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Köln früher und heuteWie sich das Volksbad im Severinsviertel verändert hat

Lesezeit 4 Minuten
Historische Darstellung: Vorderansicht des Volksbads 1892.

Historische Darstellung: Vorderansicht des Volksbads 1892.

Anders als das Hohenstaufenbad war das Volksbad für die „Minderbemittelten“ östlich der Severinstraße vorgesehen, wo viele Arbeiter lebten.

Wenn Volker Hein am „Tag des offenen Denkmals“ seine Zuhörer in die Vergangenheit des Grundstücks an der Ecke Landsbergstraße und Achterstraße entführt, wird er nicht nur Artefakte aus dem Mittelalter zeigen, Bilder eines stolzen neogotischen Wohnhauses und menschliche Knochenfunde aus der Römerzeit, die sich unter einer Bodentür zu einem Skelett zusammenfügen. Er wird seine Gäste auch zu einer Wand mitnehmen, auf der einmal Kacheln angebracht waren. Es sind die letzten Überreste einer Badeanstalt, die sich hier einmal befand.

Auf dem Gelände der Holzhandlung Theodor Schumacher im Severinsviertel ist in den vergangenen 2000 Jahren eine Menge passiert. Dass diese Geschichte nicht in Vergessenheit gerät, ist Wiljo Schumacher zu verdanken. Der ehemalige Geschäftsführer hat in seinem Betrieb ein Privatmuseum aufgebaut, das seinen Besuchern kleine Ausflüge in die Kölner Vergangenheit ermöglicht. Mit teils kuriosen Zwischenstationen. Als vor mehr als 20 Jahren im Innenhof ein Holzlager entstand, wurden bei Ausschachtungen die Gebeine von zwei Verstorbenen aus dem dritten Jahrhundert gefunden.

Auf dem Gelände der Holzhandlung Theodor Schumacher ist in den vergangenen 2000 Jahren viel passiert.

Auf dem Gelände der Holzhandlung Theodor Schumacher ist in den vergangenen 2000 Jahren viel passiert.

Wiljo Schumacher hat dafür gesorgt, dass sie heute unter einer Glasplatte im Boden des Lagers bewundert werden können. Wer sich ein wenig gruseln möchte, muss dazu nur eine Abdeckplatte öffnen. Zu wem genau die Gebeine gehören ist ebenso wenig bekannt wie die Herkunft der Verstorbenen. So reich wie der römische Legionär Lucius Poblicius, dessen monumentales Grabmal in den 1960-er Jahren ganz in der Nähe am Chlodwigplatz entdeckt wurde, waren sie jedoch nicht. „Hier an der Straße waren es einfache Ziegelgräber“, sagt Volker Hein, Stadtführer und Kurator des Privatmuseums.

Volksbad war erst die zweite Badeanstalt für die Kölner

Ab dem Mittelalter gehörte das Grundstück zum Gelände des Klosters „Maria im Spiegel“, das hier Wein anbaute. Nachdem das Kloster Anfang des 19. Jahrhunderts aufgegeben und schließlich abgebrochen wurde, ließ der wohlhabende Maurermeister Erben an der Landsbergstraße eines der ersten neogotischen Wohnhäuser Kölns bauen. Es wurde eine schlossähnliche Innenstadtvilla mit Erker, Hauskapelle und markantem Treppenturm. Ab 1910 war hier die Holzhandlung zuhause.

In unmittelbarer Nachbarschaft hatte die Stadt Köln 1892 das Volksbad an der Achterstraße errichten lassen. Es war erst die zweite Badeanstalt überhaupt für die Kölner. Das Hohenstaufenbad an der damals ganz neuen Ringstraße hatte sich ab 1885 als Renner entpuppt: Schon in den ersten neun Monaten nutzten mehr als 100 000 Männer und Frauen die Gelegenheit, sich unabhängig von Wind und Wetter der Hygiene und Gesundheit zu widmen. Denn private Nasszellen waren noch die Ausnahme. Aufgrund der großen Nachfrage wurde das städtische Badewesen in der Folge ausgebaut.

Volksbad für die „Minderbemittelten“ vorgesehen

Allerdings nicht ganz so aufwändig und luxuriös wie am Ring. Anders als das Hohenstaufenbad, das hinter prächtigen Fassaden auch den wohlhabenden Schichten etwas zu bieten hatte, war das Volksbad für die „Minderbemittelten“ östlich der Severinstraße vorgesehen, wo viele Arbeiter lebten. Zudem lag der Neubau mitten im Wohnblock. Fotos vom Gebäude sind nicht mehr aufzutreiben, nur noch Zeichnungen sind überliefert. Der ehemalige Stadtkonservator Ulrich Krings spricht von einer Art „preußischem Beamtenstil in Ziegelbauweise“, der hier umgesetzt worden sei: „Der war bei solchen Bauten, bei einfachen Markthallen und Volksschulen zwischen 1840 und 1890 üblich, bis er dann vom Jugendstil oder wenig später vom frühmodernen Werkbundstil abgelöst wurde.“

Kölner Local-Anzeiger: Bad entspricht dem Charakter eines Volksbades

Ein Schwimmbecken gab es an der Achterstraße nicht, stattdessen nach Geschlechtern getrennte Bereiche mit Wannen- und Brausebädern, zwischen denen eine geräumige Waschküche eingerichtet wurde. „Wenn man bedenkt, dass ein Brausebad 10 Pfg. kostet und ein Wannenbad 25 Pfg., und dass man in beiden Fällen ein Stückchen Seife gratis und ein Handtuch leihweise erhält, dann muss man anerkennen, dass die neue Anstalt in jeder Beziehung dem Charakter eines Volksbades entspricht“, schrieb der „Kölner Local-Anzeiger“ nach der Eröffnung.

Ein breiter „Thorweg“ habe von der Achterstraße aus zum „in Blendziegel geschmackvoll erbauten Hause“ geführt: „Zwei nebeneinander liegende Thüren in der Mitte der Schauseite führen in die Warte-Räume für die beiden Geschlechter, so dass diese in der Anstalt nicht miteinander in Berührung kommen.“

Beim „Peter- und Paul-Angriff“ am 29. Juni 1943 wurde das Volksbad schwer beschädigt und kurz nach Ende des Kriegs fast vollständig abgebrochen. Ein Schicksal, das auch das neogotische Schlösschen nebenan ereilte. Die Holzhandlung gibt sich heute völlig verändert. Immerhin: Ein paar Kacheln sind von der Badeanstalt geblieben. Und die Rückwand der Wannenbäder-Abteilung für die Männer. Wiljo Schumacher hat auch sie geschickt in das Holzlager integrieren lassen.


Der „Tag des offenen Denkmals“ am 7. und 8. September steht unter dem Motto „Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte“. An mehr als 160 Orten finden dazu Veranstaltungen und Führungen statt. Führungen im Privatmuseum „2000 Jahre Geschichte im Vringsveedel“ bietet Volker Hein am 7. September um 15 und 16.30 Uhr an sowie am 8. September um 12 Uhr, 13.30 Uhr und 15 Uhr. Anmeldungen unter volker.hein@koeln.de. Nähere Infos zum Kölner Programm gibt es online. (cht)