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Gerichtsprozess in KölnArzt als Kinderschänder verleumdet – Strafe deutlich reduziert

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landgericht

Das Kölner Justizgebäude an der Luxemburger Straße.

Köln – Im Prozess gegen einen 38-jährigen Mann, der einen Kölner Arzt als Kinderschänder in Verruf gebracht hatte, hat das Landgericht am Dienstag das Urteil verkündet. Wegen falscher Verdächtigung, Freiheitsberaubung und zweifacher Verleumdung wurde er von der 10. Großen Strafkammer zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Zu den Vorwürfen hatte der Angeklagte geschwiegen, doch es stand ohnehin fest, dass er die Taten begangen hat. In der Verhandlung in erster Instanz im Mai 2020 hatte er ein Geständnis abgelegt, allerdings kein Motiv genannt.

Damals verurteilte ihn das Amtsgericht zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe. Die hielt selbst die Staatsanwaltschaft für zu hoch, weshalb sie wie auch die Verteidigung das Urteil anfocht. Im Berufungsverfahren im November 2020 kam zur Sprache, dass der Angeklagte gegenüber einer Sozialarbeiterin der JVA Ossendorf geäußert habe, der Sohn des Arztes habe seine Ex-Freundin unter Drogen gesetzt, um sie zu vergewaltigen. Dafür habe er an dem Mediziner Rache nehmen wollen. Nachdem eine Gutachterin ihm eine paranoide Schizophrenie attestiert hatte, endete der Prozess mit der Einweisung in die Psychiatrie, und das Verfahren wurde an eine Große Strafkammer verwiesen.

Fall neu aufgerollt

So wurde der Fall nun neu aufgerollt. Im November 2019 hatte der Angeklagte im Namen des Mediziners an das Landeskriminalamt eine Online-Selbstanzeige des Inhalts geschickt, er habe Kinder sexuell missbraucht. Darauf wurde der Arzt festgenommen, kam kurz darauf aber wieder frei. Später eröffnete der Angeklagte in dessen Namen einen Twitter-Account, bezeichnete sich in Kurznachrichten als pädophil und postete Bilder von kleinen Jungen mit anzüglichen Kommentaren.

In ihrem Plädoyer hob Nebenklage-Anwältin Gudrun Roth hervor, wie schwer der 38-Jährige, der inzwischen wieder in Freiheit ist und in der Gastronomie arbeitet, ihrem Mandanten geschadet habe. Im Prozess habe er „uns keine Chance gegeben, hinter Ihre Fassade zu schauen“. Sie „tendiere“ dazu, ihn in der Psychiatrie unterbringen zu lassen. Dem Staatsanwalt und dem Verteidiger folgend, die Bewährungsstrafen beantragt hatten, sah die Kammer jedoch davon ab. Zwar habe der Angeklagte die Taten wegen eines „akuten Schubs“ der psychischen Erkrankung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit verübt, doch komplett aufgehoben sei sie nicht gewesen.

Eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wäre nur gerechtfertigt, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch sei, dass er erneut erhebliche Straftaten begehe. Das lasse sich nicht feststellen. Der Angeklagte sei ansonsten nie straffällig geworden und „sozial eingebunden“, sagte der Vorsitzende Richter Peter Sommer.