AboAbonnieren

Serie „Die Spezialisten“Der Hüter der Vinyl-Schätze auf der Antwerpener Straße

Lesezeit 3 Minuten

Uwe Schmadin inmitten seiner Vinyl-Welt, dem Geschäft Nunc-Music

Köln – Schon beim Blick an die Decke kann kein Zweifel aufkommen, in welcher Art von Geschäft man sich befindet: Die bunten, mit Glühbirnen verbandelten Vinylscheiben weisen dem Musikfan den Weg in ein kleines Paradies beziehungsweise in die Welt des Uwe Schmandin. Als direkter Wohnungsnachbar käme der Mann mit den grauen Locken wahrscheinlich einem schallenden Alptraum nah. Aus Sammler-Sicht dürfte der 57-Jährige als Hüter lauter klingenden Schätze indessen nahezu Guru-Status haben.

Das könnte Sie auch interessieren:

In seinem Leben laufe immer Musik, gesteht Schmandin. Er könne das nicht ausblenden. „Und wenn ich nicht zum Hören komme, dann stehe ich nachts auf, zieh mir ein Bier rein und lege eine Scheibe auf.“ Am liebsten eine richtig böse, eine von denen, die man niemand anderem antun könne, betont Schmandin, räumt jedoch ein, dass seine Behausung gut schallisoliert sei und er auch nur in Strohwitwer-Phasen den Lautsprecher-Regler bis zum Anschlag drehe. Gemeinhin setze er nachts Kopfhörer auf.

Schmandin wurde in Düsseldorf geboren, aber bereits als Zweijähriger „von meinen Eltern nach Köln entführt“. Einer der Helden seiner Kindheit sei der Opernsänger Enrico Caruso gewesen, dessen Musik er so herrlich bombastisch fand. Weshalb die erste Scheibe, die er selber besaß, dann doch keine Oper, sondern „Oh Well“ von Fleedwood Mac wurde, mag daran gelegen haben, dass Uwe sich bereits als Halbwüchsiger als Diskjockey ausprobierte. „Ich fand das einfach geil, die Leute tanzen zu sehen.“ Wenn von 100 Menschen in einem Raum 80 nur blöd rumstehen, hält er das für „die Oberkatastrophe“.

Auf keinen Fall Peter Maffay

Klassische Musik sei inzwischen eher eine Sache für den Sonntagvormittag, meint der Mann, der nicht lange nachdenken muss, um damit rauszurücken, was bei ihm auf gar keinen Fall auf den Teller kommen dürfte: Peter Maffay oder James Last. Dabei ist es bei letzterem weniger die persönliche Abneigung als das gesellschaftliche Umfeld mit dem er, der Blues- und Jazz-Liebhaber, mit dem Happy-Sound-Macher in Verbindung bringt.

Schmandin eröffnete bereits vor mehr als 20 Jahren seinen ersten Laden in der Kyffhäuserstraße. Mit einer Bar, die zum Plattenhören und trinken einlud. Damals habe er auch noch richtig abgefahrene Klamotten für Mädels im Sortiment gehabt. Es folgte ein Laden in der Richard-Wagner-Straße und eine Übergangszeit, in der er einen Club betrieb, bevor er sich in der Antwerpener Straße niederließ.

Und weil er seit jeher ein Fan ist „von allem, was sich dreht“, nahm er auch gebrauchte Schallplattenspieler mit ins Sortiment; wobei er zwischen Geräten unterscheidet, mit denen man Musik abspielt und solchen, die nur fürs Auge sind. Auch er habe mal einen Transrotor haben wollen. „Aber den habe ich sofort weiterverkauft.“

Alles voller Platten

Nunk Music Antwerpener Straße 16. Telefonnummer: 0221/ 2589743

Die Öffnungszeiten: montags bis samstags 11 bis 19.30 Uhr.

Mit Schmandin kann man stundenlang über Lieblingsalben reden – seins ist „Midnight Blue“ von Kenny Burell – und über Label, deren Aufschriften der wahre Kenner ähnlich dem Briefmarkensammler kritisch mit der Lupe beäugt. Die rund 20.000 im Ladenlokal sichtbaren Scheiben sind wahrscheinlich nur ein Bruchteil dessen, was Schmandin im Lager, im Kopf oder auf seiner persönlichen Wunschliste gespeichert hat.

Dabei wirkt sich der Vinyl-Boom für ihn auch nachteilig aus. „Es wird immer schwieriger, Sammlungen zu bekommen. Die Leute rücken ihre Platten nicht mehr raus, weil sie denken, dass sie einen Schatz haben.“ Aber die, die wirklich einen Schatz hätten, wüssten das in der Regel auch. Hin und wieder kommt Schmandin nicht umhin, „normalen Mainstream“ zu kaufen. „Wenn dann so „’ne verlorene Seele kommt, die meint, sie müsse Joe Cocker haben, kriegt sie den. Wobei – nix gegen Joe Cocker, der war schon ein Supertyp.“