AboAbonnieren

Irene Schwarz„Ich bin relativ spielwütig“

Lesezeit 4 Minuten

Irene Schwarz

KölnFrau Schwarz, Sie stehen vom Wochenende an beim N.N. Theater Freiluft-Festival auf der Bühne. Man kennt Sie aber vor allem als Frau an der Seite von Tom Gerhardt in der TV-Serie Hausmeister Krause.

IRENE SCHWARZ: Nach 90 Folgen und reichlich Wiederholungen bleibt das nicht aus. Irgendwann hat da jeder mal ein Stück davon gesehen. Auch die Leute, die offiziell sagen, solche Serien nie zu gucken. Ich werde oft auf der Straße angesprochen: „Sind Sie die vom Hausmeister Krause?“ Ich antworte dann meist: „Bin ich nicht.“ Und wenn die Leute dann leicht irritiert gucken, füge ich an: „Ich spiele die nur.“

Haben Sie sich die Lisbeth Krause nicht leid gespielt?

SCHWARZ: Ganz und gar nicht. Das hat schon Spaß gemacht, denn die Serie war exzellent produziert, und alles ist von Tom Gerhardt selbst geschrieben. Da saß nicht irgendein Autorenteam im Kämmerlein und hat sich lustige Episoden ausgedacht. Der Hausmeister wusste genau, wie Komik entsteht. Beim Spielen merkt man gleich, ob eine Pointe gut geschrieben ist.

Ist es jetzt mit dem Hausmeister Krause endgültig vorbei?

SCHWARZ: Eigentlich. Aber es war in den Vorjahren schon mehrfach endgültig vorbei. So kann ich jetzt Zeit und Energie in mein Lieblings-Projekt investieren – in das N.N. Theater.

Irene Schwarz (52) lebt in Sülz. Sie ist mit dem Schauspieler, Hörfunk- und Fernsehsprecher Gregor Höppner verheiratet und hat zwei Kinder. Nach einer Schauspielausbildung in Köln und London spielte sie an verschiedenen Theatern in Deutschland und der Schweiz – in Köln auch bei Trude Herr und bei Walter Bockmayer. (NR)

Da verhunzen Sie und Ihre Kollegen Bühnen-Klassiker von den „Nibelungen“ bis zu Kleists „Michael Kohlhaas“ und Shakespeares „Sommernachtstraum“.

SCHWARZ: Nee, verhunzt wird da nichts. Wir zeigen einige mit großem Respekt bearbeitete Klassiker. Durchaus auch sehr sehr komödiantisch. Dieser Form, Volkstheater auf Straßen, auf Marktplätze und Open-Air-Bühnen zu bringen, gilt meine große Liebe. Ich habe ja eine klassische Schauspielausbildung, aber irgendwie ist mir die Institution fremd geblieben. Ich konnte da nicht mit den Kollegen übers Publikum lästern. Dann habe in Trude Herrs letztem Stück „Im Zweiten Frühling“ mitgespielt. Die Trude war eine große Schauspielerin. Von der hab ich mir viel abgeguckt. Wahre Komik wird gespeist von Tragik. Das war bei Trude so.

Und so entstand der Wunsch nach einem eigenen Ensemble, nach einem eigenen Tournee-Theater?

SCHWARZ: So ungefähr. Die Idee zum N.N. Theater hab ich mit Ute Kossmann entwickelt. Das ist jetzt genau 25 Jahre her. Mit Georg Isherwood haben wir uns dann einen Regisseur gesucht. Und auch der ist noch immer mit dabei. Genau wie der Musiker, denn Live-Musik gehört unbedingt mit dazu.

Inzwischen zählen neben Didi Jünemann, der 1998 als Mephisto im „Faust“ einstieg, noch zwei weitere Stunker zum Ensemble.

SCHWARZ: Richtig. Tom Simon spielt den Michael Kohlhaas und den Schimmelreiter. Ozan Akhan den Siegfried und den Macbeth. Dazu noch ganz viele andere Rollen, wie alle von uns. Ich spiele beim Festival rund 40 Rollen in vier Stücken. Das sind je drei, vier Haupt- und einige Nebenrollen. Manchmal spielen wir auch Türen und Tische. Im „Käthchen von Heilbronn“.war ich gar der Holunderbusch . Ich bin relativ spielwütig. Länger als eine Minute Backstage ist langweilig. Beim Verbeugen fragen oft einige Zuschauer: „Wo sind denn die anderen?

Das N.N. Theater Neue Volksbühne Köln wurde 1987 gegründet und war zunächst ein reines Straßentheater. Heute spielt das Ensemble auch in den Stadttheatern, die kein eigenes Theater-Ensemble haben.

Seit zwölf Jahren veranstaltet die Theatergruppe im Friedenspark in der Südstadt ihr eigenes Festival. Gespielt wird vor der großen Treppe auf dem Bauspielplatzgelände. Auch bei schlechtem Wetter. An den sechs Tagen werden fünf Stücke gezeigt.

Das Festival beginnt am 13. Juli (Freitag) mit der Köln-Premiere von „Der Brandner Kasper“. Das Stück wird auch am 14. Juli (Samstag) gezeigt. Es folgen „Romeo und Julia“ (15. Juli, Sonntag), „Aus dem Leben eines Taugenichts“ (16. Juli, Montag), „Michael Kohlhaas“ (17. Juli, Dienstag) und „Die Nibelungen“ (18. Juli, Mittwoch). Alle Aufführungen beginnen um 20.30 Uhr.

Eintrittskarten kosten 17,50 Euro (ermäßigt 13,50 Euro) im Vorverkauf bei Köln-Ticket oder an der Abendkasse. Ein Mini-Abo für zwei Aufführungen kostet 28,50 Euro (erm. 23 Euro).www.nntheater.de

Das ist doch eine komplett andere Welt als beim Fernsehen.

SCHWARZ: Beim Fernsehen arbeitet man in einem großen Team. Da wird einem der Arsch hinterhergetragen. Da holt mich der Chauffeur am Flughafen ab und fragt, wie mein Wochenende war. An dem war ich dann vielleicht gerade mit dem N.N. Theater auf Tour. Zumeist in einer Vierer- oder einer Sechsergruppe. Da macht man alles selbst. Bühne und Kulissen aufbauen, Kostüme auswählen, schminken, spielen und hinterher wieder alles abbauen und in den Bus packen. Aber diese Mischung aus zwei Welten hat mich auf dem Boden gehalten. Das macht mich glücklich. Auch künstlerisch.

Das Gespräch führte Norbert Ramme