Köln – Die Elbphilharmonie ist ein Witz dagegen, die Kölner Oper ebenfalls, selbst der legendäre Berliner Pannen-Airport kommt an den Dom nicht heran: Stramme 300 Jahre ging nämlich nichts auf der Baustelle mitten in der Stadt.
Dabei hatte man so schwungvoll begonnen: Im Jahr 1248 war der Grundstein gelegt worden für einen neuen Dom im hochmodernen gotischen Baustil als Ersatz für die romanischen Vorgängerbauten. Bereits 1322, also genau vor 700 Jahren, wurde der Hochchor als allererster Bauabschnitt des heutigen Doms vollendet und geweiht. Danach gingen die Bauarbeiten noch rund 200 Jahre weiter, zuletzt wuchs auch der Südturm, allerdings nur bis zum zweiten Geschoss – bei 56,14 Metern war Schluss.
Den hölzernen Kran aus dem Mittelalter lies man einfach stehen, er schaffte es sogar noch auf die ersten Fotografien des Doms aus dem 19. Jahrhundert und wurde erst 1868 abgebaut.
Ab 1560 war jedenfalls Baustopp am Dom. Das lag anders als heute aber nicht an überkomplexen Genehmigungsverfahren, den Tücken der technischen Gebäudeausrüstung oder den Anforderungen des Brandschutzes: Das Domkapitel wie die Kölner hatte die Lust verlassen, auch das Geld floss nicht mehr, zudem war die Gotik nicht mehr so richtig gefragt. Weitergebaut wurde erst ab 1842, dann aber so richtig: Bereits 1880 stand der Bau, wie wir ihn heute kennen.
Die Dom-Baustellen der nächsten 100 Jahre
Fertig aber ist der Dom nie: Dauerhaft arbeiten rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dombauhütte sowie immer wieder auch externe Experten, angeleitet vom jeweiligen Dombaumeister, zur Zeit ist es Peter Füssenich, an der Sanierung, Restaurierung und auch am Weiterbau des Doms. Das alles ist natürlich von langer Hand geplant.
Kölner Dom: Gerüst am Nordturm, dann am Südturm
Zehn Jahre lang hing bis 2021 ein Gerüst an der Nordwestecke des Nordturms. Doch den Anblick der freien Türme wird man nicht lange genießen können: Als nächstes ist die Nordostecke des gleichen Turms an der Reihe, auch hier entsteht ein mächtiges Hängegerüst, von dem aus vor allem die Fialaufbauten – vergleichsweise zierliche, aber doch bis zu 30 Meter hohe Türme, die die eigentlichen Turmhelme umgeben – saniert werden.
Hier müssen vor allem rostende Eisenarmierungen durch Edelstahl ersetzt werden. Und wenn der Nordturm fertig ist, geht es am Südturm gleich weiter. Die Turmgerüste werden also noch viele Jahre zum Bild der Kathedrale gehören.
Bausprojekt: Mittelalterliche Strebewerk des Kölner Doms
Das gotische Strebewerk ist so etwas wie das außen liegende Gerippe des Doms, es leitet die Lasten des Gewölbes nach außen ab und ermöglicht dadurch erst die für das Mittelalter sensationell großen Fensterflächen. Allerdings ist der verwendete Stein deutlich in die Jahre gekommen, vor allem im Bereich des Langhauses und der Querhäuser zeigen sich teilweise drastische Verwitterungsspuren. Außerdem finden sich gerade in diesen Bereichen noch heute zahlreiche Kriegsschäden, die nun behoben werden sollen.
Insgesamt also eine Mammut-Aufgabe, die von hohen Gerüsten aus durchgeführt wird. Auch diese Gerüste wandern in den nächsten Jahren um den Dom. Anders als in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg bemüht sich die Dombauhütte durch Verwendung eines ähnlichen Steins wie im Original und durch ein weitgehendes Wiederherstellen des ursprünglichen Stils um größtmögliche Nähe zur ursprünglichen Ausführung. Von den 1940er bis in die 1970er Jahre hatte man sich dagegen auch bei der Sanierung bewusst für eine betont moderne Formensprache entschieden.
Sanierungsfall: Südquerhausfassade – die mit dem Richterfenster
Hier wurde der Dom erstmals weitergebaut: Nach fast 300 Jahren Pause war die Errichtung der Südquerhausfassade zwischen 1842 und 1855 der erste große Schritt hin zur Vollendung des Domes. Doch auch an der Schauseite der Kathedrale hin zum Roncalliplatz hat der Zahn der Zeit kräftig genagt.
Es sind vor allem die monumentalen Pfeiler zwischen den Portalen, die nach und nach erneuert werden müssen. Dabei werden die gesamten Natursteinoberflächen behutsam gereinigt, Fugen geschlossen und kleinere Fehlstellen im Stein mit Steinergänzungsmörtel geschlossen.
Bereits restauriert wurden zudem die beiden im Zweiten Weltkrieg zerstörten Wasserspeier des westlichen Pfeilers sowie die zwei vollständig verwitterten großen Engelfiguren seitlich des mittleren Portalgiebels. Diese sind allerdings noch nicht wieder eingebaut, sie sind bis auf weiteres im Schaudepot der Dombauhütte zu besichtigen.
Bereits erneuert ist das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Hauptfenster der Fassade. Der Entwurf des „verpixelten“ Domfensters stammt vom Kölner Künstler Gerhard Richter, der 2006 das Werk kreierte – gegen das Missfallen des damaligen Erzbischofs.
Kölner Dom: Michaelsportal auf der Seite zum Hauptbahnhof
Gerade am „Bahnhofseingang“ des Doms, dem dem Hauptbahnhof zugewandten Michaelsportal, kann man den Aufwand der Sanierungsarbeiten besonders gut ablesen. Bereits 2013 begann die Restaurierung dieses zentralen Abschnitts, der im Zweiten Weltkrieg nicht nur durch Bomben- und Granatsplitter, sondern auch durch unmittelbaren Beschuss schwere Schäden erlitten hatte. Zahlreiche Figuren, Reliefs und Baldachine wurden dabei verstümmelt oder gänzlich zerstört.
Inzwischen sind zahlreiche Fehlstellen höchst aufwendig ausgebessert worden, deutlich zu erkennen an der helleren Farbe des Steins. Teilweise arbeiten die Spezialisten der Dombauhütte bis zu einem Jahr an einem einzigen Werkstück, etwa an einem der aufwendigen Baldachine. Kleinere Spuren des Krieges bleiben dabei übrigens weiterhin sichtbar – die Restaurierung des Doms soll keine komplett idealisierte Version herstellen.
Langwierige Sanierung: Der Kapellenkranz um den Chor
Der filigrane Kranz der Kapellen, die sich um den Hochchor im Osten der Kathedrale schmiegen, stammt aus der allerersten Bauphase des Doms, ist also rund 700 Jahre alt. Das merkt man vor allem dem damals verwendeten Stein an: Der am Drachenfels im Siebengebirge gebrochene und per Schiff nach Köln verfrachtete Trachyt ist – vor allem wegen der Wetter- und Umwelteinflüsse – nicht mehr im allerbesten Zustand. Deswegen wird er aufwendig saniert und konserviert.
Zunächst wird der teilweise vorhandene Bewuchs auf dem Stein mit einem Ethanol-Wasser-Gemisch und Heißdampf entfernt, dann werden die Krusten durch Partikelfeinstrahlverfahren reduziert.
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Wie es dann weitergeht, ist noch unklar – das genaue Konzept wird gerade erst aufwendig und in Zusammenarbeit mit internationalen Experten entwickelt. Klar ist nur: Bis der älteste Teil des Doms wieder durchgehend glänzt, werden noch Jahrzehnte vergehen.