CDU-Parteichef Karl Mandl äußert sich erstmals nach der Vertagung der Wahl, doch lässt er im Interview viele Fragen offen.
„Ich verstehe die Eile nicht“CDU-Parteichef schweigt weiter – und lehnt Kölner Dezernenten als OB-Kandidaten ab
Herr Mandl, wollen Sie weiter OB-Kandidat der Kölner CDU werden?
Karl Mandl: Der Kreisvorstand hat eine neue Kommission aufgestellt, die einen klaren Auftrag hat. Das Ergebnis müssen wir abwarten, deshalb stellt sich für mich diese Frage momentan nicht.
In dem Beschluss, mit dem der Parteivorstand die zweite Findungskommission auf den Weg gebracht hat, ist ausdrücklich die Rede von einem „neuen Vorschlag“ für einen Kandidaten. Nach meinem Verständnis sind Sie damit kein möglicher OB-Kandidat der CDU mehr.
Dazu werde ich mich zu gegebener Zeit äußern, wenn die Kommission zu einem Ergebnis gekommen ist.
Sind Sie von der Kommission angesprochen worden?
Die Kommission arbeitet, wie auch schon die erste, vertraulich und diese Vertraulichkeit möchte auch ich wahren.
Stünden Sie für Gespräche zur Verfügung?
Noch einmal: Ich werde mich zu gegebener Zeit äußern und bis dahin darf die Kommission vertraulich arbeiten.
Wann ist die gegebene Zeit?
Der Kreisvorstand wird voraussichtlich am kommenden Montag, 13. Januar, in der Frage abstimmen. Dann geht es um einen Bericht der Kommission.
Also am 14. Januar äußern Sie sich?
Ich verstehe die Eile nicht. Es ist zudem meine eigene, höchst persönliche Entscheidung. Niemand wird mich hier drängen können.
Wie stehen Sie zu den aktuell diskutierten Kandidaten wie Stadtentwicklungsdezernent Andree Haack oder Baudezernent Markus Greitemann? Beide sind CDU-Mitglieder.
Ich unterstütze jeden Kandidaten des Aufbruchs. Für einen Kandidaten des Aufbruchs sehe ich aber keine Person, die aktuell in der Verwaltung arbeitet. An der Lösung der Probleme Kölns sollten neue Personen mit neuen Ideen mitarbeiten. Wir müssen Köln gestalten und nicht mehr nur verwalten. Ein „Weiter so“ darf es nicht geben. Dieses Signal in die Stadt darf die CDU auf keinen Fall senden.
Sie sind der Vorsitzende eines der größten CDU-Kreisverbandes in Deutschland. Halten Sie es für angemessen, dass sie seit 40 Tagen im Unklaren lassen, ob Sie weiter OB-Kandidat der CDU werden wollen?
Das war doch Sinn und Zweck der Vertagung der Wahl eines OB-Kandidaten am 30. November. Dass Ruhe in die Partei kommt – und ich habe diese Ruhe in die Partei gebracht in den vergangenen Wochen. Ich habe intensiv mit vielen Menschen in der Partei gesprochen und habe Ortsverbände besucht. Wir wollten aus der Schlagzeilen-Flut heraus, die einige Mitglieder in der Partei verursacht haben.
Sie sagen, Sie haben für Ruhe gesorgt, andere haben für Schlagzeilen gesorgt. Aber Sie waren es doch, der am 22. November angekündigt hat, das Ratsbündnis mit Grünen und Volt zeitnah beenden zu wollen. Sie stellen sich gerade bildlich als Feuerwehrmann hin, aber Sie waren doch der Brandstifter.
Ich habe festgestellt, dass das Bündnis die gemeinsamen Themen abgearbeitet hat und die Grünen andere Mehrheiten suchen. Und ich habe dann gesagt, wir müssen das in der Partei diskutieren. Für mich persönlich war aber klar, dass das Bündnis am Ende ist. Aber darüber sollte ein Parteitag frühestens im März entscheiden. Ich habe nur das ausgesprochen, was sehr viele in der Partei ebenfalls denken. Das Feedback aus der Partei auf meine Aussage ist bis heute immer noch absolut positiv.
Sie wirken, als hätten Sie gar keine Fehler gemacht und nur die anderen hätten welche gemacht?
Ich wollte am 22. November eine Diskussion über den Bündnis-Ausstieg anstoßen. Da muss man sich schon fragen, an wem das lag, was danach kam.
Und an wem lag es?
Darüber kann man sicher sprechen.
Und?
Zunächst: Alles, was nach meiner Ankündigung kam, stand in keinem Verhältnis zu dem, was in der Kommunikation unrichtig wiedergegeben worden ist.
Die Medien sind also schuld?
Nein. Aber zum Beispiel hat Armin Laschet niemals die Vorschlagskommission verlassen. Das wurde aber so kolportiert. Ich stehe heute noch voll hinter meiner Aussage zu den Grünen. Ich würde sie möglicherweise mit ein, zwei Wörtern anpassen. Da sehe ich auch das Missverständnis. Nach der Empörung haben einige in unserer Partei eine existenzielle Bedrohung für sich empfunden, weil sie auf ihre Ämter und das Geld angewiesen sind.
Sie haben also keinen Fehler gemacht?
Das kann ich so nicht sagen. Ich stehe zu meinen Aussagen. Wenn sie nicht so rüberkamen wie gedacht, sind viele daran schuld. Denen, die mich kritisiert haben, ging es zu keinem Zeitpunkt um das Thema Bündnis mit den Grünen als solches.
Hätten Sie nicht mehr Leute vorher informieren sollen?
Nein, das sehe ich nicht so.
Ist es nicht politisch naiv von Ihnen zu glauben, dass Ihre Aussagen nicht eine solche Welle der Empörung auslösen?
Diese heftige Reaktion hatte ich nicht erwartet. Wir sind in den letzten zwei Jahren mit mir als Kreisvorsitzenden einen erfolgreichen Weg gegangen. Die Kreispartei steht heute finanziell bestens da. Sie ist entschuldet. Das ständige Gegeneinander war einem konstruktiven Miteinander gewichen. Nun sind Teile der Führungsriege der Partei in alte Muster verfallen. Genau diese Muster hatten zuletzt zu heftigen Wahlniederlagen geführt.
Ich verstehe Sie so, dass sich Teile des früheren Vorstandes um den damaligen Parteichef Bernd Petelkau gewehrt haben gegen Sie und das frühere Lager der parteiinternen Initiative „Zukunft jetzt“?
So ist das. Einige haben die Chance gesehen, die Ideen von „Zukunft Jetzt“ zurückzudrehen.
Sie waren 2023 angetreten, um die Partei zu befrieden. Das hat nicht geklappt.
Das hat auch anderthalb Jahre sehr gut geklappt. Aber dazu gehören immer zwei Seiten. Ich habe viel Vertrauensvorschuss geliefert, aber das hat nicht geholfen.
Die CDU geht als eine gespaltene Partei in ein Jahr mit zwei wichtigen Wahlen.
Es bleibt die Aufgabe des Kreisvorstandes, die Einheit herzustellen.
Sind Sie aber nach all den Vorkommnissen nicht so beschädigt, dass sie gar nicht mehr als OB-Kandidat infrage kommen?
Zunächst einmal fühle ich mich als Parteivorsitzender bestärkt, dadurch dass ich das Thema angesprochen habe, das die meisten Mitglieder umtreibt. Viele empfinden, dass wir der Schwanz sind, mit dem der grüne Hund wackelt.
Es ist eine spannende Interpretation, dass Sie sich als Parteichef gestärkt sehen angesichts der Tatsache, dass die Mitglieder ihre mögliche Wahl zum OB-Kandidaten vertagt hat. Das kann man doch nur als Abstimmung gegen ihre Person als OB-Kandidat verstehen.
Das werte ich nicht als Urteil gegen mich. Ansonsten müsste es Konsequenzen für mich als Parteivorsitzenden haben.
Dieses Jahr stehen Vorstandswahlen. Treten Sie wieder an?
Darüber spreche ich jetzt noch nicht. Wichtig ist erstmal, einen OB-Kandidaten zu finden. Den Mitgliedern war auf der Mitgliederversammlung am 30. November wichtig, dass wir Ruhe bekommen. Deshalb haben sie die Entscheidung vertagt. Man darf nicht vergessen: Die gesamte Woche zuvor haben sich ja einige zu Wort gemeldet, die Angst um ihre Posten und ihre finanziellen Zuwendungen haben oder sich profilieren wollen. Das sind aber nur fünf bis zehn Leute in unserer Partei.
Wen meinen Sie damit?
Dass sind die, die sich geäußert haben.
Also beispielsweise Serap Güler als einzige Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete und Florian Braun als einziger CDU-Landtagsabgeordneter. Beide sind Teil des geschäftsführenden Vorstandes und gehörten ihm schon unter ihrem Vorgänger Bernd Petelkau an.
Sie haben damit unnötig eine unheimliche Unruhe in die Partei gebracht. So ergab sich eine Situation, in der wir keinen OB-Kandidaten aufstellen wollten. Wir wollen nun erstmal unsere vier Kandidaten bei der Bundestagswahl am 23. Februar durchbekommen.
Wenn man Ihnen so zuhört, wird die nächste Vorstandswahl wieder eine Kampfabstimmung zwischen den früheren „Zukunft Jetzt“-Leuten und dem Lager rund um Bernd Petelkau. Es ist die dritte Vorstandswahl, die sich um diese Frage drehen könnte. Die Kölner CDU ist im Dauerselbstbeschäftigungsmodus.
Ein interessanter Begriff. Einige Personen in unserer Partei haben etwas Destruktives in sich. Sie sperren sich gegen ein Brückenbauen und gegen Einigkeit, obwohl ich es oft versucht habe.
Sie meinen unter anderem Bernd Petelkau?
Die Personen haben sich nicht geändert.
Sie hatten die OB-Kandidatenfindung als Chefsache bezeichnet. Das Gremium mit ihnen als Chef konnte sich auf keinen Kandidaten einigen und scheiterte an der Aufgabe.
Ich sehe das anders. Die Kommission ist nicht gescheitert. Wenn man keinen A-Kandidaten findet, ist es doch ehrlicher, das auch zu sagen. Meiner Auffassung nach hatte sie deshalb ein Ergebnis.
Haben Sie Ihre Kandidatur von Anfang an geplant, obwohl sie anfangs angekündigt hatten, dass Mitglieder nicht infrage kommen?
Das ist doch unlogisch. Denn dann hätte ich keine Kommission ins Leben gerufen, die über ein halbes Jahr über zwanzig Personen einlädt.
Der Vorstand hat Sie mit 60,7 Prozent als OB-Kandidaten nominiert, letztlich entscheiden aber die Mitglieder. Formal gilt der Beschluss noch. 60,7 Prozent sind kein Traumergebnis.
Zum Zeitpunkt der Entscheidung war der weiße Elefant, Oliver Kehrl als möglicher OB-Kandidat, noch im Raum. Es war demnach eine Abstimmung zwischen uns beiden und die habe ich klar gewonnen.
Sie hatten 2023 angekündigt, die Finanzen klären zu wollen. Es war seit mehr als einem Jahr bekannt, dass der vorherige Vorstand die Mitgliedsbeiträge nicht angemahnt hat. Trotzdem hat der Vorstand erst jetzt thematisiert und beschlossen, dass es eine Untersuchung gibt, ob Schadenersatzpflicht besteht. Das wirkt, als hätten Sie das Thema taktisch eingesetzt, um Druck auszuüben und eine Zustimmung zu ihrer OB-Kandidatur einzufordern?
Es war allen im Kreisvorstand und auch den direkt Betroffenen klar, dass dieses Thema noch in 2024 anstand. Wir als Partei müssen solche Schadenersatzansprüche absichern. Hier mache ich nur meinen Job als Kreisvorsitzender.
Chronik der Ereignisse
17. Januar: Der Vorstand beschließt eine achtköpfige Vorschlagskommission, die eine OB-Kandidatin oder einen Kandidaten finden soll. Mitglieder des Gremiums sind laut Parteichef Karl Mandl als Kandidaten ausgeschlossen. Er leitet das Gremium. Prominentestes Mitglied ist Ex-Kanzlerkandidat Armin Laschet.
24. Oktober: Es wird öffentlich, dass die Kommission sich nicht einstimmig einigen kann. Das war aber ein Muss-Kriterium. Zuvor hat Mandl das Gremium verlassen und stellt sich selbst zur Verfügung.
28. Oktober: Der erweiterte Vorstand nominiert Mandl mit 60,7 Prozent als OB-Kandidaten. Auch Hendrik Biergans äußert sein Interesse. Die Mitglieder sollen am 30. November entscheiden.
22. November: Mandl hält ein Pressegespräch in der Geschäftsstelle. Er sagt überraschend, dass er das Mehrheitsbündnis im Stadtrat aus Grünen, CDU und Volt „zeitnah“ verlassen will – ohne die Fraktion zu informieren. Mandl betont, das sei sein seine persönliche Meinung, ein Parteitag im März müsse entscheiden. Bündnispartner und Fraktion sind schockiert. Nach einer Sitzung sieht er keinen Handlungsbedarf mehr.
24. November: Ex-Ratsmitglied Rolf Bietmann fordert eine Verschiebung der OB-Kandidatenkür, er nennt Mandls Vorstoß „politisch mehr als unklug“. Mandl lehnt ab.
26. November: Ex-Bundestagsabgeordneter Karsten Möring sowie die Vorstandsmitglieder Serap Güler und Florian Braun fordern ebenfalls eine Vertagung. Alt-OB Fritz Schramma lehnt das tags darauf ab.
28. November: Von 24 stimmberechtigten Vorstandsmitgliedern fordern 20 eine Vertagung der für den 30. November geplanten Wahl.
19. Dezember: Der Vorstand beschließt eine zweite Findungskommission. (mhe)