischen bei vielen cooler ist als Fast Fashion und volle Tüten von Primark, zeigt, dass in dem Thema eine große Dynamik steckt.
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Ansonsten legt Zero Waste sehr viel Wert auf Bildungsarbeit. Eine Gruppe mit didaktischer Vorerfahrung entwickelt Konzepte für Projekttage an Kitas und Schulen. Die Teilnehmer der Initiative werben in ihren Schulen, in der Uni oder in der Firma offensiv dafür, Müll zu vermeiden und dadurch auch Kosten zu sparen und sie machen dazu auch konkrete Vorschläge. „Selbst Rewe will jetzt in 600 Filialen testen, Obst und Gemüse nur noch unverpackt anzubieten. Das zeigt doch, dass das Thema auch bei den Großen langsam ankommt“, freut sich Malte Haas.
Besonderes Augenmerk auf Gastronomen
Besonderes Augenmerk legt Zero Waste auf die Gastronomen, vor allem auf die Anbieter von To-Go-Produkten. Das Label „Zero-Waste-Café“ ist in Planung, um auch hier positives Engagement zu belohnen. Aber Zero Waste will auch ganz konkret in die Kölner Politik hineinwirken. Und zwar mit Bürgeranträgen. „Die meisten Kölner wissen gar nicht, dass sie dieses Instrument haben, um konkrete Vorschläge in den politischen Prozess zu bringen“, erläutert Monika Helena Langer. „Wir ermutigen dazu und zeigen wie es geht.“
Der Maßnahmenkatalog, der in eben dieser Form in die Politik eingebracht werden soll, ist lang und konkret: Von der verpflichtenden Bio-Tonne bis zu festen Sperrmüllterminen, um Menschen zu ermöglichen, sich gezielt Gegenstände rauszusuchen, die sie brauchen können. Von kompostierbaren Tüten für Hundekot bis zur Option kleinerer Restmülltonnen, um Bürger auch finanziell zu belohnen, die ihren Müll reduzieren und dadurch neue Anreize zu schaffen.
Ausbau von Trinkwassserbrunnen in jedem Stadtteil
Besonders am Herzen liegt den Aktiven von Zero Waste der Ausbau von Trinkwassserbrunnen in jedem Kölner Stadtteil, um dadurch die Masse an Plastik-Wasserflaschen einzudämmen. So könnte dann gerade im Sommer jeder seine eigene Flasche im Rucksack mit kühlem Wasser auffüllen. Drei gibt es bereits und im Februar hat der Rat die Aufstellung von zwölf weiteren solcher Brunnen beschlossen. Da ist nach Ansicht von Zero Waste noch jede Menge Luft nach oben: In Berlin gibt es derzeit 50 Stück, weitere 100 sollen im Sommer dazukommen.
Aber ganz abgesehen davon geht es den Machern auch um ein Lebensgefühl, das sie vermitteln möchten. Es ist der Spaß an der Utopie und an der positiven Dynamik, die daraus entsteht, wenn man einfach mal irgendwo anfängt – statt auf dem Sofa Netflix zu schauen oder darüber zu jammern, dass alles immer schlimmer wird und der einzelne eh nichts ausrichten kann. „So eine Vision, die tut gut. Und es macht einfach Spaß, Teil einer Bewegung zu sein“, fasst Malte Haas zusammen.