Organisatorin der Kunsttage Brück„Ich habe ständig 1000 Ideen im Kopf“
- Seona Sommer über die von ihr organisierten Kunsttage und die Herausforderung von Porträts
Köln-Brück – Frau Sommer, Sie sind Malerin aus Leidenschaft und starten gerade einen neuen Aufruf, dass sich bildende Künstler aller Art für die Brücker Kunsttage bewerben sollen, die im kommenden Oktober und November bereits in die fünfte Auflage gehen. Das klingt nach einer Erfolgsgeschichte.
Da haben wir anfänglich nicht mit gerechnet, aber inzwischen glauben wir da auch dran. Aufhören geht nicht mehr.
Wie sind Sie denn zu den Kunsttagen gekommen?
Nachdem ich dreimal bei der Reihe Kalk Kunst teilgenommen hatte, gärte in mir vor fünf Jahren die Idee, in meinem Stadtteil etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen. Ich bin ja nicht nur auf der Leinwand kreativ. Ich habe fast ständig 1000 Ideen im Kopf und muss etwas machen. Es war damals ein glücklicher Zufall, dass ich mit Hobbymaler Udo Funk ins Gespräch kam, der an der Olpener Straße ein Dekorations- und Raumausstatter-Geschäft betreibt, und ähnliche Ideen im Kopf hatte. Gemeinsam haben wir dann das Projekt „Kunsttage“ umgesetzt. Ich wollte schon immer etwas in meiner Heimat machen, für die Leute in Brück und mit den Leuten in Brück. So eine Art Kultur vor der Haustür.
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Sie sprechen von Heimat und bezeichnen sich selbst als "geborene Wahlkölnerin", kommen aber ursprünglich aus Herford.
Das ist richtig, aber über Stationen im Ausland, so in Mexiko und in den USA, bin ich im Jahr 2000 nach Köln und drei Jahre später nach Brück gekommen. Vorher war mir nicht so recht klar, wo ich hingehöre. Aber seit ich in Köln bin, und vor allem seit ich in Brück lebe, weiß ich, hier will ich bleiben. Das ist für mich Heimat.
Da passen Sie ja dann auch recht gut zum kommenden Sessionsmotto des Kölner Karnevals „Uns Sproch is Heimat“. Können Sie Kölsch sprechen?
Leider nein. Ich habe auch noch nie einen Kurs bei der Akademie für uns kölsche Sproch besucht. Aber ich verstehe Kölsch und weiß, wie wichtig die Mundart für das Lebensgefühl der Kölner und die Stadt ist. Durch die Kunsttage habe ich viele Leute in Brück kennengelernt und bin auch kürzlich dem noch jungen Bürgerverein „Für unser Veedel“ beigetreten, um mich hier unter anderem für ein Bürgerzentrum zu engagieren.
Ihre Stelle als Lehrerin für Deutsch und Englisch am Gymnasium in Pesch haben Sie inzwischen aufgegeben, um sich verstärkt der Kunst widmen zu können. Malen Sie den ganzen Tag?
Nein. Das würde auch gar nicht funktionieren. Ich male schon sehr viel und versuche, mich ständig weiter zu verbessern. Da bin ich wahnsinnig motiviert. So fliege ich in diesen Tagen nach Madrid zu einem Öl-Malkurs bei Eloy Morales, meinem Vorbild. Das ist ein hyperrealistischer spanischer Künstler, bei dem ich im Vorjahr auch schon einmal zu Gast war.
Was ist denn Hyperrealismus?
Eine Art Weiterentwicklung des Realismus, benachbart zur Pop-Art. Es geht um eine fotorealistische Übersteigerung der Wirklichkeit, bei dem die Bilder mit einer an Fotos erinnernden Genauigkeit an Details gemalt werden. Man muss dafür nicht nur gut mit der Hand sein, sondern auch sehr wirklichkeitsnah wirken, aus der Nähe darf man durchaus eine groben Pinselstrich erkennen.
Sie malen weitgehend Porträts nach der Vorlage eines Fotos. Früher haben Sie auch eigene Fotos zunächst auf die Leinwand gedruckt und dann übermalt. Manche Leute erinnerte das an „Malen nach Zahlen“.
Deswegen mache ich das auch nicht mehr. Das hatte zu Missverständnissen geführt. Ich habe ja nie ein Foto eins zu eins in ein Ölbild übertragen. Für mich war selbst die gedruckte Vorlage nur eine Art Rahmen, der mich inspirierte, dort eine Figur hinein zu malen. Auch heute muss ich das Foto irgendwann zur Seite legen, um mein Bild als real zu empfinden und zu gestalten. Die Illusion, ein Farbfoto zu betrachten, darf ruhig bleiben.
Würden Sie auch ein lebendes Modell malen wollen?
Nein. Alleine durch die Anwesenheit würde ich mich eingeschränkt fühlen. Auch ein Stillleben auf dem Tisch ginge nicht. Meine Stärke und große Leidenschaft sind Porträts. Allerdings male ich inzwischen nicht mehr Leute, die ich zufällig auf Reisen fotografiert habe, und die dann nichts von ihrem Glück wissen, sondern verstärkt Menschen, die ich auch kenne und mit denen ich gesprochen habe. So zuletzt einen Flüchtling aus Ghana, den ich über die Initiative „Willkommen in Brück“ kennengelernt habe, oder auch den Filmemacher Bernhard Konetzki. Der ist in Brück und Neubrück weltbekannt.
Verkaufen sich diese Arbeiten gut?
Das ist so ein Problem. Am Marketing arbeite ich noch. Schließlich bin ich ja irgendwie auch Unternehmerin, wenn ich sage, dass ich mit meiner Kunst auch Geld verdienen will. Porträtmalerei als Auftragsarbeit - durchaus auch in Kombination mit Firmen oder sozialen Projekten. Ich versuche gerade, mir ein Netzwerk aufzubauen und habe einen Blog im Internet, auf dem jeden Mittwoch ein Artikel gepostet wird. Auf Dauer möchte ich auch Zeichen- und Malunterricht geben. Inzwischen habe ich da einiges anzubieten. Zurzeit habe ich da auch schon eine Freundin als erste Testschülerin.
5. Brücker Kunsttage
Die fünfte Auflage der Brücker Kunsttage finden vom 27. Oktober bis zum 18. November 2018 statt. Da gilt es die große Bandbreite an Künstlern aus Brück oder auch aus anderen Stadtteilen zu zeigen - mit Öl- und Aquarell-Bildern, Holz-, Stein- und Metall-Skulpturen, Fotografien, Radierungen und Installationen. Bildende Künstler aller Art, die ihre Werke in den Brücker Geschäften ausstellen wollen, können sich bis zum 15. April bewerben. Nähere Informationen und die Teilnahmebedingungen gibt es im Internet. (NR) www.bruecker-kunsttage.de
Steckbrief
Was mich in Brück stört:
„Dass so vieles im Stadtteil verrottet. Das Hähnchen und der Sportpark. Die Halle am Marktplatz, die Schulen und ihre Turnhallen“.
Lieblingsorte in Brück:
Spazieren geht sie gerne in der Flehbachaue oder im nahe gelegen Königsforst. Zum Einkaufen fährt sie jedoch oft nach Holweide, „weil es dort einen gut sortierten Bio-Laden gibt“.
Liebste Gaststätten: Mittags oder auch mal abends trifft man sie („Ich habe keine richtige Stammkneipe“) in den verschiedenen Lokalitäten des Veedels, beim Inder (Art Inda), beim Thailänder (Meti Thai), beim Italiener (La Vecchia) sowie im Brauhaus „Em Hähnche“ oder in der Gaststätte „Alt-Brück“. (NR)
Zur Person
Seona Sommer (49) ist in Herford geboren und aufgewachsen und lebt nach Stationen in Mexiko und USA seit dem Jahr 2000 in Köln und seit 2003 in Brück. Sie ist verheiratet, keine Kinder. Ihre Anstellung als Gymnasiallehrerin (Deutsch und Englisch) hat sie für ihre Leidenschaft aufgegeben - die Porträt-Malerei. Seit fünf Jahren organisiert sie mit Udo Funk die "Brücker Kunsttage" und engagiert sich zudem in der Flüchtlingsinitiative "Willkommen in Brück" und im neuen Bürgerverein "Für unser Veedel". Auch die Kulturveranstaltungen der evangelischen Kirchengemeinde besucht sie gerne. (NR)
www.sommerkunst.net