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Zwischen Brücken und FrachternOhne Boots-Führerschein über den Rhein in Köln – ein Selbstversuch

Lesezeit 4 Minuten

Seit April darf jeder ohne Führerschein in 15-PS-Booten auf dem Rhein fahren. Wir haben es ausprobiert.

Das kleine Boot schwankt beim Einsteigen ordentlich. Ein bisschen mulmig wird mir schon, habe ich doch keinerlei Erfahrungen beim Steuern von Wasserfahrzeugen. Doch seit April dürfen auch Ahnungslose wie ich in Booten bis 15 PS und maximal 20 Metern Länge über den Rhein schippern. Der kleine Außenborder von Nico Engels vom Kölner Bootscharter Roxyboot ist mit fünf Metern deutlich kürzer.

Maximal vier Personen passen darauf. Ich möchte heute testen, wie schwierig es wirklich ist, damit auf dem Rhein zu fahren. Die Steuerung an sich ist denkbar einfach: Am Schalthebel stelle ich ein, ob und wie viel Gas ich gebe. Einen Rückwärtsgang gibt es, eine Bremse nicht. Das wars auch schon, wie schwierig kann das also schon sein? Also rein ins wacklige Bötchen, und mein erster Gedanke lautet: Kann das eigentlich kentern? „Dafür muss man schon sehr viel tun“, sagt Nico Engels und lacht. Okay, wird schon.

Das kleine Boot vom Typ RaJo 500.

In das kleine Boot passen etwa vier Leute rein.

Führerscheinfrei Boot fahren: Die Steuerung ist gewöhnungsbedürftig

An Bord gibt es ein Handbuch, in dem ich nachschlagen kann, wenn Fragen aufkommen, außerdem Schwimmwesten, telefonisch ist immer jemand erreichbar, sagt Engels. Er rät mir, mich mit dem Motorboot am Rand des Rheins zu halten. Theoretisch darf ich aber kreuz und quer über den Fluss fahren, zumindest vom Roxyboot-Anleger am Heinrich-Lübke-Ufer in Rodenkirchen bis runter nach Mülheim und stromaufwärts bis Sürth. Das ist das Revier des Charters, dessen Boote alle GPS-überwacht sind.

Mit einem lauten Brummen startet der Motor, wir rangieren aus dem Stegbereich und ich versuche ein Gefühl für die Lenkung zu bekommen. Das Boot lässt sich sanft steuern, auch wenn es deutlich behäbiger zu handlen ist als ein Auto. Das funktioniert schon einmal ganz gut. „Und wofür ist der hier?“ frage ich Nico Engels und zeige auf einen kleinen schwarzen Knopf neben dem Lenkrad. „Das ist die Hupe“, höre ich ihn sagen, während ich drauf drücke – und nichts passiert. „Die habe ich erstmal ausgestellt, damit da keiner einfach so draufdrückt. Hupen heißt auf dem Wasser immer etwas Wichtiges.“ Achso.  

Mit 25 Kilometern pro Stunde auf dem Rhein Richtung Kölner Dom

Dann geht die Panoramafahrt in Richtung Kölner Dom los, stromabwärts wird mein kleiner Kahn an die 25 Kilometer pro Stunde schnell. Den Wind in den Haaren geht es vorbei an den Poller Wiesen, den Kranhäusern und unter den Brücken hindurch – ein schönes Gefühl. Ab und zu braust ein wenig Wasser auf und sprüht mir ins Gesicht. Fehlen eigentlich nur noch strahlender Sonnenschein und ein kühles Getränk in der Hand.

Der Rhein ist frei, heute sind nur wenige Frachtschiffe unterwegs, die Touri-Boote ankern noch am Ufer. So bleibt ausreichend Zeit und Platz, um auszuweichen. Vor den Bug geraten möchte ich den riesigen, aber langsamen Containergiganten jedenfalls nicht.

Eine Frau mit wehenden Haaren auf dem Boot, im Hintergrund der Dom.

Mit Wind in den Haaren und dem Dom im Blick, macht das Fahren auf dem Rhein Spaß.

An geschäftigen Tagen stelle ich mir das Manövrieren stressiger vor. Kurz den Dom vom Wasser aus bewundert, wende ich und merke schnell: 15 PS kommen nur schwer gegen die starke Strömung des Rheins an. Es geht nur mühsam vorwärts. Langsam, aber beständig kämpft mein Boot gegen den Strom an.

Jetzt sind wir nur noch um die 10 Kilometer pro Stunde „schnell“. Vor uns ein niederländischer Frachter, der ordentlich Heckwellen erzeugt und meine luxuriöse Nussschale ins Wanken bringt. Ab und zu „surfen“ wir mit. Schließlich nehme ich dann doch etwas Geschwindigkeit raus, um Abstand zu gewinnen. Damit die Welle uns nicht mehr erreicht, braucht es deutlich mehr Meter als ich zunächst dachte. Mit – ehrlicherweise erzwungener – Ruhe tuckern wir weiter flussaufwärts, bis der Steg von Roxyboot in Reichweite ist.

Boot fahren ohne Führerschein: Einparkversuche scheitern

Was folgt, ist mein recht kläglicher Versuch, das Boot elegant einzuparken – ich unterschätze, dass die Lenkung naturgemäß etwas verzögert ist und die Strömung mich zusätzlich weitertreibt, lenke zu spät zurück in die Nullposition – und schon komme ich viel zu steil an, steuere genau auf die anderen Boote des Charters zu, und kann gerade noch so ausweichen. Ich drehe eine Ehrenrunde. Versuch zwei läuft nicht viel besser, bis mir Nico Engels sagt, dass er die Fahrer normalerweise mit einem Seil an den Steg zieht. Exaktes Einparken ist also eigentlich gar nicht nötig. Zum Glück, denn diesen Teil des Experiments würde ich wohl als gescheitert deklarieren.

Eine Frau und ein Mann stehen am Steuer des Bootes auf dem Rhein, im Hintergrund die Severinsbrücke.

Eine Einweisung durch Nico Engels gehört immer dazu.

Als ich vom Boot steige, bin ich froh, dass nichts passiert ist – wirklich brenzlige Situationen habe ich aber nicht erlebt. An Tagen mit viel Betrieb könnte das anders aussehen. Defensives Fahren ist wie im Straßenverkehr auch hierbei sicherlich der Schlüssel zur Sicherheit. Ich hatte vor allem eines: Spaß.