Keine Rücktritte, keine EntschuldigungOffene Schuldfrage beim Fiasko der Kölner Oper
- Die Opernbaustelle läuft seit dem Jahr 2014 aus dem Ruder.
- Rücktritte hat es im Zusammenhang mit der Kostenexplosion und den Verschiebungen der Eröffnung nicht gegeben.
- Nun soll der Bau Ende 2022 fertig gestellt werden.
Was war die Ausgangssituation?
Nachdem die Stadt im Jahr 2004 feststellte, dass sich die 1957 eröffnete Oper und das 1962 eröffnete Schauspielhaus am Offenbachplatz in einem schlechten Zustand befanden, begann eine Diskussion darüber, ob die Gebäude saniert oder abgerissen und neu gebaut werden sollten. Am Ende stand die Entscheidung, die Oper zu sanieren und das Schauspielhaus zugunsten eines Neubaus abzubrechen. Das Kölner Büro JSWD und die Pariser Kollegen von Chaix & Morel gewannen 2010 mit ihrem Entwurf einen Architektenwettbewerb.
Warum kam es anders?
Das Bürgerbewegung „Mut zur Kultur“, zu deren Initiatoren Architekten und Künstler gehörten, setzte sich erfolgreich gegen den Abriss des Schauspielhauses und für eine Sanierung ein. Die damalige Schauspielintendantin Karin Beier wandte sich ebenfalls gegen den Neubau. 50 000 Unterschriften für einen Bürgerentscheid zugunsten einer Sanierung waren bereits gesammelt. Der Stadtrat beschloss daraufhin im Oktober 2010 die Sanierung.
Wer hat die Sanierung geplant?
Der damalige Baudezernent Bernd Streitberger und der damalige Kulturdezernent Georg Quander planten die Organisation der Großbaustelle. Dazu gehörte es unter anderem, einen externen Projektsteuerer – das Büro DU Diederichs – hinzuziehen. In einem Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sprach Streitberger von einer „exzellenten Projektsteuerung, zu der auch ein sauberes Kosten-Controlling“ gehöre. Er versicherte zudem, dass eine „zweite Elbphilharmonie“ wie in Hamburg – bei der die Baukosten aus dem Ruder liefen – nicht zu befürchten sei. Das Projekt in Köln sei deutlich besser aufgestellt, weil vor dem Baubeginn geplant werde. Die Sanierung startete schließlich im Herbst 2012.
Ab wann lief das Projekt aus dem Ruder?
Im Verlaufe des Jahres 2014 meldeten die für das Projekt Verantwortlichen erstmals Schwierigkeiten. Daraufhin startete die Stadt eine Beschleunigung, um den Termin doch noch halten zu können. Die Baufirmen erhielten den Auftrag, deutlich mehr Personal als bislang auf die Großbaustelle zu schicken. Im September 2014 wurde der November 2015 als Monat der Wiedereröffnung offiziell bekannt gegeben.
Das könnte Sie auch interessieren:
Wann wurde das Fiasko öffentlich?
Bei einer denkwürdigen Pressekonferenz am 23. Juli 2015 räumten Vertreter der Stadt ein, dass die für den 7. November des gleichen Jahres geplante feierliche Eröffnung (deren Programm bereits feststand) verschoben werden müsse. Zuvor hatten Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ergeben, dass es erhebliche Probleme im Bauablauf gebe. Nach einer umfangreichen Anfrage dieser Zeitung lud die Stadt kurzfristig zu der Pressekonferenz ein. Damals hieß es allerdings noch, dass sich die Eröffnung lediglich um ein Jahr verzögere.
Wer trägt die Verantwortung?
„Der Nubbel war schuld“, kommentierte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Tag nach der Pressekonferenz. Bis heute ist es dabei geblieben. Bauherr der Oper waren und sind die Bühnen der Stadt Köln, ein städtisches Tochterunternehmen. Doch die drei damaligen Geschäftsführer (Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach, Baudezernent Franz-Josef Höing und der Kaufmännische Geschäftsführer Patrick Wasserbauer) wiesen jegliche Verantwortung von sich. Laugwitz-Aulbach prägte gar den inzwischen legendären Begriff vom „Oberverantwortungshut“, den sie auf keinen Fall aufhabe.
Gab es Rücktritte?
Nein. Baudezernent Franz-Josef Höing wechselte 2017 nach Hamburg, die anderen beiden sind noch im Amt.
Welche Konsequenzen wurden denn überhaupt gezogen?
Die Bühnen kündigten im April 2015 den Vertrag mit dem externen Projektsteuerer DU Diederichs. Beide Seiten vereinbarten zu den Gründen Stillschweigen. Die Nachfolge übernahm die Kölner Zarinfar GmbH, bis dahin als Subunternehmer für DU Diederichs am Projekt beteiligt.
Warum wurde die Eröffnung immer weiter verschoben?
Die Hoffnung auf eine Verzögerung um lediglich ein Jahr zerschlugen sich schnell. Mehrfach musste die Stadt neue Termine nennen. Bis Dienstag hieß es offiziell, der Bau werde Ende 2022 eröffnet.
Seit wann ruhen die Arbeiten?
Die Bauarbeiten an der Haustechnik, die die größten Probleme auf der Baustelle verursachte, ruhen seit Juli 2015. In anderen Bereichen wurde weiter gearbeitet – etwa an den Außenanlagen, der Fassade und der Bühnentechnik.
Ist denn schon etwas fertig?
Die Bühnentechnik steht kurz vor der Abnahme und muss bereits jetzt regelmäßig genutzt werden, damit die Hydraulik nicht zerstört wird. Die Gewährleistung für die Bühnentechnik wird bis zur Wiedereröffnung wohl bereits erloschen sein. Das Kleine Haus in den ehemaligen Opernterrassen ist bereits provisorisch in Betrieb gegangen.
Wo sind Oper und Schauspiel untergekommen?
Die Oper hat das Deutzer Staatenhaus übergangsweise als Ausweichspielstätte bezogen. So konnte das Gebäude nicht zum Musicaltheater umgebaut werden, weshalb das blaue Zelt auf dem Breslauer Platz weiterhin diesen Zweck erfüllen muss. Das Schauspiel nutzt das Depot 1 und 2 auf dem Carlswerk-Gelände in Mülheim. Die Ausweichspielstätten kosten für den Zeitraum zwischen 2010 und 2022 insgesamt 113,5 Millionen Euro.