Die Witze auf der Schnittchensitzung sind clever und sozialkritisch, von der KVB bis Trump kriegen alle ihr Fett weg.
Lesbisch-feministischer KarnevalKölner Schnittchensitzung überzeugt – Die Band enttäuscht
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Die Schnittchensitzung 2025 hat den Titel Witzewellen.
Copyright: Uwe Weiser
„Politisch, was sonst?!“ – Mit diesen Worten beginnt die Schnittchensitzung, und das knapp eine Woche vor der Bundestagswahl. Auf der feministisch-lesbischen Karnevalssitzung im Altenberger Hof in Nippes gilt dieses Jahr das Motto „Witzewellen“. Die Witze werden nicht nur auf Kosten der Kölner Verkehrsbetriebe und der Stadtverwaltung gerissen. Von Trump-Unterstützern, die sich wieder „richtig männlich“ fühlen wollen, bis zu Veganerinnen, die andere für ihren Lebensstil abwerten, kriegen alle ihr Fett weg.
Eine Enttäuschung sind an dem Abend leider die „Silberzwiebeln“, die Hausband der Schnittchen. Die Sängerinnen wirken steif, die Songauswahl ist irritierend. Das Publikum hat durchaus Lust, zwischen den Bühnenstücken zu feiern, doch die US-amerikanischen Radio-Hits dämpfen die Tanzlaune.
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Die Kölner Schnittchensitzung
Copyright: Uwe Weiser
Schnittchensitzung: von abwechslungsreich bis veraltet
Das Schnittchen-Ensemble inklusive Neuzugang Viktoria bietet dagegen eine abwechslungsreiche Show, spielt mit Klischees und seziert das aktuelle Zeitgeschehen humorvoll. Das klappt bei den „Heilsschnitten“ äußerst gut: Anfangs feiert das Publikum das schräge Duo, wird dann aber still, als eine fortschreitende Demenz den Gesang der beiden überschattet. Spaß und Ernst ergänzen sich hier hervorragend. Bei der „politischen Wetterkarte“ dagegen gibt es zwar viel zustimmenden Applaus, doch die Wortspiele sind alt, und es manifestiert sich bei den negativen Schlagzeilen aus aller Welt ein Gefühl der Ohnmacht.
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Die Nummern sind wie immer sozialkritisch und clever, einige Anspielungen aber schwer nachzuvollziehen. Im Gegensatz dazu begeistert das „Schoolrace“: simpel, voller Klischees und sehr effektiv. Drei Sportkommentatorinnen verfolgen ein spannendes Rennen: Welches Verkehrsmittel bringt sein Schulkind morgens zuverlässig zur Grundschule? Die KVB definitiv nicht, auch das Lastenrad und der SUV versagen kurz vor ihrem Ziel – bloß das zu Fuß gehende Kind sitzt pünktlich zu Schulbeginn in der Klasse.
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Die Schnittchensitzung 2025 hat den Titel Witzewellen.
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Köllywood bei der Schnittchensitzung
Bei all den Seitenhieben gilt es jedoch, respektvoll miteinander umzugehen, denn das wichtigste Gebot der Bibel ist ja bekanntlich: „Jede Jeck es anders!“ Dieses kölsche Motto wird bei der letzten Nummer des Abends besonders betont. In „Köllywood“ wird im Bollywood-Style eine lesbische Liebesgeschichte erzählt. Obwohl die Witze auf Kosten der indischen Kultur anfangs ein ungutes Gefühl erzeugen, wird das Stück zum Highlight. Denn auch in Köln scheint es ein Kastensystem zu geben: die kölschen Veedel, die bildlich für unseren sozialen „Bubbles“ stehen.
Eindringlich wird diese Spaltung der Gesellschaft dargestellt; es scheint nur noch zwei sich abstoßende Pole zu geben. Das Liebespaar darf in diesem Dualismus nicht zusammen sein, doch sie können auch nicht gemeinsam in den Selbstmord springen, denn alle Kölner Brücken sind kaputt. Diese symbolischen Brücken muss die Gesellschaft gemeinsam wieder aufbauen. Die Musik wird schließlich leise, ein regenbogenfarbenes Peace-Zeichen leuchtet über der Bühne, ein echter Gänsehautmoment zum Ende des Abends.
Alle Termine der alternativen Karnevalssitzung sind ausverkauft. Interessierte können sich bei den Veranstaltern melden und auf eine Warteliste setzen lassen.