Eine Jury hat sich für das neue Wohnquartier für einen Entwurf entschieden, der unter anderem eine Liegewiese vorsieht.
Köln-HöhenbergBerliner gewinnen Städtebau-Wettbewerb für Kronenbrot-Gelände
Die beiden älteren Damen hatten sich die Vorstellung aller fünf überarbeiteten Entwürfe zur Umgestaltung des Kronenbrot-Areals in ein Wohnquartier angehört. Von einer Idee des Planungsteams von Schneider und Schumacher waren sie begeistert. „Sie haben als einzige einen Gemeinschaftsraum vorgesehen, in dem kleine Feiern stattfinden können“, sagte eine von ihnen an die Adresse der Wiener Architekten.
Die andere war skeptisch, was die vorgesehene Umwandlung des kleinen Parkplatzes an der Ecke Nürnberger Straße/Regensburger Straße in eine Grünfläche angeht. „Da werden die Autofahrer protestieren.“ Egal, „da müssen wir ran“, war die einhellige Meinung bei den Planungsteams, da gehe es ja auch um aktuelle Probleme und Fragestellungen wie Klimawandel und Mobilitätswende.
In allen fünf Entwürfen, die an dem städtebaulichen Wettbewerb teilnahmen und die in der Mensa der Katharina-Henoth-Gesamtschule präsentiert wurden, war daher der Wegfall eines Großteils der Parkplätze an der Nürnberger Straße vorgesehen. Die Stadt, der die Fläche gehört, hatte dies auch ausdrücklich erlaubt.
Kronenbrot-Gelände: Anwohner dürfen Ideen einfließen lassen
Auch in manch anderer Hinsicht ähnelten sich die Entwürfe sehr, und das mag mit den Vorgaben des Investors, aber auch mit dem mehrstufigen Beteiligungsprozess zu tun haben, zu dem der neue Eigentümer des Areals, die BPD Immobilienentwicklung GmbH, alle Anwohner und interessierten Bürger zusammen mit der Stadt eingeladen hatte.
So hatten schon im Juni „Safaris“ durch das Gelände stattgefunden, bei denen die Bürger erste Gedanken, Anregungen und Wünsche äußern konnten. Die fünf beteiligten Büros hatten daraufhin erste Ideen erarbeitet und sie im November den künftigen Nachbarn zur Diskussion vorgelegt. „Danach wurden diese Planungen noch einmal veredelt“, beschrieb Annett Cachay, Leiterin der Projektentwicklung in der Kölner BPD Niederlassung, den folgenden Schritt.
Auch bei der abschließenden öffentlichen Präsentation in der Schulmensa hatten die Besucher nun noch einmal Gelegenheit, spontan mündliche Kommentare abzugeben, die von BPD-Mitarbeitern notiert wurden und in die Meinungsbildung der Jury eingingen. Die tagte unmittelbar im Anschluss an die Präsentation in einem Nebenraum und kam noch am selben Tag zu einem Ergebnis.
Enges Kopf-an-Kopf-Rennen bei städtebaulichem Wettbewerb
„Nach intensiver Diskussion und Wertung“ vergab die Jury den ersten Rang an das Team Tele Internet Café aus Berlin mit der Empfehlung, diesen Entwurf weiter zu bearbeiten und im Bebauungsplanverfahren umzusetzen. Den zweiten Rang belegte das Team Stefan Forster aus Frankfurt am Main.
„Beide Entwürfe haben sich gegenüber den gestellten Anforderungen als besonders robust und passend für Standort und Quartier erwiesen. Daher war die Entscheidung ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen, das mit einem Stimmergebnis von sieben Stimmen zu sechs Stimmen für Team Tele Internet Café äußerst knapp war“, teilte BDP nun mit.
Das Unternehmen werde in den kommenden Wochen den Entwurf von Team Tele Internet Café hinsichtlich seiner Funktionalität und Umsetzbarkeit intensiv prüfen. Dies werde in enger Abstimmung mit dem Stadtplanungsamt erfolgen.
Entwürfe drehen sich um Öffnung des Kronenbrot-Betriebsgeländes
Ähnlich wie in den Planungen aller anderen Wettbewerbsteilnehmer dreht sich im „Kronenblock“-Entwurf der Berliner Planer alles um die Öffnung des bis dato abgeschlossenen Kronenbrot-Betriebsgeländes zwischen Oranienstraße, Schulstraße, Regensburger Straße und der Wohnbebauung an der Olpener Straße.
So ist im Zentrum eine „Grüne Mitte“ vorgesehen, ein großzügiger Freiraum für den ganzen Stadtteil mit Spielgelegenheiten, Bäumen und Liegewiese, der direkte Verbindungen für Radfahrer und Fußgänger zum Bennoplatz im Westen und eben zum Nürnberger Platz im Osten des Geländes hat. Denn der Stadtteil verfügt nur über wenige Grünflächen, deshalb sollen die kleinen bestehenden Flächen verbunden werden.
Dass das neue Wohnquartier autofrei bleiben soll, versteht sich fast schon von selbst, Luc Knödler von HWK Landschaftsarchitekten aus Ratingen, die an der Konzeption von Tele Internet Café beteiligt waren, erläuterte, dass die Grünbereiche im Wohnquartier als Versickerungszonen und „Lager“ für Regenwasser dienen und auch den künftig wohl immer häufiger auftretenden Starkregen-Ereignissen gewachsen sind.
Fokus auf Klimafreundlichkeit in Köln-Höhenberg
Dächer sollen teils begrünt werden und teilweise für die Aufstellung von Photovoltaik-Anlagen genutzt werden, auch da gab es kaum Unterschiede zu den konkurrierenden Büros. Wie alle anderen Büros hat Tele Internet Café die Eigentumswohnungen im ruhigeren Nordteil des Geländes geplant, und zwar in vier alleinstehenden, sogenannten Punktgebäuden.
An der Ecke Schulstraße/Regensburger Straße dagegen soll ein großer Komplex mit begrüntem Innenhof für die frei finanzierten und die öffentlich geförderten Mietwohnungen entstehen. Dort befindet sich im Erdgeschoss auch die versprochene vierzügige Kita. Auf der anderen Seite, an der Oranienstraße, werden die Studentenapartments angesiedelt.
Hier weist der Entwurf von Tele Internet Café tatsächlich eine Besonderheit auf: Das bestehende Parkhaus soll erhalten und für die neue Nutzung umgebaut werden. „Das ist im Sinne der Nachhaltigkeit, anderseits soll ein Teil der Bebauung auch erhalten werden, weil sie identitätsstiftend für die Höhenberger ist“, erklärte Architekt Urs Kumbacher.
Altes Parkhaus soll in neuen Entwurf integriert werden
Zwischen dem alten Parkhaus und dem Komplex für die Mietwohnungen haben die Planer den Haupteingangsbereich zum „Kronenbrot-Block“ gelegt, Passanten sollen mit Läden, Cafés und Restaurants im Erdgeschoss des ehemaligen Parkhauses in das Areal „hineingezogen“ werden. Auch eine Paketstation ist vorgesehen.
Markus Greitemann, Beigeordneter für Planen und Bauen sowie Jury-Mitglied, lobte jedenfalls die „lebensnahen“ Entwürfe und führte dies auf das besondere Beteiligungsverfahren zurück, das für Akzeptanz sorge und als Modell für künftige größere Bauprojekte dienen könne.