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JubiläumGroßer Abend für die Stattgarde

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Stattgarde-Kapitän André Schulze Isfort (v. l.), David Ho, Markus Ritterbach, Lilo Cordaro und Julia Ho

Köln – Auf den Tag genau elf Jahre nach der Vereinsgründung feierte die Stattgarde Colonia Ahoj in genau dem Saal ihren jecken Geburtstag, wo sie ihren ersten Auftritt hatten: im Gloria. Neben der Crew und den Passagieren (Aktive und Fördermitglieder) um Kapitän André Schulze Isfort waren einige hundert Freunde, Bekannte und Karnevalskollegen gekommen – darunter Vorstandsmitglieder des Festkomitees, reichlich Präsidenten vieler KGs und auch Marie-Luise Nikuta, die als erste Künstlerin bei der Stattgarde aufgetreten war und seitdem deren Ehrenmitglied ist.

Mit Mittelpunkt des von Aaron Knappstein, dem ersten Offizier der Stattgarde, moderierten Programms stand neben einem amüsanten Film über die Geschichte und Entwicklung des Vereins sowie Auftritten von Bordkapelle und Shanty-Chor die erstmalige Verleihung des Hans-David-Tobar-Preises. Die Idee dazu hatte Knappstein, der als freier Mitarbeiter im NS-Dokumentationszentrum mitwirkt und dessen Familie unter der Juden-Verfolgung gelitten hatte. Die Auszeichnung, nach einem jüdischen Karnevalisten aus der Weimarer Zeit benannt, soll in unregelmäßigen Abständen an Persönlichkeiten verliehen werden, „die sich selbstlos für andere Menschen einsetzen oder bei gesellschaftskritischen Themen mutig aufstehen und für Veränderung kämpfen“.

Preis für Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit

Als ersten Preisträger hatte die Stattgarde Markus Ritterbach ausgewählt. Der Festkomitee-Präsident habe sich, so Schulze Isfort, „besonders für Toleranz und Integration im Kölschen Fasteleer verdient gemacht und auch die öffentliche Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit im Kölner Karneval mit initiiert“. Zur Preisverleihung hatte die Stattgarde Tobars Tochter Lilo Cordaro (88) ausfindig gemacht und mit ihren beiden Enkeln Julia Ho (29) und David Ho (27) aus New York einfliegen lassen. Die alte Dame, die als Kind oftmals auf dem Schoß von Willi Ostermann gesessen hatte, mit dem die Familie befreundet war, hatte sich Stunden zuvor noch bei einem Empfang im Rathaus bei Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes ins Gästebuch der Stadt eingetragen. Nun dankte sie mit charmantem Lächeln für den „netten und reizenden Empfang“. Ritterbach lud ihre Enkel für den kommenden Rosenmontagszug auf seinen Festwagen ein und – nach kurzer Absprache mit Zugleiter Christoph Kuckelkorn – auch die gesamte Stattgarde in den Zoch. Diese zähle schließlich inzwischen mit zu den größten Karnevalsgesellschaften der Stadt, stellte Ritterbach fest und bescheinigte ihr „ein gigantisches Niveau“. Ritterbach: „Der Karneval schließt keinen aus. Es ist egal, wie man lebt und wen oder wie man liebt.“ Es war ein fest voller bewegender Momente und ein ganz großer Abend für die Stattgarde. (NR)

Hans David Tobar (18. April 1888 bis 4. April 1956) war ein jüdischer Karnevalist, der mit Willi Ostermann befreundet und in den 20er Jahren und Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts als der „Verdötschte Jüdd“ ein beliebter Büttenredner und Sänger auf den kölschen Karnevalsbühnen war. Nach 1933 erhielt er von den Nazis Auftrittsverbot und emigrierte 1939 über Rotterdam per Schiff nach New York, wo er auch starb. (NR)