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Kommentar

Kommentar zum 11.11.
Karneval ist keine Gefahrenabwehr – Was Köln anders machen muss

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Lesezeit 3 Minuten
Jecke drängeln sich vor Dixie-Klos auf einer umzäunten Fläche.

Die Uni-Wiese galt am 11.11. erneut als sogenannte „Ausweichfläche“.

Um den Auswüchsen am 11.11. entgegenzutreten, reicht es nicht, ein Stadtviertel in eine Sperr- und Sicherheitszone zu verwandeln.

Fast menschenleere Straßen, auf denen unzählige Bierflaschen, Scherben, Getränkebecher, Kostümfetzen liegen: Wer am frühen Sonntagmorgen im Kölner Uni-Viertel unterwegs und mit dem Brauchtum noch nicht so vertraut ist, kann eigentlich nur zu einem Schluss kommen: Karneval ist wie eine Heuschreckenplage. Innerhalb weniger Stunden ziehen feierwütige Massen durch ein Veedel, ohne Rücksicht auf Verluste. Und weil Polizei und Ordnungsamt das wissen, wird umzäunt und abgesperrt, damit nicht noch mehr passiert.

Doch Karneval ist keine Gefahrenabwehr. Karneval ist ein fröhliches Fest, das im besten Fall das soziale Miteinander fördert oder unmissverständliche Zeichen setzt, wie etwa die spontane Aktion des Festkomitees und der Traditionskorps, die sich am Samstag vor die Synagoge an der Roonstraße stellten.

Karneval in Köln: Sperr- und Sicherheitszone ist zu wenig

Aber offensichtlich wissen viele, zumeist Jugendliche, nicht, was Karneval ist. Vor allem scheint sich ein Glaube verfestigt zu haben: „In Köln kann man so die Sau rauslassen, wie es woanders nicht möglich ist.“

Es gilt, diesen Auswüchsen entschieden entgegenzutreten. Allerdings wird dieses Ziel nicht erreicht, indem ein Viertel in eine Sperr- und Sicherheitszone verwandelt wird. Womöglich wissen das selbst die Verantwortlichen der Stadt. Das Aufatmen jedenfalls, dass es am Samstag keine schweren Verletzungen und erst recht keinen Todesfall gegeben hat, war klar zu vernehmen.

Köln war so voll wie nie an einem 11.11., der Besucherandrang brachte die Stadt an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Katastrophe ist zum Glück ausgeblieben. Doch nach dem 11.11. ist vor Weiberfastnacht. Und auch wenn der nächste 11.11. auf einen Montag fällt: Sie werden wiederkommen, erneut zu Tausenden: junge Menschen, die feiern wollen. Es kommen jedoch zu viele in das Uni-Viertel, sodass es eine Zumutung für die Anwohner ist.

Die Stadt muss ihrer Verantwortung im öffentlichen Raum gerecht werden und das jecke Treiben erfolgreich kanalisieren. Das gelingt nicht mit mehr Zäunen, mehr Sicherheitskräften oder mobilen Toiletten. Letztendlich muss die Stadt endlich bereit sein, für den Karneval mehr Geld auszugeben.

In einer Session werden in Köln etwa 600 Millionen Euro umgesetzt. Vor diesem Hintergrund sollte sich die Stadt eine eigene Stabsstelle für den Karneval leisten. Es geht darum, sich ganzjährig mit den Planungen zu beschäftigten und einen Veranstalter zu finden, dem notfalls finanziell geholfen wird.

Die Uni-Wiese sollte allein schon aus Umweltschutzgründen nicht noch einmal als Ausweichfläche dienen – es braucht nun andere Konzepte. Dazu gehören Feierzonen, die sich an die Zülpicher Straße anschließen. Zum Beispiel die Ringe bis hin zum Neumarkt. Derartige Forderungen wurden bereits von Vertretern am Runden Tisch aufgestellt.

Die Bereitschaft, den Straßenkarneval auf eine andere Ebene zu heben, ist vorhanden. Deiters-Chef Herbert Geiss würde vier Bühnen zur Verfügung stellen, um die Zülpicher Straße zu entlassen. Und wenn dort demnächst kölsche Tanzgruppen auftreten, deren Tänzerinnen und Tänzer ein ähnliches Alter wie die jungen Feier-Touristen haben, dann könnten auch solche Leute erkennen, dass Karneval etwas anderes ist, als auf einer tristen umzäunten „Ausweichfläche“ mit einem Kiosk-Bier herumzustehen.

Wenn Kölns Oberbürgermeisterin sagt, dass sie keine Idee habe, wo man diese Menschen alle mitten in der Stadt unterkriegen soll, dann ist das traurig. Es darf nicht sein, dass die Stadt weiterhin tatenlos jene Szenen hinnimmt, die dem Image des Kölner Karnevals schaden.