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Lilo Wanders im Interview„Ich musste immer wachsam sein“ – Come-Out-Stiftung mit Diversitätspreis ausgezeichnet

Lesezeit 3 Minuten
Zu sehen ist Lilo Wanders bei der Wirtschaftsnacht Rheinland 2023.

Lilo Wanders, Mitgründerin der Come out! Stiftung, äußerte sich im Zuge der Wirtschaftsnacht Rheinland zur Situation der queeren Community und über anstehende Projekte.

Im Vorfeld der Wirtschaftsnacht Rheinland sprach Lilo Wanders, Mitgründerin der Come out! Stiftung, über die Lage der queeren Community.

Queere Jugendliche auf ihrem individuellen Weg stärken – das ist das Ziel der Come-Out-Stiftung, die 2021 auf Initiative von Entertainerin Lilo Wanders (67) gegründet wurde.

Am Montagabend nahm sie dafür bei der Wirtschaftsnacht Rheinland, initiiert vom „Kölner Stadt-Anzeiger“, den Sonderpreis für Diversität entgegen. Im Vorfeld der Veranstaltung sprach sie über die Gründung der Stiftung, die Situation der queeren Community und die anstehenden Projekte.

Lilo Wanders nimmt in Köln Preis für Come-Out-Stiftung entgegen

Was hat Sie bewogen, vor zwei Jahren die Come-Out-Stiftung zu gründen?

Lilo Wanders: Als mich unser Vorstandsmitglied Torsten Schrodt gebeten hat, die Stiftung mitzugründen, war sicher die Erinnerung an meine eigene Vergangenheit und Jugend eine Triebfeder, mich zu engagieren. Denn ich bin in der Provinz aufgewachsen und habe damals auch die Sehnsucht nach einem geschützten Ort verspürt. Ich musste immer wachsam sein. Andererseits sprechen die Fakten von heute eine ebenso klare Sprache.

So existieren in den Metropolen bereits geschützte Räume, weil es dort viele Menschen gibt, die sich engagieren. Einige Kommunen, gerade in ländlichen Regionen, fördern zwar auch queere Jugendarbeit, erwarten aber den üblichen Eigenanteil von durchschnittlich zehn bis fünfzehn Prozent der Gesamtkosten. Somit besteht eine Finanzierungslücke, die wir als Stiftung versuchen zu schließen. Uns ist wichtig, dass junge Menschen andere junge, queere Menschen unterstützen können, ohne sich Gedanken machen zu müssen, wo das Geld herkommt.

Wie nehmen Sie derzeit die Situation der queeren Community wahr?

Unterschiedlich. In unserer Mediendemokratie sind die schlimmen Ereignisse sofort eine Schlagzeile. Ich lebe aber in der Provinz, auf dem Dorf, und ziehe meine Weltsicht auch aus meiner Nachbarschaft. Dort erlebe ich eine große Aufgeschlossenheit. Daher möchte ich eine Lanze für die vielerorts doch recht offene Gesellschaft brechen. Ich bin zum Beispiel Anfang kommenden Jahres bei den Landfrauen in meinem Nachbardorf eingeladen, um über die Stiftung zu berichten. Das finde ich eine erstaunlich aufgeschlossene Haltung. Ebenso hat mich kürzlich eine Anfrage aus einem anderen Nachbardorf erreicht. Ein Lehrer hat mich in Absprache mit den Eltern darum gebeten, mich den Fragen der Kinder aus einer 7. Klasse zu stellen. So etwas stimmt mich optimistisch, auch wenn mich Berichte von Überfällen auf queere Menschen wiederum verzweifeln lassen. Diese nehmen leider – vermehrt auch in Großstädten – wieder zu.

Wie wichtig ist die Präsenz in der Öffentlichkeit?

Positiv ist, dass die queere Community durch eine permanente Berichterstattung in unterschiedlichster Form in den Medien vorkommt. Damit verankert sie sich im Bewusstsein der Menschen, zumindest nach meiner subjektiven Sichtweise. Durch den Sonderpreis Diversity, über den wir uns überaus ordentlich freuen, wird das natürlich verstärkt. Ich bin harmoniesüchtig und sehe gerne das Positive. Daher denke ich, dass wir auf einem grandiosen Weg sind. Den Medien kommt dabei eine große Verantwortung zu. Ich freue mich, wenn Journalistinnen und Journalisten queeren Themen und Menschen Raum geben. Es geht dabei auch immer um Minderheiten, die ein Recht auf freie Entfaltung und auf ein „Wahrgenommen-werden“ in ihrer Besonderheit haben.

Welche Projekte möchten Sie als nächstes realisieren?

Da wir eine große Unterstützung erfahren, können wir entgegen der ursprünglichen Planung schon bald mit der Förderung von Projekten beginnen. Konkret möchten wir im kommenden Jahr in einer dörflichen Struktur erstmalig einen CSD an den Start bringen, um so für mehr Sichtbarkeit von queeren Jugendlichen und ihren Belangen zu sorgen. Da wir eine Menge Ideen realisieren möchten, freuen wir uns sehr über jede Spende – ob groß oder klein. Denn wir möchten noch viel für die queere Community bewegen.