Karnevals-UrgesteinKölner Motto-Queen Marie-Luise Nikuta feiert 80. Geburtstag
Köln – Der runde Geburtstag ist gleichzeitig ein goldenes Jubiläum: Seit 50 Jahren steht Marie-Luise Nikuta, die an diesem Mittwoch ihren 80. Geburtstag feiert, auf der Bühne – inzwischen allerdings nur noch selten. Im kölschen Fastelovend gehörte die Sängerin mit den granat-rot gefärbten Haaren jahrzehntelang fest zum Inventar. Sie war aber auch schon bei der Steuben-Parade in New York und beim Karneval in Namibia im Einsatz. Sie ist Ehrenmitglied im Klub Kölner Karnevalisten und Ehrensenatorin in vielen Karnevalsgesellschaften. Rund 5000 Orden sowie Dutzende Mützen und Auszeichnungen hat sie im Verlauf ihrer Karriere gesammelt und die meisten davon zugunsten wohltätiger Zwecke wieder abgegeben.
Inzwischen lebt sie in der Senioren-Residenz am Dom. „Ich fühle mich wohl, aber es ist halt nicht wie zu Hause. Man muss Abstriche machen.“ Und was ist mit den Reibekuchen, die sie früher stets zur Präsentation ihre Mottolieder der Journalistenschar servierte? „Rievkooche gibt es hier immer donnerstags. Aber die schmecken nicht.“ Gesundheitlich gehe es ihr ganz gut, versicherte sie, „Nur meine Augen sind schlechter geworden. Und ein paar Allergien sind hinzugekommen – gegen alles Mögliche.“ Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ wirkt sich gelassen und entspannt, ganz wie eine elegante ältere Dame.
Sie empfängt regelmäßig Besuch, von Tochter Andrea Nikuta-Merloo (50) und Enkelin Noelle Merloo (19) – die hat gerade Abitur gemacht und will für einige Zeit nach Australien gehen – sowie von einigen Karnevalskollegen und regelmäßig auch von einer alten Schulfreundin. Mit Helene Hengelhaupt ist sie vor 70 Jahren in die Sexta des Königin-Luise-Gymnasiums eingeschult worden. Dann sitzt man im Garten und beobachtet die Fische im Teich („Einige hat der Reiher geholt. Das habe ich beobachtet“) oder auf dem türkisfarbenen Sofa in ihrem Wohnzimmer, plaudert über den Karneval und schwelgt in Erinnerungen.
„An Karneval trete ich hier in der Residenz auf. Weiberfastnacht ist das hier ganz nett. Ich habe ja noch alle Texte im Kopf.“ Es gebe auch einige Anfragen für weitere Auftritte. „Aber ob ich die annehme, entscheide ich alleine. Das hängt auch davon ab, wie ich mich fühle.“
Seit ihrem ersten Vorsingen 1968 beim Literarischen Komitee – in den Anfangsjahre trat sie im Köbes-Outfit mit Kölsch-Kranz in der Hand auf – hat Nikuta rund 175 Karnevalslieder getextet, komponiert und gesungen, darunter 42 Titel zum jeweiligen Sessionsmotto. Das zum kommenden Motto „Uns Sproch es Heimat“ wird der Shanty-Chor der Stattgarde singen.
„Als Frau hatte man es deutlich schwerer, sich bei den Karnevalsgesellschaften oder auch bei Rundfunk und Fernsehen durchzusetzen, als meine männlichen Kollegen“, erinnert sie sich. „Beim WDR kriegte ich mal mit wie es hieß: »Da ist wieder so eine doofe Hausfrau, die singen will.« Denen hab ich’s aber gezeigt.“
Nikuta ist bis heute die einzige Frau, die mit der Willi-Ostermann-Medaille ausgezeichnet wurde – für ihr musikalisches Schaffen. „Das war bei der Prinzenproklamation 1973 und ist rückblickend für mich einer der großen Höhepunkte. Der damalige Festkomitee-Präsident Ferdi Leisten wollte, das ich im langen Abendkleid aufmarschierte, da habe ich mich aber geweigert. Das passte nicht zu mir.“ Weitere Höhepunkte waren für sie die Reisen nach Namibia. „Da haben wir nicht nur im Sommer Fastelovend gefeiert. So jeck im Sunnesching mit Sitzung, Zoch und allem, sonder ich habe jede Gelegenheit genutzt, um Land und Leute kennen zu lernen. Ich bin auch in ein kleines Flugzeug eingestiegen um über der Wüste zu kreisen und Tiere zu beobachten. Angst hatte ich nie.“
Inzwischen ist Nikuta auf der Zielgerade ihres Lebens und ihrer Karriere angekommen, auf die sie gerne zurückblickt. „Die Bühne hat mir immer Spaß gemacht. Singen und Komponieren war und ist nun mal mein Talent.“ Und dann fallen ihr Lieder und die zugehörigen Geschichten ein, denn „fast jedes Lied erzählt ein bisschen aus dem Leben.“ Als Tochter Andrea noch klein war und wieder mal ständig gequengelt hat, ein Eis zu bekommen, hatte die Mama prompt das Lied „E paar Jrosche für Ies“ geschrieben. Für Ehemann Willi Nikuta, mit dem sie 48 Jahre verheiratet war, komponierte sie „Ich han ’ne Jung us Kölle“ und als sie beide sich mal nach einem gemütlichen Abend und leicht angetrunken auf den Heimweg machten, entstand die Idee zu „Weißte wat, mer fahre met d’r Stroßebahn noh Hus“.