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Interview mit Schauspieler Benno Fürmann„Die Welt brennt an vielen Stellen“

Lesezeit 6 Minuten

Köln – Am Donnerstagabend feierte Schauspieler Benno Fürmann die Premiere seines neuen Kinofilms „Volt“ im Düsseldorfer Metropol-Kino. Zuvor haben wir ihn in Köln zum Interview getroffen.

Herr Fürmann, Sie spielen im Film „Volt“ die gleichnamige Hauptrolle: Einen Polizisten, der eigentlich in großen Flüchtlingslagern für Ordnung sorgen soll, dann aber einen der Flüchtlinge tötet.

Ja, Volt hat Schuld auf sich geladen und schafft es im entscheidenden Moment nicht, sich zu äußern. Dadurch frisst er die Schuld immer tiefer in sich hinein, bis sie sich irgendwann in einen Stein verwandelt, den er nicht mehr los wird. Wir erleben ihn beim Versuch, mit seiner Schuld umzugehen – und dabei, wie er runtergezogen wird und eigentlich nur Buße tun will. Gleichzeitig geht es im Film aber auch um eine zerrissene Welt, um eine „Gated Community“ und um Flüchtlinge. Also um Leute, die durch soziale Raster gefallen sind. Menschen, die außen vor gelassen werden. Die soziale Schere klafft heutzutage weiter auseinander als jemals zuvor.

„Volt“ spielt in der nahen Zukunft und zeigt ein Deutschland, in dem Flüchtlinge in rechtsfreien Transitzonen leben, Polizisten sich nicht vor Gewalt scheuen und Wörter wie „Kanake“ oder „Blacky“ zum täglichen Sprachgebrauch gehören. Die rechtsradikalen Bewegungen in Europa werden derzeit immer stärker. Könnte der Film die Angst vor einer solchen Zukunft schüren?

Ich glaube, dass der Film eher eine Richtung zeigt, in die wir uns bewegen, wenn wir nicht aufpassen. Die Wände in den deutschen Wohnzimmern sind gefühlt dünner geworden, sodass die Unsicherheit schneller eindringen kann. Wir können in unserer Generation nicht mehr unbedingt davon ausgehen, unser Leben beenden zu können, ohne Teil eines Krieges zu werden. Die Welt brennt an vielen Stellen – und das zeigt zum Teil die Überforderung der Behörden, die eben für Flüchtlinge zuständig sind. Es ist eine Frage von Empathie. Wer wir sind, zeigt sich dadurch, wie wir andere behandeln. Stephen Hawking hat mal einen tollen Satz gesagt: Für das Überleben der Menschheit wird Empathie das Entscheidende sein. Alles andere können Maschinen und Computer eh schon besser.

Wie würden Sie sich die reale Zukunft wünschen?

Ich würde mir wünschen, dass Menschen verstehen, dass nicht die Flüchtlinge Schuld daran sind, wenn sie selber so einen unbändigen Hass in sich spüren. Sondern dass der Hass vorher da war. Es kann mir keiner erzählen, dass mit einem Flüchtling aus Syrien die eigene Unzufriedenheit kommt und dass dieser der Grund dafür ist, dass es im eigenen Leben so emotional hart läuft, so dass man vor Hass selber zerfasert. Ich wünsche mir einfach, dass wir neugierig aufeinander sind, dass wir global ein größeres Miteinander leben und eher nach oben schauen, als nach unten zu treten.

Sie selber engagieren sich politisch und sozial. Erst vor kurzem haben Sie an der Kampagne „#Menschlichkeit“ teilgenommen, um Spenden für 500 Flüchtlingsprojekte zu sammeln.

Ja, aber das ist immer noch viel zu wenig. Ich war am Grab von Mutter Teresa in Kalkutta und auch wenn dieser Name mittlerweile etwas verkitscht ist, so hat sie doch ihr Leben geopfert, um anderen Menschen zu helfen. Davor kann ich meinen Hut nicht tief genug ziehen. Ich mache also im Verhältnis viel zu wenig, weil ich einfach meinen Beruf und mein Leben habe. Ich finde aber, dass wir eine gewisse Verpflichtung haben: Wenn es uns gut geht, dürfen wir die Menschen nicht vergessen, die weniger Glück bei der Geburtenlotterie hatten. Aber jetzt ist unser Gespräch so schwer geworden. Ich wollte auch noch sagen, dass ich gerne Spaß habe, viel lache und ein großer Fan von Rotwein und Ballonfahrten bin.

Ist die Karrierespitze erreicht?

Gleichzeitig gehören Sie zu den erfolgreichsten Schauspielern Deutschlands. Haben Sie das Gefühl, an der Spitze Ihrer Karriere angekommen zu sein?

Ich kann mir mittlerweile meine Projekte aussuchen, aber ich kenne genauso gut auch Existenzängste. Denn um Rosinen aus dem Kuchen picken zu können, müssen erst mal genügend Rosinen drin sein. Die Suche kann manchmal langwierig sein und ist natürlich auch nicht frei von Kompromissen. Ich habe nicht nur Filme gemacht, die intellektuell und emotional bares Gold waren. Natürlich muss ich auch meine Miete bezahlen, aber am Ende des Tages versuche ich, die Menge des Bullshits gering zu halten. In meinem Leben sowie vor der Kamera. Ich bin sehr glücklich, dass mir das so gut gelingt, aber natürlich bin ich auch abhängig – von dem, was man mir anbietet. Das kann anstrengend sein, Ausdauer in dieser Abhängigkeit zu beweisen und auf das nächste Projekt zu warten. Aber ich darf den Mund nicht zu voll nehmen, weil ich total viel Glück hatte und in dem Bereich arbeiten kann, in dem ich will.

Gibt es denn eine Rolle oder einen Schauspielkollegen, der Ihnen auf Ihrer Liste noch fehlt?

Ich habe mal mit Chris Cooper gedreht, der war wirklich super und mit ihm würde ich echt gerne noch mal drehen. In Deutschland würde ich hingegen gerne mal Sophie Rois vor der Kamera treffen. Bei einer Rolle ist das schwieriger: Ich kann jetzt nicht sagen, dass ich gerne mal einen Psychopathen, einen Briefträger oder einen Rechtsanwalt spielen würde, weil Rollen immer in ein tolles Drehbuch eingebettet sein müssen. Ein Postbote kann zum Beispiel der spannendste Postbote der Welt sein, wenn es eine geile Story ist. Insofern freue ich mich auch in Zukunft auf spannende Projekte und würde gerne mal einen durchgeknallten Postboten spielen (lacht).

Jetzt kommt aber erst einmal „Volt“ ins Kino. Folgt nun ein Urlaub – oder was kommt als Nächstes?

Samstag steige ich mit meiner Tochter ins Flugzeug nach Nairobi. Dann machen wir zusammen eine Safari. Ich bin richtig aufgeregt, weil ich diese Erfahrung zum ersten Mal mit meiner Tochter teile. Und ich weiß, wie ergreifend das sein kann, wenn man ein paar Meter vor sich ein Rudel Löwen sieht. Da freue ich mich wahnsinnig drauf, mit ihr eine Woche Afrika zu erleben.

Zur Person

Benno Fürmann (45) lebt mit seiner Tochter in Berlin und ist derzeit einer der erfolgreichsten Schauspieler Deutschlands. Bekannt wurde er unter anderem durch den Film „Die Bubi- Scholz-Story“, für den er in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“ mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde. In seinem neuen Kinofilm „Volt“, bei dem Tarek Ehlail Regie geführt hat, spielt er die gleichnamige Hauptrolle: Einen Polizisten, der in rechtsfreien Flüchtlings-Slums mit einem staatsübergreifenden Einsatzkommando versucht, für Ordnung zu sorgen – bis er einen Fehler macht. Kinostart ist kommenden Donnerstag, 2. Februar. (kle)