„Kampf gegen die Stadt“Besitzer von Kölns umstrittenster Baulücke gestorben
Köln – Der Besitzer von Kölns wohl umstrittenster Baulücke, Eberhard Stöppke, ist tot. Laut einer Todesanzeige in der „Süddeutschen Zeitung“ ist Stöppke am 24. Juni mit 87 Jahren gestorben und in seiner Heimat Stuttgart beerdigt worden. Eine Mitarbeiterin Stöppkes bestätigte seinen Tod gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
In Köln hatte Stöppke in den vergangenen Jahrzehnten für viel Aufsehen gesorgt, weil er die schmale Baulücke in der Richard-Wagner-Straße 6 in der Innenstadt nicht bebaut hat – obwohl er sich dazu per Kaufvertrag vom 26. Juni 2007 verpflichtet hatte.
Bis heute hat er laut Stadt Köln deshalb mehr als 1,3 Millionen Euro Strafe an sie gezahlt, mit jedem Monat wächst die Strafe um weitere 10.000 Euro. Stöppke hatte der Stadt in den vergangenen Jahren auf meterhohen Plakaten „Klüngelmethoden“ vorgeworfen, den Gerichten „Fehlurteilen“.
Er wollte laut eigener Aussage aus der Vergangenheit so wenig wie möglich bauen, das klappte nicht. Danach folgte der jahrelange Streit mit der Stadt Köln.
Was Stöppkes Tod für die völlig verfahrene Situation heißt, blieb zunächst unklar. Was haben die Erben vor? Treten sie das Erbe überhaupt an? Oder wollen sie die vielen Jahre voller Streit beenden, etwa durch einen Verkauf des Grundstücks? Die Mitarbeiterin Stöppkes sagte, dazu könne man sich aktuell nicht äußern.
Vor 20 Jahren hatte Stöppke dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt: „Ich habe Kinder und Enkel. Wenn ich hier nicht bauen kann, werden sie es tun. Doch ohne mich wird hier gar nichts gebaut.“ Das sei bereits testamentarisch festgelegt – der Sohn Eckehard sei voll auf seiner Linie. Doch das ist eben auch 20 Jahre her. Ob diese Aussage noch aktuell ist, bleibt unklar, solange die Erben sich nicht äußern.
„Er wollte lieber gegen die Stadt kämpfen“
Die Stadt Köln wollte sich zum Tod Stöppkes nicht äußern, sie teilte mit: „Grundsätzlich ändert sich im Sterbefall an einer Bauverpflichtung und daraus gegebenenfalls resultierenden Vertragsstrafen jedoch nichts. Denn beides ist objekt- und nicht personenbezogen.“ Die Stadt sei bereit, die Vertragsstrafen sofort zu stunden, wenn endlich gebaut werde. „Denn es ging und geht der Stadt vorliegend nicht um die Einnahmeerzielung, sondern die Beseitigung der Baulücke.“
Das Kuriose an dieser Geschichte ist ja: In Köln sind Flächen dringend gesucht, etwa für Wohnungen, für Büros; der Kampf führt zu teils spektakulären Grundstückspreisen. Doch diese 418 Quadratmeter der Richard-Wagner-Straße 6, nur 250 Meter vom Rudolfplatz entfernt, sind seit Jahrzehnten unbebaut. Hätte Stöppke das Grundstück verkauft, hätte er mit großer Wahrscheinlichkeit mehrere Millionen Euro erhalten – stattdessen zahlte er lieber viel Geld als Strafe, prozessierte viele Male gegen die Stadt.
Unter anderem hatte ihm laut seiner Aussage das Unternehmen Hochtief 4,5 Millionen Euro für die Baulücke Nummer 6 sowie die Grundstücke 8 und 10 geboten, sie gehörten ihm auch. Auf dem Grundstück mit der Nummer acht steht ein kleines Gebäude, auf der Nummer 10 befindet sich ein Parkplatz. Für beide Grundstücke besteht laut Stadt keine Bauverpflichtung.
84 Wohnungen sollten in dem gesamten Bereich entstehen, dem Vernehmen nach soll er den Verkauf einen Tag vor Vertragsunterzeichnung abgesagt haben.
Baulücke „Richard-Wagner-Straße“
2007 hatte Eberhard Stöppke das 418 Quadratmeter große Grundstück für 520.000 Euro von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gekauft. So steht es im Urteil des Landgerichts von 2018, das ihn zur Zahlung von 710 000 Euro verurteilt hatte. Damals verpflichtete sich Stöppke demnach, das vom Vorbesitzer geplante Wohn- und Geschäftshaus bis Ende 2009 fertigzustellen, andernfalls sollte er monatlich 10.000 Euro Strafe an die Stadt Köln zahlen. Die Stadt ist an dem Verfahren beteiligt, weil sie das Grundstück 1996 an Private verkauft hatte mit der Verpflichtung, dort ein Haus zu bauen. Diese Verpflichtung übernahmen die jeweiligen Käufer in den Folgejahren und ab 2007 eben Stöppke.
„Er wollte lieber gegen die Stadt kämpfen“, sagt ein Beteiligter. Für eine mögliche Enteignung sah die Stadtverwaltung nie die nötige rechtliche Handhabe, auch die Politik verzweifelte an Stöppkes Hartleibigkeit.
In all den Jahren vermittelte Stöppke in vielen Gesprächen eine große Lust am Kampf gegen die Stadt Köln, von Aufgeben war nie die Rede. Er machte der Stadt aber immer wieder schwere Vorwürfe. Unter anderem bezeichnete er den Streit als „Kriminalfall“ oder beklagte „die weitgehende Zerstörung meines Privatlebens“.
Ein anderes Mal forderte er per meterhoher Plakate an der Hauswand knapp 500.000 Euro Schadenersatz, später eine Millionen Euro. Und er veranlasste zwischenzeitlich einen Scheinbau, um seiner Baupflicht vermeintlich nachzukommen, die Stadt ließ ihn wegen Statik-Problemen zurückbauen.
Landgericht und Oberlandesgericht hatten stets der Stadt Recht gegeben. Beispielsweise urteilte das OLG am 30. November 2018: „Diese Bebauungsverpflichtung hat der Beklagte bewusst und willentlich übernommen, als er das Grundstück vom Verkäufer erwarb.“ Aktuell sind keine Verfahren mehr anhängig, das bestätigen beide Gerichte und die Stadt Köln.