Flüchtlinge sollen Karneval meidenEmpörung und Fassungslosigkeit nach interner Mail
Köln – Die E-Mail, die Ende Januar vom Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste NRW in Duisburg verschickt wurde, hatte es in sich: Es ging um die Teilnahme von Flüchtlingen an Karnevalsveranstaltungen. Und es ging um das Bemühen vieler Willkommensinitiativen, Geflüchteten dieses rheinische Brauchtum näher zu bringen und sie zur Teilnahme etwa an Veedelszügen zu motivieren. Diese Aktionen seien aus polizeilicher Sicht „eher kritisch“ zu bewerten, weil, so wörtlich, „so das massierte Auftreten von Flüchtlingen und Asylbewerbern bei Karnevalsveranstaltungen forciert wird“.
Und weiter heißt es in dem Schreiben, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt: „Da ebendies in Anbetracht der aktuellen Sicherheitslage in Deutschland, auch aufgrund der Ereignisse bei den vergangenen Jahreswechseln, in der Bevölkerung derzeit leider zu unerwünschten Wechselwirkungen führt, raten wir davon ab.“
Flüchtlingsräte in Köln und Leverkusen empört
Verschickt wurde die brisante Mail über die Verbindungsstelle der Polizei, Teildezernat 41.1, einer Art Brückenkopf des Landesamts bei der Bezirksregierung Köln. Adressiert war es nach Angaben des Kölner Flüchtlingsrat an die 13 Flüchtlingseinrichtungen des Landes im Regierungsbezirk Köln. Dazu zählt auch das Containerdorf an der Alteburger Straße in Bayenthal.
Über Umwege erreichte die Mail nun auch die Flüchtlingsräte in Köln und Leverkusen. Dort ist die Empörung groß. Man sei sich bewusst, dass Großveranstaltungen ein erhöhtes Risiko darstellen und eine sorgsame Planung des Polizeieinsatzes erfordern. „Aber die Beurteilung eines Menschen nach dem Äußeren und damit verbunden eine Sonderbehandlung durch die Sicherheitsbehörden ist von der Stoßrichtung her rassistisch“, kritisiert Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat.
Südstadt-Pfarrer „fassungslos“
Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ vollzog das LZPD dann am Abend eine Kehrtwende. Sprecherin Nadine Perske erklärte: Die bei der Behörde angesiedelte polizeiliche Verbindungsstelle in Flüchtlingsangelegenheiten habe das „interne“ und „nicht autorisierte“ Schreiben an die Bezirksregierungen übermittelt. „Die Formulierungen sind ausgrenzend. Es entsteht der Eindruck, dass Zuwanderer keine Karnevalsveranstaltungen besuchen sollten.“ Vielmehr aber sollten sie über die Landeseinrichtungen zum Karneval und seinen Hintergründen sowie über die verstärkten Polizeikontrollen informiert werden, stellte Perske klar.
Pfarrer Hans Mörtter von den Willkommensinitiativen in der Südstadt nahm das Behördenschreiben am Freitag „fassungslos“, aber auch mit rheinischem Humor auf: „Das ist Kabarett, da wird sich der Nubbel aber amüsieren.“ Gerade in der Südstadt gebe es vielfältige Aktivitäten, um Flüchtlinge über den Karneval zu integrieren. „Unsere Trommelgruppe von Flüchtlingen ist schon beim Veedelszug vor zwei Jahren frenetisch gefeiert worden“, sagt Mörtter. Auch dieses Jahr werde man sich wieder beteiligen. „Karneval ist Begegnung. Die Teilnahme der Flüchtlinge ist ein Gewinn.“