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Integrationshaus in KalkKölner Helfer stehen in Corona-Zeiten vor größeren Problemen

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Die Chefin muss ran: Elizaveta Khan (l.) und Shaza Almehbani im Beratungsraum des Integrationshauses.

Kalk – Shaza Almehbani lächelt ein wenig verlegen: „Ich dachte, das sollte die Chefin besser übernehmen“, sagt die Syrerin, die im Integrationshaus (In-Haus) Kinder betreut. Seit fünf Jahren lebt sie in Deutschland, jetzt geht es um ihre Aufenthaltserlaubnis, deshalb ist sie in den Beratungsraum zu Elizaveta Kahn, Geschäftsführerin des In-Hauses, gekommen. Denn das für Almehbani zuständige Nippeser Bezirksausländeramt ist derzeit nur online zu erreichen, und obwohl sie schon gut Deutsch spricht, ist die Schriftsprache ein eigenes Thema: „Diese Fachbegriffe der Verwaltung, die kenne ich einfach nicht.“

Spezielles Amtsdeutsch

Mit der speziellen Amtssprache haben bekanntlich selbst deutschstämmige Akademiker zuweilen ihre Not. Für Menschen mit Migrationshintergrund, zumal für jene, die erst seit wenigen Monaten hier sind, ist diese Sprachbarriere meist unüberwindlich: „Im Gespräch geht das mit Händen und Füßen noch irgendwie“, so Kahn, „aber wegen Corona werden die Formulare nicht mehr persönlich ausgehändigt, sondern können nur per Mail angefordert und eingeschickt werden. Was man auch verstehen kann.“

Während solche Probleme angesichts der vielen anderen durch Corona bedingten Veränderungen in der Öffentlichkeit nur am Rande wahrgenommen werden, haben sie dem interkulturellen Zentrum am Ottmar-Pohl-Platz ein Bündel zusätzlicher Aufgaben aufgebürdet.

Obdachlose bekommen kaum noch Geld

So ist das In-Haus-Projekt „Solidaritata“, bei dem es ursprünglich um eine faire Behandlung etwa von Menschen ging, die ohne Papiere in Deutschland leben, im März neu gestartet und nun ganz auf Corona zugeschnitten.„Bei der Aktion Mensch konnten wir damals Gelder beantragen und haben 620 Lebensmittelgutscheine über je 50 Euro verteilt“, erklärt Khan. An Menschen ohne Wohnung zum Beispiel, die auf den plötzlich leeren Straßen niemanden mehr fanden, der ihnen einen Euro zusteckte. Oder an Leute, die unter normalen Umständen mit dem Sammeln von Pfandflaschen ihre Bezüge aufbessern. Und an Familien, die am Existenzminimum leben: „Sie sind es gewohnt, dass ihre Kinder in den Kitas oder in den Schulen mit Essen versorgt werden, aber als die geschlossen waren, kamen diese Familien nicht mehr zurecht“, erzählt Elizaveta Khan.

Spätestens seit sich im Herbst die Situation wieder verschärft hat, ist anderes akut geworden. Das Durcheinander an Regelungen, Verordnungen, Empfehlungen, Sachstandsberichten und wilden Gerüchten überfordert gerade jene, die nur unzureichend Deutsch sprechen. „Man findet auf den Internet-Seiten der Ministerien zwar entsprechende Informationen in vielen Sprachen, doch wie sollen die Leute das finden? Häufig haben sie nicht mal das Geld für einen Internet-Anschluss“, berichtet Khan. Deshalb sind die Mitarbeiter des In-Hauses mittlerweile geübt in der Recherche. Ihre Ergebnisse drucken sie umgehend für die Ratsuchenden aus, versuchen auch herausfinden, wie die Situation in den jeweiligen Herkunftsländern ist, wo noch Freunde und Familienangehörige leben. „Und wir haben von Anfang an ganz entschieden deutlich gemacht, dass die Verschwörungstheorien totaler Quatsch sind.“

Eltern oft überfordert

Hinzu kommt die Behördenkommunikation, auch für Menschen beispielsweise, die nur noch Kurzarbeitergeld erhalten, davon aber nicht leben können und eine Aufstockung beantragen müssen. Drucken und Dokumente einscannen, Anträge ausfüllen, E-Mails abfassen und immer wieder mit den Ämtern telefonieren: „Wir haben alle einen Tinnitus von den Melodien in der Warteschleife“, sagt Khan.

Schwierig seien auch die Fälle, in denen Kinder plötzlich zuhause bleiben müssen und die berufstätigen Eltern nicht wissen, wie sie damit umgehen sollten. Oder wenn sie das Homeschooling überfordert, weil sie kein geeignetes Endgerät haben. „In einigen Fällen können wir anbieten, das bei uns zu erledigen“, so Elizaveta Khan. Überhaupt habe das In-Haus die Arbeit mit den Kindern aufrecht erhalten, denn diese seien besonders stark betroffen, durch angespannte Eltern etwa oder den eingeschränkten Kontakt zu Freunden: „Und dann hören sie noch Gerüchte von Politikern, die Kinderblut trinken, das können die nicht verarbeiten.“ So wurden alle Unterrichtsangebote aufrecht erhalten, auch ein Ernährungsseminar für Kinder in den Herbstferien durchgeführt. „Wir haben natürlich Angst, dass wir selbst zum Hotspot werden“, sagt Khan. „Bisher hat aber noch niemand Schwierigkeiten wegen den Abstandsregeln gemacht.“

Ehrenamtler sind mehrsprachig

Hilfreich ist auch, dass zu den zwölf Mitarbeitern des In-Hauses, die alle mehrsprachig sind, sieben ehrenamtliche Kräfte hinzugekommen sind, die Arabisch oder Kurdisch sprechen und einen Teil der Beratungen übernehmen. Trotzdem: „Pro Beratung planen wir durchschnittlich 30 Minuten ein, und pro Tag kommen bestimmt 20 Ratsuchende“, erklärt Elizaveta Kahn. Von 8 bis 19.30 Uhr sind Berater (ohne Anmeldung) da.Ein Lichtblick sei, dass sich nun der eine oder andere deutschstämmige Senior ans In-Haus wendet, mit der Bitte, ein paar Erledigungen oder Einkäufe für sie zu übernehmen. „Gewöhnlich meinen die ja, wir wären nur für Migranten zuständig“, sagt Elizaveta Khan. „Aber zu uns können alle kommen, die Schwierigkeiten haben. Das ist unser Anspruch.“

Kostenlose Corona-Hilfe im Bezirk Kalk

Das Integrationshaus ist am Ottmar-Pohl-Platz 2 und 5 zu finden und telefonisch unter 0221/ 997 45 752 zu erreichen. Auch der IGMG Ortsverein Kalk in der Kuba Moschee, Vorsterstraße 41, hilft hier weiter (0177/ 729 18 14 oder 0163/ 598 14 23).Die Helferinnengruppe des FDP-Bezirksvertreters Fardad Hooghoughi unterstützt bei Einkäufen und anderen Erledigungen ( 0177/ 412 71 50). Sie ist auch in Höhenberg, Merheim, Neubrück, Ostheim und Vingst aktiv.In Brück/Merheim steht die Pfarreiengemeinschaft Brück/ Merheim mit Rat und Tat zur Seite (0174/ 748 386 2). Außerdem die Bürgergemeinschaft Brück (montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr unter 0221/ 690 96 98) sowie die Katholische Kirchengemeinde St. Gereon (0221/ 998 825 -10 oder -30, 0172/ 697 253 6). Für Höhenberg und Vingst ist die Kirchengemeinde St. Theodor und St. Elisabeth (0177/ 65 38 567) zuständig, für Neubrück der Bürgerverein (0172/ 285 02 77).In Ostheim bietet der Verein Veedel Unterstützung an (0173/ 522 54 25), ebenso wie die Evangelische Kirchengemeinde (0221/ 890 26 39). In Rath-Heumar hilft die Evangelische Kirchengemeinde (0221/ 986 24 07), aber auch die Bürgerinitiative steht bereit (0221/ 867 272 oder 0157/ 379 271 11). (hwh)