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Interview Marcel OdenbachDrei Frage an den Kölner Künstler

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Marcel Odenbach zählt zu den bekanntesten deutschen Videokünstlern. Er lebt in Ostheim.

Herr Odenbach, würden Sie sich als politischen Künstler bezeichnen?

Meine Arbeit ist immer politisch, egal ob ich mit der Kamera oder auf Papier ausdrücke. Anfang der 1990er Jahre habe ich zum Beispiel sehr viele Neonaziaufmärsche gefilmt und damit gearbeitet, ich habe mich damals sehr lange mit Rostock und Hoyerswerda auseinandergesetzt.

Aber ich möchte mich nicht als politischen Künstler bezeichnen, das hört sich immer so didaktisch an, das hat so etwas Dogmatisches. Viel besser passt mir die Bezeichnung kritischer Künstler.

Worin besteht denn ihre Kritik?

Um es sehr verkürzt auszudrücken, am gesellschaftlichen Missstand, an der Unterdrückung, am Rassismus. Wenn ich sage, bei mir hat die Kunst auch immer autobiografischen Antrieb, dann ist das tatsächlich so.

Wenn ich ein Video mache, das den Genozid in Ruanda thematisiert, dann hat das auch damit zu tun, dass ich von klein auf mit dem Thema Afrika und der Kolonialgeschichte groß geworden bin. Aber: Ich komme aus der Verdrängungsgeneration, ich musste mir das alles selbst erarbeiten, und die Kunst hat mir sehr geholfen, das Schweigen zu durchbrechen.

In meiner Familie gibt es einen jüdischen Hintergrund und es gibt den afrikanischen Zweig. Die Familie meiner Großmutter kam aus Belgien, die ganzen Vetter meiner Großmutter haben im Kongo gelebt, belgische Kolonie damals. Das hat mich sehr stark geprägt, die brachten eindrucksvolle Geschenke mit, vom Tropenhelm bis zum Zebraschwanz.

Als Kind wollte ich immer Afrika-Entdeckungsreisender werden, das hat mich jedenfalls mehr fasziniert als Karl May. Aber das schlimme war eben, die kamen alle Anfang der 1960er Jahre wieder, und keiner hat hinterfragt: Was machten die da, was ist geschehen? Vielleicht besteht meine Kritik am Schweigen.

Sie haben Architektur studiert, wie kamen Sie zur Videokunst und zur bildenden Kunst?

Ich habe mich währende meines Architekturstudiums für Städtebau entscheiden, das war in den 1970er Jahre. Für die Architektur war das eine ganz schwierige Zeit, da sind die Stadtmöblierung entstanden, die Fußgängerzonen, die heutzutage sehr kritisch gesehen werden. Aber damals bin ich erstmals dem Video begegnet, weil wir die städtischen Recherchen mit Video betrieben.

Die Kamera war damals ein riesen Apparat, wahnsinnig unhandlich, aber die Art der Dokumentation, was man mit den Aufzeichnungen und der Analyse zusätzlich machen konnte, hat mich damals sehr motiviert, das Medium auch künstlerisch zu nutzen. Es war neu und unbelastet, auch wenn ich mit Schwarz-Weiß noch eher begrenzte Möglichkeiten damals hatte.