Klangprobe: 5vor12Wert jahrelanger Arbeit anerkennen

Edin Colic, Michi Lösch, Sven Caßebaum und Tobi Meißner (v.l.) sind die Band 5vor12.
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Köln – Crowdfunding ist in. Immer mehr Bands lassen sich ihr Album und die Werbung dafür von Fans, von der Crowd (zu deutsch: Menschenmenge) finanzieren. Das tun nicht etwa nur kleine, unbekannte Formationen. Die Hip-Hop-Ikonen Public Enemy etwa nutzten Anfang 2010 die Musiker-Plattform SellaBand, um eine Crowdfunding-Aktion zu machen und Geld für Albumaufnahmen zu sammeln.
Auch die Formation 5vor12 hat – auf dem Portal Startnext – eine Aktion dieser Art gestartet. Ihre kommende Scheibe „Pophertz“ ist zwar bereits fertig, was indes fehlt, ist Geld, um die Promotion anzuheizen und die Songs auf CD zu brennen. Dafür bittet nun das „Popkollektiv“ Freunde hochmelodischen Indie-Rocks zur Kasse: „Wir haben uns Pop auf die Fahne geschrieben, das ist das Element, das sich durch all unsere Songs zieht“, sagt Sven Caßebaum, Sänger und Gitarrist des 1998 gegründeten Quartetts.
Bei den Aufnahmen der Scheibe saß er selbst an den Reglern. „Wenn man Leute nicht einkaufen kann“, so Caßebaum, „muss man es selbst machen.“ Die Idee des Independent lebt die Band – was sie selbst erledigen kann, erledigt sie auch selbst. Für manche Vorhaben braucht man allerdings Geld. „Werbung ist käuflich, dafür brauchen wir ein Budget“, sagt Caßebaum. „Und es ist uns sehr wichtig, die Platte nicht nur als Download anzubieten, sondern auf CD herauszubringen.“
Das Ritual rund um einen Plattenkauf will der Musiker nicht missen: „In einen Laden zu gehen, eine Scheibe zu erstehen und zu Hause, wenn sie läuft, das Booklet durchzublättern, ist etwas ganz Besonderes.“ Musik habe durch Entwicklungen, an denen die Plattenindustrie durchaus mitschuldig sei, schon genug an Wert verloren, findet der Frontmann. „Da werden auf Partys Songs gespielt, die in schlechter Qualität aus dem Netz geladen wurden, das ist unerträglich. In den Songs steckt zum Teil jahrelange Arbeit, und dann werden sie einfach wegkonsumiert.“
Jene Musikhörer, die ihr eigenes Geld in die Herstellung einer Platte investieren, schätzen wohl den Wert dieser Arbeit. Und 5vor12 honorieren die Wertschätzung mit „Dankeschöns“ an Förderer: Wer die Band mit 20 Euro unterstützt, bekommt das Album frei Haus geschickt. Wer 50 Euro gibt, erhält das Album von der Band persönlich überreicht, nebst Ständchen.
Vielleicht singen 5vor12 dann ja den Song „Fotos“: Eine treibende, knackig rockende Nummer mit tief polterndem Schlagzeug, schillernden Gitarren und hymnischem Gesang. Wenn der als Single ausgekoppelte Song stellvertretend für das Album ist, dann kommt Großes auf Freunde zügelloser und vor allem melodieverliebter Gitarrenmusik zu. Die Arrangements versprechen einiges: „Es war mir ein Anliegen, jene Stücke, die ich besonders schätze, groß zu gestalten, etwa mit echten Streichern, mit echten Bläsern“, so Caßebaum, der auf „Pophertz“ alle Lieder im Alleingang geschrieben hat. Ein Thema sei „Wir gegen den Rest der Welt. Ich denke, man muss sich jeden Tag neu motivieren und dabei kann die Platte helfen, denn sie ist sehr motivierend.“
Wenn der Frontmann mal „schlecht drauf“ ist, lässt er sich von Bruce Springsteen aufmuntern – den liebt er. Aber auch die amerikanische Punkrock-Combo Bad Religion, die Alternative-Rocker Foo Fighters sowie die Musiker Billy Joel, Frank Sinatra und Elvis Presley schätzt er sehr.
Seine Texte, so Caßebaum, transportierten ein „lebensbejahendes Gefühl“. Aber auch kritische Töne klingen an. In „Fotos“ etwa heißt es: „Es wird niemand erfahren, wer sie wirklich ist und was sie wirklich fühlt, was sie verbirgt in sich.“ Caßebaum: „Die Fotos, die Leute von sich in sozialen Netzwerken posten, haben nicht immer etwas mit der Realität gemein. Man merkt, dass sich einige hinter einer Fassade verstecken.“ Bei 5vor12 gibt es keine Fassade: Ihre Musik ist geradeaus, schnörkellos und ungeschminkt.