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Köln früher und heuteDie vergessene Zeppelin-Garage in Bickendorf

Lesezeit 3 Minuten
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Das historische Bild zeigt den Bau kurz nach seiner Eröffnung.

  1. Von der vor 110 Jahren eröffneten Luftschiffhalle an der heutigen Mathias-Brüggen-Straße ist nichts mehr zu sehen.
  2. Damals war sie ein gigantischer Bau, der weithin sichtbar war – und dennoch vom preußischen Kriegsministerium als geheim eingestuft wurde.
  3. Im Oktober 1914 kam es hier zu einer unrühmlichen Premiere in der deutschen Geschichte.

Köln – Die Mathias-Brüggen-Straße macht im Stadtteil Bickendorf einen leichten Knick. Vier hohe Wohnblocks stehen an der Kurve und lassen nichts mehr von dem spektakulären Gebäude erahnen, das die Kölner vor 110 Jahren in seinen Bann zog und das für immer mit einem dunklen Kapitel Luftfahrtgeschichte verbunden bleiben wird.

„Die Halle war anfangs 152 Meter lang und wurde später auf 190 Meter erweitert“, sagt der Kölner Luftfahrtexperte Werner Müller. Ein Gigant auf damals noch freiem Feld, der weithin sichtbar war und dessen Standort nach den Bestimmungen des preußischen Kriegsministeriums dennoch als geheim eingestuft war. Die Rede ist von der Kölner Luftschiffhalle, die ab dem 1. April 1909 an den Kölner Stadtrand gebaut wurde, um verschiedene Luftschifftypen auf ihre Kriegstauglichkeit zu testen. In vier Monaten wurde eine 152 Meter lange, 50 Meter breite und 30 Meter hohe Großgarage aus dem Boden gestampft – für riesige Fluggeräte, die damals Hightech und militärische Hoffnungsträger waren.

Beliebtes Ausflugsziel für Kölner

Die preußischen Soldaten testeten in Bickendorf Luftschiffe der Marken Clouth (Köln), Parseval, Groß-Basenach und Zeppelin – im Rahmen der „großen Luftschiffmanöver von 1909 und 1910“. Die Wahl des Kriegsministeriums fiel schließlich auf die Zeppeline. Sie wurden auf Schienensystemen in die Halle gezogen, die mit 600 Zentner schweren Flügeltüren aus Wellblech verschlossen wurde. „Die Halle war an den Wochenenden ein beliebtes Ausflugsziel für die Kölner“, sagt Werner Müller. Eis und Ansichtskarten wurden verkauft, die umliegenden Landwirte sorgten sich wegen des enormen Betriebs um ihre Felder.

1913 entstand an der Frohnhofstraße in Ossendorf, nur 150 Meter entfernt von der Halle, eine Kaserne für die Luftschiffer. Nach Aussage eines damaligen Bewohners sollen Halle und Kaserne sogar durch einen unterirdischen Gang miteinander verbunden gewesen sein, sagt Müller. Sichtbare Beweise dafür gebe es aber nicht mehr.

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Wo einst die ab 1920 gebaute imposante Luftschiffhalle stand, sind heute Wohnhäuser. 

In den Abendstunden des 5. August 1914, der Erste Weltkrieg war ausgebrochen, hob an der Halle der Zeppelin Z VI „Cöln“ ab – 148 Meter lang, gefüllt mit 20900 Kubikmetern Wasserstoff, angetrieben von vier Maybach-Motoren mit jeweils 180 PS. Die „Cöln“ nahm Kurs auf Lüttich, um die belgische Stadt zeitgleich mit den deutschen Truppen anzugreifen. „Der erste Luftangriff auf eine Zivilbevölkerung in der Geschichte“, sagt Müller. Mehrere Menschen starben durch die abgeworfenen Granaten.

Das Luftschiff „Cöln“, durch Abwehrfeuer in Mitleidenschaft gezogen, musste nach dem Flug nach Lüttich abgewrackt werden. Es folgte die „Sachsen“ unter dem Kommando des berühmten Luftschiffkapitäns Ernst Lehmann, die im September 1914 Brandbomben über Antwerpen abwarf. Als Antwort startete ein englisches Flugzeug im Oktober 1914 zu einem Angriff auf den Luftschiffhafen Cöln. „Somit war der Angriff auf die Luftschiffhalle der erste Luftangriff auf Deutschland“, so Müller.

Durchgesetzt haben sich Zeppeline als Kriegsmaschinen nicht. „Sie waren zu langsam, zu teuer und der Bau war zu aufwendig“, sagt Müller. Im Laufe des Ersten Weltkriegs seien sie durch Riesenflugzeuge ersetzt worden, die 1918 auch auf der nahen Fliegerstation Butzweilerhof stationiert gewesen seien.

Wie lange die Halle an der heutigen Mathias-Brüggen-Straße stand, ist nicht klar. Werner Müller vermutet, dass sie in der ersten Hälfte der 1920er Jahre verkauft und verschrottet wurde. Die Kaserne existierte bis Anfang der 1970er Jahre. Dann wurde sie durch Wohnblocks ersetzt. Das letzte Relikt der Halle ist laut Werner Müller ein Luftschiff-Anker vor der Halle der Firma Colonia-Spezialfahrzeuge – etwas weiter nördlich.

www.luftfahrtarchiv-koeln.de