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„Es fehlt an weiblichen Vorbildern“Stammtisch will Frauen aus der Kultur sichtbarer machen

Lesezeit 3 Minuten
Nici Kempermann und Sophie Gesthuysen haben einen Stammtisch für Frauen aus der Kulturszene initiiert.

Nici Kempermann und Sophie Gesthuysen haben einen Stammtisch für Frauen aus der Kulturszene initiiert.

Am Montagabend fand der erste Stammtisch für Frauen aus der Kulturszene und dem Karneval im Hellers statt.

„Das Tempo ist ein Schneckentempo“, sagt Biggi Wanninger und führt aus: „Wir könnten das Tempo verdoppeln und es wäre immer noch langsam.“ Die Kabarettistin spricht von der Veränderung der Rolle der Frau im Karneval. Es tut sich was, aber zu langsam – da sind sich die knapp 90 Frauen beim ersten Stammtisch von „Mädche vum Rhing“ am Montagabend im Hellers einig.

So einen Stammtisch habe Wanninger noch nie erlebt. „Ich finde, es ist eine tolle Idee.“ Sie erinnert sich daran, wie es war, als sie Präsidentin der Stunksitzung wurde – ihre Premiere feierte Wanninger am Silvesterabend 1998: „Da hieß es: ‚Oho, eine Frau ist Präsidentin!‘ Und ich dachte mir: Was soll das?“

Knapp 90 Frauen kommen zu erstem Stammtisch

Das Gefühl kann Jo Eicker, Gitarristin der Kölner Band Mätropolis, gut nachvollziehen. „Ich bin Musikerin, die ein Instrument spielt. Das gibt es in Köln gefühlt fast gar nicht.“ Es werde immer als etwas Besonderes beschrieben – „das tut weh. Ich möchte mehr als Mensch wahrgenommen werden.“ Egal, ob hinter oder auf der Bühne, Frauen seien immer in der deutlichen Unterzahl. „Da muss jetzt was gemacht werden.“

Genau darum soll es beim Stammtisch gehen – Frauen sichtbarer machen, ihnen Mut machen, sich gegenseitig unterstützen. Initiiert wurde er von Kempes-Feinest-Sängerin Nici Kempermann und Sophie Gesthuysen von der KG Ponyhof. In ihrem Podcast „Mädche vum Rhing“ sprechen sie seit knapp einem Jahr mit Kölner Frauen aus der Gastronomie und Veranstaltungsbranche sowie mit Künstlerinnen.

„Mädche vum Rhing – Der Stammtisch“ drei bis viermal im Jahr

„Bei den Gesprächen ist uns aufgefallen, dass diese Frauen alle nicht untereinander vernetzt sind“, sagte Nici Kempermann im Vorfeld in einem Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Am Montagabend freuen sich Gesthuysen und Kempermann, dass so viele Frauen zur Premiere des Stammtischs gekommen sind. Im Verteiler seien mittlerweile insgesamt sogar rund 200 Frauen.

Langfristig solle durch den Stammtisch etwa ein Sponsorennetzwerk aufgebaut werden. Auch ein „Mädche-vum-Rhing-Vorstellabend“ sei eine Idee. Mit Nadine Krahforst, Leiterin der Akademie des Festkomitees Kölner Karneval, hat der Stammtisch da schon erfahrene Unterstützung.

Frauen müssen auf der Bühne im Vergleich zu Männern das Doppelte leisten, um angenommen zu werden
Nathalie Drmota, „Lachende Kölnarena“

Erstmal soll der Stammtisch drei bis viermal im Jahr stattfinden. Anna Heller, Chefin der Brauerei Hellers, stellt dafür das Hellers-Brauhaus zur Verfügung. „Ich bin aber nicht nur für die Location da“, betont Heller am Montagabend. Sie wolle die Gelegenheit genauso zum Netzwerken nutzen. Ihr Ziel ist es auch, mehr Frauen sichtbar zu machen. Denn: „Es fehlt an weiblichen Vorbildern.“

Nathalie Drmota würde bei der „Lachenden Kölnarena“ auch gerne mehr Frauen auf der Bühne sehen. Aber: „Es ist schwer. Wir tragen eine Verantwortung für die Künstler.“ Das Publikum sei kritischer als das bei der Mutter aller Castingshows – Linus‘ Talentprobe im Tanzbrunnen. Newcomerinnen mit wenig Bühnenerfahrung könnten es also schwer haben. Drmota, die gemeinsam mit Michael Burgmer im vergangenen Jahr das Ruder der „Lachenden Kölnarena“ übernommen hat, meint: „Frauen müssen auf der Bühne im Vergleich zu Männern das Doppelte leisten, um angenommen zu werden.“

Immerhin ist der doppelte Elferrat an Weiberfastnacht mittlerweile immer ausschließlich weiblich – „da habe ich mich sehr für eingesetzt.“ Und auch bei den weiteren Terminen sitzt immer wieder die eine oder andere Frau zwischen den Männern. Damals wäre das nicht gegangen: Da war im Vertrag noch eindeutig von Männern für den Elferrat die Rede.

Einen Elferrat stellen, das könnte die frisch gegründete KG Zunfttöchter Colonia von 2023 wohl noch nicht. Präsidentin Katja Leesemann und Schriftführerin Beate Leesemann sind noch im Aufbau, aber voller Tatendrang. Das wird deutlich, als sie am Montagabend von ihren Ideen sprechen. In der kommenden Session wollen sie dann richtig mit ihrer Damengesellschaft durchstarten. Mit der Hilfe der vielen Frauen von „Mädche vum Rhing – Der Stammtisch“.