Hotel im Brücker SportparkSchwere Vorwürfe gegen Kölner Flüchtlingsheim-Betreiber

Das Hotel im Brücker Sportpark ist schon lange ein Problemfall – Ungereimtheiten bei Abrechnungen, mangelnder Brandschutz, marode Technik, viele Personalwechsel.
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- Die Flüchtlingsunterkunft im Hotel im Brücker Sportpark hat sich zum Problemfall für die Stadt Köln entwickelt.
- Mitarbeiter berichten von Ungereimtheiten bei Abrechnungen, mangelndem Brandschutz, maroder Technik und vielen Personalwechseln.
- Die Stadt hat das Flüchtlingsheim nun geschlossen.
Brück – Ungereimtheiten bei den Abrechnungen, fehlender Brandschutz und ständiger Personalwechsel: Seit die Stadt Köln das ehemalige Hotel Brücker Sportpark als Flüchtlingsunterkunft nutzt, hat sie vor allem Ärger damit.
Nun hat die Verwaltung einen Schlussstrich gezogen und das Hotel bis auf weiteres dicht gemacht. An Gründonnerstag, nur wenige Stunden bevor sich die Verwaltung in den Osterurlaub verabschiedete, ließ sie das Haus evakuieren, weil mal wieder die Heizung ausgefallen war.
Alle 56 Bewohner mussten notfallmäßig in andere Unterkünfte gebracht werden. Für die Stadt ist das der größte anzunehmende Unfall. Schließlich ist sie angesichts von 27 gesperrten Turnhallen dringend auf jeden Platz für Flüchtlinge angewiesen.
Lange Kette von Ärgernissen
Die Räumung ist nur das letzte Glied einer langen Kette von Ärgernissen: Die Verwaltung wirft dem Brücker Sportpark vor, Umbauten für den Brandschutz auch ein Jahr nach Betriebsaufnahme noch immer nicht durchgeführt zu haben. Die Unterkunft konnte deshalb schon seit längerem nur teilweise belegt werden, viele Betten blieben leer.
Frühere Mitarbeiter beschuldigen den Betreiber zudem, Löhne nicht oder nur mit mehrmonatiger Verspätung zu zahlen. Die Willkommensinitiative Brück wirft dem Unternehmen gar vor, mit falschen Bewohnerlisten gearbeitet und so in mehren Fällen öffentliche Gelder für Asylbewerber abgerechnet zu haben, die nicht mehr oder nur sporadisch im Hotel wohnten. Was stimmt und was nicht, was Gerüchte sind und was nicht, ist dabei nicht immer leicht zu unterscheiden.
So läuft die Flüchtlings-Unterbringung in Hotels
Gerade der letzte Vorwurf ist besonders pikant, denn er weist auf eine Lücke im System hin. 2800 Schutzsuchende hat die Stadt Köln derzeit in rund 40 Hotels untergebracht. Es ist die teuerste Lösung überhaupt: 35 Euro zahlt sie pro Nacht und Person; macht rund 35 Millionen Euro im Jahr. Kein Wunder, dass bei diesen Preisen so mancher Hotelier ein gutes Geschäft witterte, als im vergangenen Jahr jeden Monat Hunderte ankamen und die Kommune händeringend nach Unterkünften suchte.
Den Nachweis, dass die Flüchtlinge, für die die Stadt bezahlt, auch tatsächlich dort wohnen, sollen die Hoteliers dabei selbst leisten. So sind die Betreiber nach Angaben der Stadt verpflichtet, Belegungslisten zu führen und diese von den Flüchtlingen persönlich unterschreiben zu lassen. „Alles steht und fällt mit dem Betreiber“, so die Beobachtung von Wolfgang Schmitz von der Willkommensinitiative in Brück. „Ob das System funktioniert, hängt von dessen Geschäftsführung ab.“
Um so erstaunlicher ist, dass die Stadtverwaltung in der Vergangenheit offenbar nicht immer so genau hinschaute, mit wem sie es zu tun hatten. Geschäftsführerin des Brücker Sportpark ist Faiza Hoffmann, die Ehefrau des bekannten Konzertveranstalters Matthias Hoffmann.
Tatsächlich jedoch, so der Eindruck zahlreicher ehemalige Mitarbeiter, ist es Hoffmann selbst, der alle Fäden in der Hand hält. „Frau Hoffmann betreibt das Hotel nur auf dem Papier, aber er ist ganz eindeutig der Strippenzieher“, sagt ein früherer Betriebsleiter. Eine Aussage, die von Matthias Hoffmann vehement bestritten wird. „Ich habe nur die Idee gehabt und das Konzept entwickelt,“ beschied er auf Anfrage des Kölner Stadt-Anzeiger.
Der Unternehmer ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt: In den 90er Jahren managte er als Konzertveranstalter die drei Tenöre Plácido Domingo, Luciano Pavarotti und José Carreras. Für André Heller produzierte er die Zirkus-Show „Afrika, Afrika“, bis diese pleite war. Auch mehrere von Hoffmann produzierte Shows endeten in der Insolvenz. Die Staatsanwaltschaft Mannheim ermittelte mehrfach gegen ihn wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung. Dennoch ließ sich die Stadt Köln auf eine Zusammenarbeit mit dem Brücker Sportpark ein. Glücklich ist man darüber in der Verwaltung mittlerweile nicht mehr.
Mitarbeiter schildern ihre Erfahrungen
Alles andere als glücklich sind auch viele der ehemaligen Mitarbeiter des Brücker Sportparks. Fünf Mal innerhalb eines Jahres hat bereits der Betriebsleiter gewechselt, der sechste hat gerade erst gekündigt – nach nur zwei Wochen. Auch im Team ist die Fluktuation enorm - und die offensichtlich Frustration enorm. Alle Betroffenen, die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ kontaktiert hat, waren jedenfalls bereit, ihre Erfahrungen zu schildern.
Die meisten fordern noch Geld von der Brücker Sportpark GmbH und wollen lieber nicht namentlich genannt werden. Einer, der offen redet, ist Manfred Wickert. Der Kölner war Ende vergangenen Jahres mehrfach für Reparaturen im Brücker Sportpark. Geld hat er dafür nicht gesehen.
„Der Brücker Sportpark schuldet mir bis heute rund 10.000 Euro“, sagt Wickert, der die Sache mittlerweile seinem Anwalt übergeben. Kein Einzelfall, wie ein früherer Angestellter sagt. Das Ergebnis kann man im Brücker Sportpark besichtigen: In den Fluren sind die Wandverkleidungen abmontiert, Stromleitungen liegen über weite Strecken offen. Überall stehen Baumaterialien herum und versperren den Weg. Die Brandschutzfirma, die die von der Stadt geforderten Umbauten vornehmen sollte, unterbrach nach nur einem Tag ihre Arbeit, weil die Vorauszahlung nicht geleistet wurde. „Es wird in diesem Haus nichts investiert und repariert“, klagte ein Mitarbeiter.Besonders brisant ist indes der Vorwurf, der Brücker Sportpark habe unrechtmäßig Geld von der Stadt für Flüchtlinge kassiert. Die Initiative „Willkommen in Brück“ spricht von mehr als zehn Fällen. „Ein Mann wurde monatelang auf den Listen geführt, obwohl er sich schon im Juli nach Finnland abgesetzt hat“, sagt Wolfgang Schmitz von der Willkommensinitiative. Ein anderer Flüchtling sei sogar seit Juni nicht mehr gesehen worden.
„Für mich sind das ganz klar Betrugsfälle“
Ähnliche Vorwürfe erheben auch mehrere frühere Beschäftigte. Der Sicherheitsdienst, der die Listen führen musste und für die Anwesenheitskontrollen zuständig war, habe mehrfach darauf hingewiesen und sich letztendlich geweigert, die fehlenden Bewohner einfach abzuhaken. „Für mich sind das ganz klar Betrugsfälle. Da sind schon einige Summen zustande gekommen,“ sagt einer der ehemaligen Betriebsleiter, der dies auch vor der Polizei bezeugen würde.
Allerdings, so schildert es ein anderer Mitarbeiter sei es oft schwierig gewesen nachzuvollziehen, wer da war und wer nicht. „Flüchtlinge sind manchmal länger zu Freunden oder Bekannten verschwunden, ohne sich abzumelden. Die Leute kamen und gingen und im Zweifelsfall blieben sie halt erst mal auf den Listen stehen.“ Von einem systematischen Betrug will er deshalb nicht sprechen.
Die Verwaltung bestätigte auf Anfrage, dass die Bewohnerlisten in der Vergangenheit nicht immer wie gewünscht geführt wurden. In welchem Dilemma die Stadt steckt, wenn sie die Richtigkeit der Angaben prüfen will, macht indes folgender Satz von Wohnungsamtsleiter Josef Ludwig deutlich: „Bisher konnten keine nennenswerten Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, da fehlende Unterschriften der Belegungslisten nicht zwangsläufig bedeuten, dass Zimmer nicht belegt sind.“
Aber welche Aussagekraft haben sie dann überhaupt? Zumal, wenn eine Kontrolle durch die Stadt aufgrund von Personalmangel kaum möglich scheint. So hat ein Sozialarbeiter gerade mal zwei Stunden Sprechzeit pro Hotel und Woche zur Verfügung. „Die Kombination von miserabler Geschäftsführung und unvertretbar geringer Präsenz des Sozialarbeiters“ führe zu einer Art rechtsfreiem Raum, kritisiert Wolfgang Schmitz von der Willkommensinitiative Brück.
Faiza Hoffmann bestreitet die Anschuldigungen in einer zweiseitigen Stellungnahme vehement. Ein von ihrem Mann entwickeltes „Dienstleistungskonzept“ beinhalte zahlreiche Kontrollmechanismen, die den Vorwürfen „geradezu widersprechen“. Die Rezeption erfasse zwei Mal wöchentlich Unterschriftenlisten für die Stadt, parallel erstelle die Nachtsecurity jeden Abend bei einer Zimmervisite eine zusätzliche Anwesenheitsliste. „Wir unterrichten die Stadt immer, wenn ein Flüchtling von sich aus abreisen möchte“, so Hoffmann. Ihr Mann habe ein Einlass-Kontrollsystem entwickelt und sei, „trotz Ruhestand“, als Consultant für Mönchengladbach, Hamburg und München tätig.
Die Stadt Köln allerdings will künftig auf Hoffmanns Beratung verzichten. Josef Ludwig: „Mit dem bisherigen Betreiber des Brücker Sportpark werden wir nicht mehr zusammenarbeiten.“