Die Jubiläumssitzung von „Fatal Banal“ in der Abenteuerhalle Kalk arbeitet sich an den Weltkrisen ab.
Karneval in MollJubiläumssitzung von „Fatal Banal“ in Köln-Kalk sucht nach der Leichtigkeit
„Ja, wir sind wieder da“, singt das Ensemble von Fatal Banal und feiert die neue Freiheit nach zwei Jahren Pandemie und die Rückkehr auf die Bühne, noch bevor es mit „Jump“ den traditionellen Sitzungsopener anstimmt. „Scharfer Biss und jecker Driss“ lautet das Motto der zweitältesten alternativen Sitzung Kölns, die es seit 1992 gibt. „Wir haben uns Frohsinn und Heiterkeit verdammt verdient“, sagt Präsident Christoph Stubbe fast trotzig.
Besonders ihm und seinen Moderationen merkt man an, dass der Wille dazu da ist, allein Leichtigkeit, Lockerheit und die Lust auf Blödsinn angesichts der Weltkrisen, des Krieges und des Virus' noch nicht so richtig zurück sind. Was nicht heißt, dass es nichts zu lachen gibt, aber es gab schon stärkere Ausgaben als die Jubiläumssitzung, die sich vor allem in der ersten Hälfte ab und zu anfühlt wie Karneval in Moll.
Das liegt definitiv nicht an der Begleitband Kalk-Kapelle um Frontmann Tim Müller und die rockenden Schwestern Billie und Nesrin Sirinoglu: Die lassen den Alptraum des Rosenmontagszugleiters wahr werden („Der Jeck der klebt am Pfeiler, der Zoch, der kütt nit weiter“), unterstützen die Frauen im Iran („Ich hab langes Haar“ gesungen von Sabine Putzler), feiern die Freigabe von Cannabis („Am Bickendorfer Büdchen, da kauf ich mir ein Tütchen“) und wenn Fischer als Poleman an der (lebendigen) Stange tanzt, wird’s herrlich blödelig.
Fatal-Banal-Sitzung in Köln-Kalk: Alte Elemente und aktuelle Themen
Auch andere Elemente haben Corona problemlos überlebt. Susanne Hermanns als Chantals Mutter etwa, die ihre wahre „Intenzität“ entdeckt, sich als Roswitha Schmitz outet und mit ihrer „Ich tu mich emazipiziern“-Version des Gloria-Gaynor-Hits „I will survive“ den Saal zum Tanzen bringt. Oder der Karnevalsverein Köln-Roggendorf Thenhoven von 1823 e.V., der, ohne zu spoilern, seine wahre, total abgespacete Geschichte offenbart.
Der Satz „Und die glauben immer noch, die hätten den Karneval erfunden …“ geht jedenfalls im schallenden Gelächter der Akteure unter. Murat (Meinolf Schubert) freut sich, durch die neue Spielstätte in der Abenteuerhalle Kalk endlich heimatnah arbeiten zu können und findet, dass Dönerbuden in der Innenstadt kulturelle Aneignung sind.
Die „Kölsche Klüngelkiste“ bietet Schauspieler als Marionetten und „Gemurmel aus dem Schrein“: Die heiligen drei Könige treffen auf OB Henriette Reker und ihre minutenlange Aufzählung der Kölner Verwaltungsdebakel endet mit „und deine Frisur ist auch voll scheiße, Frau Reker.“
„Fatal Banal & Friends“ bringt Leichtigkeit zurück
Wenig überraschend gibt es katholische Priester, die im Fegefeuer auf Adolf Hitler und Alice Weidel treffen, Corona-Viren, die sich über zunehmende Arbeitslosigkeit mokieren, was zu LGBTQ, was zur Pflege und was zu Steffen Baumgart. Und singende Eisbären zum Klimawandel. Alles politisch korrekt, aber irgendwie auch nicht total auf den Punkt. Toll dagegen „Fatal Banal & Friends“: Hier gibt man den anderen alternativen Sitzungen Zeit und Raum, sich zu präsentieren.
Super nicht nur für die Immi-Sitzung, die ansonsten ja dieses Jahr gar nicht spielt. Auch die Stunker, die Röschen und die Schnittchen schauen abwechselnd vorbei. Am Premierenabend sind Mirja Boes und Ebasa, der Meister, von „Deine Sitzung“ zu Gast. Am Ende eines umjubelten Auftritts mit herrlich kölschen Tönen sagt Mirja Boes ganz locker: „Ihr seid komplett tuschfrei hier, oder? Das werden wir mit dem Arsch einreißen.“ Der Saal tobt, da ist sie, die Leichtigkeit – täfftää, täfftä, täfftä.
Fatal Banal, Abenteuerhalle Kalk, Christian-Sünner-Straße 8, 51103 Köln-Kalk. Für einige der Termine bis Sonntag, 19. Februar, gibt es noch Restkarten. Das Programm beginnt jeweils um 19.30 Uhr und dauert etwa dreieinhalb Stunden. Weitere Infos und Tickets unter fatalbanal.de.