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Veedelzüge 2016Das waren die Karnevalszüge im Kölner Süden

Lesezeit 8 Minuten

Der Südstadtzug.

Wandelnde Handys in der Südstadt

Dass der „Safer Internet Day“ in diesem Jahr auf den Karnevalsdienstag gefallen ist, haben wahrscheinlich viele nicht mitbekommen. Doch die Pänz, Eltern und Lehrer von der KGS Mainzer Straße haben das Thema Sicherheit für Kinder im Internet kurzerhand zu ihrem Motto im Südstadtzug erkoren.

„Das passt doch gut“, sagte Jan Grubenbecher, einer der organisierenden Väter. Smileys, Monitore, Tastaturen, Kabel, Handys und die Logos bekannter Web-Dienste – allerhand hatten sich die Eltern und Schüler einfallen lassen.

Die Organisatoren des Zugs freuten sich über rund 2500 Mitwirkende und eine recht konstante Beteiligung. Zu den festen Größen zählen etwa Klaus der Geiger, der mit den Pänz der GGS Zwirnerstraße aufspielte, die Hedonisten von der KG Ponyhof, Köbes Underground, viele Stammtische, die Kinder vom Bauspielplatz, Comedia- und Metropol-Theater sowie die Ortsvereine der Parteien. (phh)

Zollstock feiert mit den Nachbarn von nah und fern

Selbst bei schlechtestem Wetter wächst die Zahl der Mitwirkenden am Zollstocker Dienstagszug: 900 Jecken liefen gestern über den Höninger Weg. Schüler und Lehrer von allen Schulen aus dem Veedel, Kindergartenkinder, Sportler der Fortuna und der Arminia Zollstock, die Musiker der Domstürmer, viele Karnevalsgruppen, Spielmannszüge und die Hellige Pänz – sie alle verteilten Kamelle und Strüssjer im Dauerregen.

Mit der Kita Mare aus Raderthal nahm eine Gruppe aus dem benachbarten Viertel teil. Von noch weiter weg kamen die Musiker einer niederländischen Brass-Band.

Als nerdige Bücherwürmer hatten sich die Kinder der Sankt-Nikolaus-Schule verkleidet. Dank einer Großspende der Kölner Bank können sie seit vergangenem Herbst ihre renovierte und neu ausgestattete Schulbibliothek nutzen. „Das wird angenommen wie verrückt“, sagte Pädagoge Christian Bernsmann. Die Eltern helfen mit bei der Organisation der Ausleihen. Auch die Zugteilnahme wäre ohne sie nicht denkbar. Alfred Weber, Rektor der Schule, nahm zum letzten Mal teil. Er geht im Sommer in den Ruhestand. (phh)

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Die Zöch in Rondorf und Godorf.

Lobpreis der Farbe Grün in Rondorf

Die Besucher und die Teilnehmer des Rondorfer Veedelszugs verstehen sich: „Grün ist doch eine schöne Farbe“, sagt der Frosch am Wegesrand und strahlt die Sambagruppe der Gemeinde Heilige Drei Könige an. „Ja, und gelb auch“, so die Antwort einer der Trommlerinnen.

In den brasilianischen Nationalfarben führt die Gruppe seit zwei Jahren den Zug an. Somit ist ihr Auftritt Tradition – wie der vieler anderer Gruppen auch. Seit 50 Jahren ist Claudia Fahnenbruck beim Zug dabei. Zum 30. Mal geht Mathilde Dreier beim Zug mit. Die beiden Löstigen Wiever sehen wie der Rest ihrer Truppe jedes Jahr anders aus. Dieses Mal tragen sie einen Dom auf dem Kopf – als weite Auslegung des Karnevalsmottos. Wiedererkennen kann man die Frauen an der Gruppe, der sie wie immer auf dem Fuße folgen: Es sind die Löstigen Öhs, zu denen ihre Männer gehören, und die ihnen wie immer als Rinderherde voranschreiten.

Die Verhältnisse unter den Karnevalisten im Kölner Süden sollten Zugbesucher kennen, dann wissen sie auch, wo es warme Suppe gibt: „Immer dabei“ heißt die Fußgruppe, die immer als Köche mit riesigen Kochmützen auftritt und immer Erbsensuppe verteilt. Bei den „Schwarze Köpp Fastelovend Club“ mit den kohlrabenschwarzen Gesichtern, Afrolocken und Baströckchen um die Hüften, gibt es traditionell Vitamine in Form von Bananen und bei den Posträubern, den Mitgliedern eines Stammtischs der Gaststätte Zur alten Post, ein paar Rosen – und jede Menge Bützje.

Selbst die Spielmannsgruppen aus Bayern, Hamburg und der Schweiz sind jedes Jahr wieder dabei. Warum? „Ja, warum wohl?“, lautet die Gegenfrage einer der Musikantinnen der Gruppe Turtalia Guggenmusik aus dem schweizerischen Turbenthal: „Weil der kölsche Karneval der beste ist.“ Deswegen sind die Schweizer auch gleich bei mehreren Veedelszügen unterwegs. (se)

Nach 48 Jahren hat’s in Godorf geklappt

Einmal Rosenmontag Geburtstag zu haben, das wünschte sich Frank Schneider schon lange. 48 Jahre hat er gewartet. Dann hat es geklappt: Das Geburtstagskind war beim Godorfer Veedelszug mit einem besonders glücklichen Strahlen im Gesicht dabei – und im Arztkittel, wie seine Freunde von der Gruppe „HIV“.

Der Name habe nichts mit der Virusinfektion zu tun. „Wir denken uns jedes Jahr eine neue Kostümierung zu den drei Buchstaben aus“, erzählte Schneider. Zu „Hann ich verpennt“ waren sie im Pyjama unterwegs. Zu „Hann ich verknackt“ trugen sie Sträflingskleidung. Dieses Jahr war es „Hann ich verarztet“.

Auf seinem gemütlichen Wagenplatz thronte der 15 Monate alte Leo, jüngstes Mitglied der Familiengruppe Scheng & Co. Eine alte Trommel hatten die Gruppenmitglieder für ihn zum Sitz umgebaut. Immer wieder geriet der kleine Zug ins Stocken. „Wir sagen, das ist unsere Standuhr, weil der immer wieder stehen bleibt“, sagte Zugbesucher Karl-Heinz Engels, „Aber er ist trotzdem toll. Das beste ist aber die Party danach. In der Garage meiner Schwägerin.“ (se)

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Die integrierende Kraft des Fastelovends in Weiß.

Die integrierende Kraft des Fastelovends in Weiß

Veedelszoch ist, wenn die Kapelle auf dem Zugweg anhält, und einer Zuschauerin ein Geburtstagsständchen bringt. So geschehen am Samstag beim Zug in Weiß. Unter den 35 Gruppen in der 54. Ausgabe des Zugs waren viele befreundete Vereine, Karnevalisten und Musiker von außerhalb. Das Blasorchester Sankt Cäcilia aus Mutscheid wurden von vier jungen Männern aus Syrien unter anderem an der Decken Trum unterstützt. Sie leben seit wenigen Wochen in einer Unterkunft in dem kleinen Ort bei Bad Münstereifel und haben sich musikalisch offenbar gut integriert. „Das klappt wunderbar“, sagt Christian Lethert vom Orchester. Die Musikanten bildeten gemeinsam mit den rund 100 Bewohnern der Weißer Lebenshilfe-Einrichtungen für Menschen mit Behinderung die Spitze des Zuges. „Die meisten unserer Bewohner gehen mit“, sagte Betreuer Dominik Jetsch. Eine eigene Karnevalssitzung, viele Ausflüge während der jecken Tage und die Party im Anschluss an den Veedelszug gehörten wie in jedem Jahr ebenso zum Programm. Zwischen den Schülern, den vielen mehr und weniger organisierten Jecken marschierten viele Musikgruppen: Fast ein Drittel des Zuges bestand aus Musikgruppen, darunter Schweizer Guggenmusiker, Sambaformationen und mehrere Spielmannszüge. (phh)

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Maikönigin statt Dreigestirn in Sürth

Maikönigin statt Dreigestirn in Sürth

Zauberer und Perser – die Sürther brauchen für diese exotischen Kombinationen keine Verkleidungen. Helmut Kauz und seine Frau Doris sind tatsächlich Zauberer und im Dorf bekannt. In ihre Fußgruppe beim Veedelszug haben sie drei Iraner aufgenommen, die als Flüchtlinge von der evangelischen Gemeinde aufgenommen wurden. „Wir haben so etwas im Iran nicht“, sagt Fatime Abolghasmi. Die 30 Jahre alte Christin genießt mit zwei Freunden die fröhliche Stimmung.International ging es auch bei den Gruppen des Vereins „miteinander leben“ zu. „Grenzenlos miteinander leben“ so ihr Motto. Der Verein hat die Inklusion von Menschen mit Behinderung zum Ziel. Bewohner aus den Wohngruppen, Besucher aus dem Jugendhaus und der Vorstand präsentierten ihre jeweils eigenen Umsetzungen. Erdkugeln auf dem Kopf, Orangen als Wurfmaterial, Freiheit über den Wolken und Fahnen aus aller Herren Länder waren zu bestaunen. „Wir wollen unseren Blick nicht auf Sürth beschränken“, sagte Geschäftsführer Bernd Schneider.Als letzte der 24 Gruppen zogen die Vertreter der Dorfgemeinschaft durch Sürth. Statt Dreigestirn bildeten sie mit der Maikönigin Larissa Pistono den Abschluss. Die spürte auch prompt „ein bisschen mehr Verantwortung“, gab sie lachend zu. (phh)

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Mit Volldampf durch Meschernich.

Karnevalisten zogen mit Volldampf durch Meschenich

„Meschendorf und Immenich“ – die Grundschule an der Kettelerstraße griff im Meschenicher Zug ein Thema auf, dass die Eltern, Lehrer und Schüler schwer beschäftigt hat. Die Schule in Immendorf wird seit kurzem von den Meschenichern verwaltet und ist nicht mehr eigenständig. „Mer koche jet zesamme. Mit Volldampf“, so das Motto, das die beiden Väter Benedict Kalka und André Pütz mit ihrem Wagen versinnbildlicht haben. Auf dem Dach dampft ein Kochtopf. Die Schüler tragen Schürzen, die mit Gemüse aus Papier beklebt sind. „Wir kennen uns gar nicht“, sagt Kalka. Sie wünschen sich, dass Schüler, Eltern, OGS und Kollegium rasch zu einer Schulgemeinde zusammenwachsen. Bevor es los ging, schrieben die Kinder noch ihre Namen auf eine Tafel.Bisher beehrte das Dreigestirn aus Rodenkirchen die Meschenicher mit ihrer Teilnahme. Bekanntermaßen fand sich in diesem Jahr aber kein Trifolium. Für die Damen der Löstige Kraade kein Grund auf die Würdenträger zu verzichten: Schon zur Sessionseröffnung präsentierten sie Prinz Erika, Bauer Angela und Jungfrau Petra. In vollem Ornat ließen sie auch im Zug keinen Zweifel daran, dass sie der Würde ihrer Ämter gerecht werden. „Das ist alles andere als ein Notnagel“, sagte Karin Fröhlich vom Vorstand. (phh)

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: In Raderthal schälten die Tollitäten Kartoffeln.

Vor dem Zug in Raderthal Kartoffeln schälen

Sie haben nun wirklich alles auf den Kopf gestellt: Die Tollitäten der Schulze-Delitzsch-Straße sind nicht nur weiblich – sie haben obendrein die Charakterisierungen untereinander vertauscht. Jungfrau Susanne (Fahl) lässt sich als Ihre Deftigkeit, Prinz Ulrike (Horstmann) als Ihre Lieblichkeit und Bauer Doris (Mateika) als Ihre Herrlichkeit bezeichnen. Mit vielen weiteren Anwohnern zusammen hatten die Würdenträger zuvor die Straße dekoriert und zahllose Kartoffeln für die Verköstigung geschält. Nicht spurlos sei diese Anstrengung der letzte Tage an der Nachbarschaft vorbeigegangen. „Wir sagen aber jedes Mal im Anschluss, dass wir das im nächsten Jahr wieder machen wollen“, so Jungfrau Susanne. Der Umzug durch ihre Straße am Samstag zog viele Besucher aus der ganzen Stadt an. Um ausreichend Unterhaltung zu bieten, paradierten die Gruppen gleich zweimal an ihnen vorbei. Sie machten dafür am Ende der Straße kehrt und liefen zum Ausgangspunkt zurück. Eingerahmt wurde der Zug wie in jedem Jahr durch ein Straßenfest mit Live-Musik. Die Organisation stemmen die Anwohner seit sechs Jahren selber. Manfred Linke, einer der Veranstalter, ist sich sicher, dass man gemeinsam den Karnevalszug in der Schulze-Delitzsch-Straße nun auf Dauer etabliert habe. (phh)