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Artilleriehalle in EhrenfeldPolitiker wollen historisches Gemäuer retten

Lesezeit 4 Minuten

Im Jahr 1879 wurde die Artilleriehalle von den Preußen errichtet.

Ehrenfeld – Zufrieden wie lange nicht waren die Ehrenfelder Bezirksvertreter nach dieser Abstimmung. Soeben hatten sie ihren Zusatzantrag zur Konzeptausschreibung Alpener Straße 4-6 einstimmig beschlossen. Damit werden die Kriterien festgesetzt, nach denen der Verkauf dieses städtischen Grundstücks erfolgen soll. Die Bezirksvertretung kann hier den Ratspolitikern jedoch nur eine Empfehlung geben. Die Möglichkeit, dass der Liegenschaftsausschuss anders entscheidet, besteht theoretisch immer noch.

„Dies ist eine Sternstunde der Bezirksvertretung“, sagte Bezirksbürgermeister Josef Wirges anerkennend. Ungemein wichtig sei es gewesen, dass die Ehrenfelder hier Geschlossenheit demonstriert hatten. Jetzt sollten die Bezirkspolitiker auf die jeweiligen Parteifreunde im Rat einwirken, damit der Ehrenfelder Wunsch respektiert wird. Von der FDP bis zur Linksfraktion herrschte beeindruckende Einmütigkeit im Bestreben, ein bauliches Zeugnis aus der Geschichte Ehrenfelds zu erhalten, aber auch darin, ein Signal gegen die anhaltende Preisentwicklung beim Baugrund zu setzen.

"Keine Preistreiberei beim Bauland"

„Was wir hier zur Anwendung bringen wollen, war schon vor hundert Jahren ein wertvolles Instrument zur Bekämpfung der Bodenspekulation. Gerade hier in Ehrenfeld müssen wir die Preistreiberei beim Bauland für Wohnungsbau ablehnen“, sagte Linken-Bezirksvertreter Berndt Petri. Das rund 5300 Quadratmeter große städtische Grundstück in bester Ehrenfelder Lage nahe der Venloer Straße soll nur im Zuge des Erbbaurechts für die Dauer von 99 Jahren veräußert werden dürfen.

Josef Wirges

Eine entscheidende Änderung bei den Konzeptvorgaben – sollte der Rat dem tatsächlich folgen. Ursprünglich hatte im Vorschlag der Verwaltung gestanden, dass ein Mindestpreis von knapp vier Millionen Euro festgesetzt werden solle. Den Zuschlag solle jedoch der Meistbietende erhalten. Dafür hatte es im Juli in der Bezirksvertretung Ehrenfeld viel Kritik gegeben. Der Vorwurf, dass auf diese Weise der Preistreiberei und damit teuren Immobilienpreisen Vorschub geleistet werde, war nicht der einzige Kritikpunkt am Konzeptentwurf.

Wagenhalle für die Artillerie

Auf dem Grundstück befindet sich ein Backsteinbau aus dem 19. Jahrhundert. Er diente einmal dem preußischen Militär als Wagenhalle für Artilleriefahrzeuge. Nach den Vorstellungen der Ehrenfelder Politiker sollte ein Käufer als Hauptkriterium den Erhalt des alten, 1879 errichteten Gebäudes zusichern. Es ist die letzte erhalten gebliebenen Wagenhalle aus Kölns Preußenzeit. „Das Artilleriewagenhaus ist in seiner Grundgestaltung und seiner äußeren Erscheinung zu erhalten. Jede bauliche Veränderung ist in Planung und Ausführung mit dem Gesamtbild des Artilleriewagenhauses in Einklang zu bringen“, heißt es in dem Ehrenfelder Vorschlag. Auch das ist eine grundlegende Abweichung von dem, was bislang zur Diskussion gestanden hatte. Die Stadt hatte eher einen Abbruch favorisiert und ihren Konzeptentwurf entsprechend darauf abgestellt.

Die meiste Zeit als Lager genutzt

Im Jahr 1879 wurde die Wagenhalle errichtet. Diese Jahreszahl steht auf dem Schlussstein über dem Eingangsportal an der zur Alpener Straße liegenden Frontseite. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs übernahm die Stadt Köln den Bau und nutzte ihn als Lager.

Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Halle schwere Schäden. Laut Fachgutachten des Landschaftsverbandes wurde beim Wiederaufbau der Dachstuhl verändert und der Bau auf seiner Ostseite verkürzt. Die Halle wird derzeit von den Städtischen Bühnen als Magazin genutzt.

Ein Wohnhaus auf dem Grundstück an der zur Alpener Straße liegenden Zufahrt stammt aus dem 20. Jahrhundert. Der noch bewohnte villenartige Bau ist nach Auffassung der Stadtverwaltung nicht denkmalwürdig und könnte abgebrochen werden. (Rös)

Nun soll ein Mix aus kultureller und gastronomisch-gewerblicher Nutzung neben Wohnungsbau in geringem Umfang Einzug in die alten Gemäuer halten. Die Ehrenfelder Bürger hätten auch ein Recht auf Flächen zur Begegnung. „Wir können nicht alles mit Wohnungen zupflastern“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Martin Berg. Die Bedeutung von Freiräumen für Kultur unterstrich auch Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Sie betonte aber auch, dass Kaufinteressenten Mobilitätskonzepte und Aspekte des ökologischen Bauen zu berücksichtigen hätten. „Es ist uns wichtig, dass es für die Erfüllung solcher Kriterien mehr Punkte gibt, als für das beste Preisgebot“, sagte Christiane Martin.

Hohe Investitionen nötig

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Bossinger erinnerte daran, dass vor rund vier Jahren die alten Wagenhalle von der Verwaltung als „wertlos“ bezeichnet worden sei. Der Abriss schien zu dieser Zeit bereits beschlossene Sache. Die SPD-Fraktion erinnerte damals an die nur wenigen Kölner bekannte frühere Nutzung des Gebäudes. Auch die Bürgervereinigung Ehrenfeld setzte sich für den Erhalt des geschichtlichen Zeugnisses ein. Ein von der Bürgervereinigung in Auftrag gegebenes Gutachten bewertete den Bau als erhaltenswert, verschwieg aber nicht, dass es bereits starke Veränderungen des ursprünglichen Zustandes gebe. Ein Käufer wird einkalkulieren müssen, dass viel investiert werden muss, um alte Anmutung und moderne Architektur bei diesem Bau in Einklang zu bringen.