Normalerweise spielt der Prozessionszugs der Laien-Schauspieler unter freiem Himmel. Dieses Mal musste auf eine Kirche ausgewichen werden.
Dem schlechten Wetter getrotztKarfreitagsprozession der italienischen Gemeinde Köln in Kalk gut besucht
Die katholische Kirche St. Marien in Köln-Kalk ist voll besetzt am frühen Freitagabend. Bis weit in das Eingangportal hinein stehen Menschen, darunter zahlreiche Familien mit Kindern, die irgendwie versuchen, einen Blick auf das Geschehen im Innenraum des Gotteshauses zu erhaschen.
Von dort erklingt durch Lautsprecher in italienischer Sprache eine Erzählerstimme, die in gesetztem Ton und Tempo die Passionsgeschichte in mehrere Kapitel unterteilt beschreibt, die parallel von rund 30 Schauspielerinnen und Schauspielern in historischer Gewandung dargeboten wird. Bereits zum 44. Mal und immer an Karfreitag erinnert 2024 die italienische Gemeinde in Köln mit einem Passionsspiel an das Leiden und Sterben Jesu.
Wetterbedingt findet der Prozessionszugs in einer Kirche statt
Üblicherweise findet das zwar in Form eines Prozessionszugs der Laien-Schauspieler durch den Stadtteil oder auf einer Bühne im Park nahe der Kalker Kapelle statt – in diesem Jahr haben die Verantwortlichen aufgrund der unsteten Wetterverhältnisse allerdings kurzfristig beschlossen, auf die Veranstaltung unter freiem Himmel zu verzichten und das Stück im Schutz der Kirche vorzutragen.
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Dass dadurch viele der Gäste nicht so nah an dem Geschehen teilhaben können wie gewohnt, wird durch pragmatisches Zusammenrücken innerhalb des großen Kirchenschiffs ausgeglichen. „Das Passionsspiel hat in Italien eine lange Tradition, es wurde von den Auswanderern aus Sizilien mit nach Kalk gebracht“, erläutert vor der Kirche Andrea Falcone.
2024 ist das erste der vergangenen sieben Jahre, in dem der 59-jährige aus Sizilien stammende Kölner nicht verkleidet als römischer Legionär, antiker Bürger oder in einer anderen Rolle an dem Passionsspiel in Kalk teilnimmt. Er hat sich auf der Arbeit verletzt und schaut heute mit Freunden und Bekannten zu. „Diese Veranstaltung ist für viele ein Stück Heimatverbundenheit und vor allem ein Ort und eine Gelegenheit, um als Gemeinschaft zusammenzukommen“, sagt Falcone. Die jungen und alten, männlichen und weiblichen Schauspieler machten ihre Sache aber gut, resümiert der seit 1972 in Köln lebende Mann.
Gottesdienst am Ende gab es nicht
Als Jesus von „Pontius Pilatus“, dem Präfekten des römischen Kaisers Tiberius in Judäa, in der fünften Szene des Stücks verurteilt und anschließend von den verkleideten Soldaten symbolisch ausgepeitscht wird, tritt Stille in der Kirche ein. Danach beginnt der letzte Gang des christlichen Heilands, den er mit einem Holzkreuz auf den Schultern mittels eines Rundgangs durch das Kirchenschiff darstellt. Es wird gefilmt, viele Menschen schauen andächtig zu und lauschen der stimmungsvollen Musik, die zur Untermalung der Kapitel eingespielt wird. Zwischendurch übersetzt ein Mann die vorrangig auf Italienisch vorgetragene Geschichte, die mehr als eine Stunde dauert.
Einen Gottesdienst gibt es im Anschluss nicht, die italienische Gemeinde tritt am Ostersonntag wieder zusammen. Dann werden auch die Spenden und Lebensmittel verteilt, die von den Mitgliedern ebenfalls traditionell zum Osterfest für Bedürftige gesammelt werden. „Es ist ein schöner Brauch“, sagt Andrea Falcone“, „ich bin froh, dass wir das hier jedes machen veranstalten können.“ Für das kommende Jahr wünschen der 95-Jährige und die meisten Mitglieder der Gemeinde sich aber, dass das Passionsspiel dann wieder im Freien stattfinden wird.