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„Besonders schwere Fälle“Wie Kölner Karstadt-Detektive selbst zu Kriminellen wurden

Lesezeit 3 Minuten

Ein Ladendetektiv sitzt vor Überwachungsmonitoren.

  1. Sechs Detektive sollen voriges Jahr über Monate hinweg Kunden, die sie beim Stehlen erwischt haben, nicht bei der Polizei angezeigt haben.
  2. Nach bisherigen Recherchen der Polizei sollen zwischen März und November 2018 etwa 40 Ladendiebe darauf eingegangen sein und gezahlt haben.
  3. Was den Beschuldigten im Fall einer Verurteilung droht – und wie der Stand der Ermittlungen ist.

Köln-Innenstadt – Fast eineinhalb Milliarden Euro geben die deutschen Einzelhändler jedes Jahr für Sicherheitsmaßnahmen aus, um ihre Waren gegen Diebstahl zu schützen. Im Fall Karstadt war es eine trügerische Sicherheit, sollte sich bestätigen, was Polizei und Staatsanwaltschaft vermuten.

Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ jetzt erfuhr, ermittelt die Polizei bereits seit seinem Jahr gegen Ladendetektive, die in dem Warenhaus an der Breite Straße beschäftigt gewesen sein sollen. Der Verdacht: Sie sollen Ladendiebe erpresst haben. Die Staatsanwaltschaft spricht von „besonders schweren Fällen“. Bei einer Verurteilung droht den Beschuldigten mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe.

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Sechs Detektive sollen voriges Jahr über Monate hinweg Kunden, die sie beim Stehlen erwischt haben, nicht bei der Polizei angezeigt haben. Im Gegenzug sollen sie Geld von den Dieben verlangt haben. Nach bisherigen Recherchen der Polizei sollen zwischen März und November 2018 etwa 40 Ladendiebe darauf eingegangen sein und gezahlt haben. Eine Polizeisprecherin bestätigte auf Anfrage einen Gesamtschaden von „circa 17 000 Euro“ in den neun Monaten. Das hieße, die Verdächtigen hätten im Durchschnitt rund 425 Euro von jedem Dieb kassiert. „Wir müssen allerdings auch von einer gewissen Dunkelziffer ausgehen“, sagte eine Polizeisprecherin.

Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat Karstadt am Donnerstag keine Stellungnahme abgegeben. Wie es heißt, soll das Unternehmen die mutmaßlichen Straftaten selbst aufgedeckt und der Polizei gemeldet haben. Die begann daraufhin mit ihren Ermittlungen.

22 Diebstähle täglich

Pro Tag sind in Köln voriges Jahr im Durchschnitt fast 22 Ladendiebstähle angezeigt worden, insgesamt 7923 im gesamten Jahr. Das geht aus der polizeilichen Kriminalstatistik hervor. Im Vergleich zu 2017 ist die Zahl um mehr als zehn Prozent gesunken – ein bundesweiter Trend. Einer Studie des EHI Retail Institute zufolge hat sich die Zahl der Ladendiebstähle von 1997 bis heute nahezu halbiert. Der Einzelhandel investiert zunehmend in Sicherheitsmaßnahmen.

Trotz sinkender Fallzahlen steigt die Schadenssumme: 2018 betrug sie bundesweit 4,3 Milliarden Euro – fünf Prozent mehr als 2017. Statistisch gesehen, so die Studie, entfalle auf jeden Haushalt in Deutschland jährlich ein Warenwert von 60 Euro, der nicht bezahlt werde. (ts)

Zentrale Beweisstücke dürften Anzeigenformulare sein, die die Detektive zwar nach den Diebstählen samt Personalien der ertappten Täter ausgefüllt, aber eben nicht an die Polizei weitergeleitet hätten. Stattdessen sollen sie die Unterlagen in Büroräumen verwahrt haben. Die Diebe – unter ihnen angeblich Touristen, Studenten und Flüchtlinge – durften das Kaufhaus demnach offenbar unbehelligt von der Polizei wieder verlassen.

In manchen Fällen, so heißt es, sollen die Detektive nicht oder nicht nur Bargeld angenommen, sondern auch die Beute behalten haben, nachdem die Diebe sie nachträglich an der Kasse bezahlt hatten. Die Polizei wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern. Nur so viel sagte die Sprecherin: „Wie das alles genau abgelaufen ist, steht noch nicht fest.“

Bargeld und Beute behalten

Anhand der Anzeigenformulare, die die Detektive ausgefüllt haben, können die Ermittler aber nun viele Einzelfälle nachvollziehen. „Das ist ein immenser Aufwand“, berichtet ein Beamter. Denn nicht nur die Beschuldigten wurden vernommen, auch die mutmaßlichen Diebe wurden befragt – zum Einen als Zeugen, zum Anderen müssen die Betreffenden nachträglich noch mit Strafverfahren wegen Ladendiebstahls rechnen.

Einige Vernehmungen stünden noch aus, berichtete die Polizeisprecherin. Wann die Ermittlungen abgeschlossen werden könnten, sei noch nicht vorhersehbar. Seit Monaten arbeitet eine eigens gegründete Ermittlungsgruppe des Kriminalkommissariats 13 an dem Fall.

Besonders schwer wiegt nach der derzeitigen Einschätzung der Staatsanwaltschaft, dass die Beschuldigten die angeblichen Taten gewerbsmäßig und als Mitglieder einer Bande begangen haben sollen. Sollte sich dieser Verdacht der Ermittler bewahrheiten, wird das vor Gericht härter bestraft, als wenn es sich beispielsweise um Einzelfälle und einzelne Tätern handelte.