Autonomes Zentrum KölnGeplanter Umzug verunsichert Mieter
Köln – Die Kölner Stadtverwaltung spricht im Zusammenhang mit dem diskutierten Umzug des Autonomen Zentrums (AZ) von der Luxemburger Straße nach Kalk von einer „sich abzeichnenden Verlagerung“ und einem „fortgeschrittenen Verhandlungsstatus“. Demnach hätten Vertreter des AZ „ernsthaftes Interesse“ an einer Lösung am angedachten Standort „In den Reihen 16“.
Und: „Die Verwaltung beabsichtigt daher, die notwendigen Aktivitäten derart zu intensivieren, dass eine Verlagerung des AZ realisiert werden kann.“
Köln: Autonomes Zentrum soll von Sülz nach Kalk ziehen
Diese optimistische Einschätzung geht aus einer Mitteilung an den Hauptausschuss des Stadtrates hervor, der am Montag, 17. Oktober, tagt. In diesem Fall bliebe das AZ noch bis Ende 2023 in dem früheren Kanalbauamt der Stadt Köln und zöge dann um.
Seit Jahren sucht die Stadt eine Alternative zum Standort an der Luxemburger Straße, weil das AZ dort laut Verwaltung nicht bleiben kann. Das Haus soll dem neuen Grüngürtel für das große Stadtentwicklungsprojekt „Parkstadt Süd“ weichen, doch dessen Realisierung lässt weiter auf sich warten.
Seit 2015 nutzt das AZ die Gebäude samt Fläche für sein Angebot aus Kunst, Kultur, Bewegung und linker Politik. Bislang hatte das AZ laut Stadt alle Alternativstandorte abgelehnt.
Allerdings: Ein Sprecher des AZ hatte den möglichen Umzug in das städtische Gebäude „In den Reihen 16“ vorige Woche als Spekulation bezeichnet. Er forderte, dass die Stadt zunächst Lösungen für die bisherigen 62 Mieter finden müsse. Erst dann würde sich das AZ positionieren. Laut des Sprechers will ein Teil am bisherigen Standort bleiben, andere wünschen sich eine dauerhafte Bleibe.
Mittlerweile hat die Stadt die Mieter angeschrieben, auch um Gerüchten vorzubeugen, wie sie sagt. Trotzdem sind die Mieter nicht sonderlich begeistert, unter anderem hat Handwerker Kurt Werres dort sein Büro und ein Lager, er sagt: „Warum kann die Stadt dem AZ kein Gebäude anbieten, das leer steht?“ Geschäftsführer Markus Klein vom Busreise-Unternehmen Piccolonia sagte schon vorige Woche: „Wir würden am liebsten am Standort bleiben.“
Die Stadt hat angekündigt, den bisherigen Mietern nach der Kündigung bei der Suche nach einer Alternative zu helfen oder ihnen eine andere Option zu bieten. Werres sorgt sich, ob er dann die neue Miete bezahlen könne.
Vor dem möglichen Umzug müsste ohnehin etwas am Haus in Kalk verändert werden, die Stadt urteilt: „Die vorhandenen Gebäude und Räumlichkeiten In den Reihen 16 müssen vor einer dauerhaften Nutzung teilweise ertüchtigt werden. Ein Teil der Arbeiten soll dabei als Eigenleistung durch den zukünftigen Nutzer erbracht werden.“
Hintergrund: Die Geschichte des Autonomen Zentrums
2009 besetzt die „Kampagne Pyranha – für ein Autonomes Zentrum“ ein leerstehendes Gebäude an der Moselstraße nahe des Südbahnhofs. Sie setzen sich für einen selbstverwalteten, unkommerziellen Raum für Kunst, Kultur und linke Politik ein. Nach zwei Tagen ziehen sie wieder ab.
2010 im April besetzt die Kampagne die frühere Kantine von Klöckner-Humboldt-Deutz an der Wiersbergstraße in Kalk. Das Haus gehört der Sparkasse Köln-Bonn.
2011 soll das Haus von der Polizei geräumt werden, Aktivisten errichten Straßensperren und verbarrikadieren sich, ein gewaltsamer Konflikt steht kurz bevor. Erst in letzter Sekunde gibt es eine Einigung, Sparkasse und Autonomes Zentrum (AZ) setzen einen Vertrag zur Nutzung bis 2013 auf.
2013 geht es von vorne los, mutmaßliche Sympathisanten des AZ kleben die Haustür von SPD-Oberbürgermeister Jürgen Roters zu, veröffentlichen Adressen von SPD-Politikern und drohen ihnen. Das AZ distanziert sich davon. Später zieht das AZ in ein leerstehendes Gebäude am Eifelwall 7, dort steht heute das neue Historische Archiv.
2014/2015: Das AZ zieht um in das leerstehende Haus an der Luxemburger Straße 93 in direkter Nachbarschaft zum Justizzentrum. Dort soll es bis 2018 bleiben, die Stadt brauche dann das Grundstück, um dort die „Parkstadt Süd“ samt Grüngürtel zu bauen, hieß es.
2018 wird der Vertrag zur Nutzung verlängert, das Prozedere wiederholt sich danach bis heute.
2019 stürmen Aktivisten das Stadthaus der Verwaltung in Deutz, wollen unter anderem gegen das Aus für das AZ an der Luxemburger Straße demonstrieren. Ihr Motto: „Wollt ihr uns nicht mit einbeziehen, ziehen wir bei euch ein."
2020 lehnt das AZ das Angebot der Stadt über eine unbebaute Fläche an der Herkulesstraße ab.