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Kölner KarnevalPersiflagen, Wetter, Stimmung – So war der Rosenmontagszug 2025

Lesezeit 4 Minuten
Tanzgruppe im Rosenmontagszug

Bei bestem Wetter zog der Rosenmontagszug durch Köln.

Mehr als Zehntausend Jecke zogen am Montag durch die Stadt.

Bunt, politisch pointiert und fröhlich zog der Rosenmontagszug mit mehr als Zehntausend Teilnehmern durch die Stadt. Die Stimmung war unter den Jecken im Zoch wie am Zoch gleichermaßen ausgelassen, das Wetter hervorragend und Unterbrechungen gab es kaum. Lediglich der neue Wagen der Goldenen Jungs musste wegen Bremsproblemen aus dem Verkehr genommen werden. Das Vorhaben, dass der Prinz im Hellen das Ziel erreicht, konnte das Festkomitee trotz perfekter Voraussetzungen dank der langen Session auch in diesem Jahr nicht erreichen.

Wetter: „Ja wenn de Sonn schön schingk“

„Ja wenn de Sonn schön schingk“ – das Lied der Bläck Fööss ging in den vergangenen Jahren nicht immer in Erfüllung. Sturmwarnungen, Regen oder April-Wetter im Februar – kenne mer, ävver bruche mer nit. Umso schöner war dieser 3. März: Blauer Himmel und die ersten wirklich wärmenden Sonnenstrahlen des Jahres, da kaum ein Wind wehte. Bis zur Sonnenbrandgefahr war es da für manch empfindliche Jecke nicht mehr weit.

Persiflagen: „Love hurts“ in Kölns Straßen

Aus Scholz wird Schmerz: Trotz Zeitdrucks ist Zugleiter Marc Michelske mit seinem Kreativteam eine starke Persiflage zur Bundestagswahl gelungen. Dem Wagen ist am Montag nicht anzusehen, dass Michelske ihn mit den Kritzelköpp erst am Dienstag entwickelte, der Wagenbauer am Mittwoch mit den Arbeiten begann und am Sonntagabend noch gerade rechtzeitig fertig wurde. Nur wenige Stunden blieben, damit die Farbe trocknen konnte, bevor die Kanzler-Merz-Persiflage unter dem Motto „Love hurts“ durch Kölns Straßen zog.

Persiflage von Merz im Kölner Rosenmontagszug

Aus Scholz wird hier Schmerz: Die Kritzelköpp bedienen sich beim Wagen zur Bundestagswahl an Wortspielerei.

Auch der zweite Überraschungswagen enttäuscht nicht und zeigt, dass das Festkomitee auch Themen im Blick behält, die in den vergangenen Monaten etwas aus dem Fokus der Weltpolitik geraten sind. Mit perfidem Grinsen steht ein Taliban mit einem Pappschild („So schützen wir die Rechte unserer Frauen“) vor einem Gefängnis, in dem eine afghanische Frau hockt. Mit dem Titel „Alles nur weil ich dich liebe“ prangert der Wagen an, wie Frauen unter dem Vorwand der Liebe unterdrückt werden.

Der zweite Überraschungswagen im Rosenmontagszug thematisiert, wie die Taliban mit Frauen umgehen.

Der zweite Überraschungswagen im Rosenmontagszug thematisiert, wie die Taliban mit Frauen umgehen.

Das Wort „Liebe“ zieht sich getreu des Sessionsmottos durch alle Persiflagen. Bei einer hat das im Vorfeld für Diskussionen gesorgt, die über Kölns und sogar über Deutschlands Grenzen hinaus geführt wurden: Unter dem Titel „Jesus liebt dich“ thematisiert das Team des Kölner Rosenmontagszugs Missbrauch in der Kirche und dessen Aufarbeitung.

Wirbel um Wagen mit Beichtstuhl mit Aufschrift „Jesus liebt dich“

Der Wagen mit einem Beichtstuhl mit der Aufschrift „Jesus liebt dich“, aus dem heraus ein Priester mit ausgestrecktem Arm einen Messdiener zu sich lockt, wurde unter anderem vom Erzbistum Köln kritisiert. Die Begründung: Jesus werde durch die Art der Darstellung direkt mit dem Missbrauch in Verbindung gebracht.

Zugleiter Marc Michelske sagte vor dem Rosenmontagszug, er habe die Persiflage nach der Kritik noch einmal reflektiert – sei aber zu dem Schluss gekommen, dass er sie nach wie vor so genau richtig und nicht wie kritisiert missverständlich finde. Der Wagen ist wie geplant im Zug mitgefahren, das beweist Standfestigkeit.

Kölner Rosenmontagszug

Beste Stimmung bei den Zugteilnehmern.

Zugteilnehmer: Regelrechter Kamelle-Hagel

Trotz erhöhter Teilnahmegebühren laufen und fahren nicht weniger Jecken im Zoch mit. Und auch dem Kamelle-Schmeißverhalten tun teurere Gummibärchen und Schokolädcher keinen Abbruch. Nur an der Wurftechnik, da muss so mancher noch feilen. „Kamälläää“ – Dem Wunsch Hunterttausender Menschen entlang der Strecke kommen die Zugteilnehmer generös und sogar ungefragt nach. Zuweilen sieht man sich an seinem Standort einem regelrechten Kamelle-Hagel ausgesetzt.

Schmerzhaft wird es leider dann, wenn eckige Schachteln Schokolade unkontrolliert geradezu in die Massen gepfeffert werden. So kam es auch diesmal wieder bei einigen Zuschauern zu kleinen Schrammen oder gar blutenden Wunden am Kopf. Etwas mehr Besonnenheit oder Wurfmaterial ohne scharfe Kanten wären wünschenswert.

Tanzgruppen: „Marieche danz!“

„Marieche danz!“ Die Tanzgruppen sorgen im Zug für Staunen und Jubel. Wer einmal selbst die 7,5 Kilometer mitgelaufen ist, der weiß, dass das nicht ohne ist. Aber dabei noch Hebefiguren machen? Und trotzdem immer lächeln und winken? Das verdient Anerkennung.

Tribünen: Man hält einfach mal besser den Rand

Es ist sicher gut, auch Nicht-Kennern des Fasteleers die ein oder andere Besonderheit sowie Person zu erklären. Aber auf so mancher Tribüne mutierte der Moderator zum Selbstdarsteller. „Grüß Dich Alex“, muss man nicht durchs Mikrofon rufen. Oder jeden Bekannten oder Funktionär erklären. Wenn eines Tages noch die Tochter der Cousine des Schatzmeisters begrüßt wird, muss man sich nicht wundern, wenn nicht nur Pferde als Fluchttiere Reißaus nehmen wollen. Zum Fremdschämen auch: „Das ist ein Inklusions-Wagen, man sieht es.“ Man hält einfach mal besser den Rand. Andere Moderatoren wiederum verhielten sich vorbildlich, ließen die Musik leiser drehen, wenn sich Reiterkorps näherten oder gar ganz verstummen, wenn eine Musikgruppe aufspielen wollte.