Briefwahl-Pannen in KölnStadt weist Schuld von sich – lange Wartezeiten in Ämtern
- Die Europawahl steht kurz bevor – und die Stadt Köln ist damit sichtbar überfordert. Zehntausende Anträge sind auf unerklärliche Weise verschwunden.
- Nun gehen der Stadt auch noch die Wahlunterlagen vor Ort aus. In Lindenthal mussten Menschen nach Hause geschickt werden, weil keine Umschläge da waren.
- Die Verwaltung weist die Schuld von sich.
Köln – Lange Schlangen vor den Direktwahl-Büros: Nachdem sich mehr als 2200 Kölner über fehlende Briefwahlunterlagen für die Europawahl am Sonntag beschwert hatten, kam es gestern in mehreren Kundenzentren zu Engpässen. Etwa im Bezirksrathaus Lindenthal: „Ich habe gesehen, wie mindestens ein Dutzend Menschen wieder weggeschickt wurde“, schilderte ein Kölner, der dort gestern Morgen eineinhalb Stunden auf seinen Urnengang wartete. Der Grund: Die Umschläge für die Wahlscheine waren ausgegangen.
Ähnliches berichtete der Klettenberger Pfarrer Ivo Masanek: Er habe im Bezirksamt von 8.20 bis 9.40 Uhr gewartet, dann erst sei die Lieferung mit weiteren Wahlumschlägen eingetroffen. Geschlagene 80 Minuten in einer Schlange gestanden zu haben, fand er „wirklich unglaublich“.
Die Stadtverwaltung bestätigte, dass es am Mittwochmorgen in mehreren Kundenzentren zu Engpässen bei den Wahlunterlagen gekommen sei. In Lindenthal und Ehrenfeld sei die Direktwahl rund eine halbe Stunde nicht möglich gewesen. Der Nachschub sei aber prompt geliefert worden.
Verwaltung sieht keine Schuld
Unterdessen meldeten sich weitere Kölner, die bis Mittwoch keine Wahlunterlagen bekommen hatten, bei der Stadt und auch beim „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Stadtverwaltung wies erneut jegliche Verantwortung für die Pannen zurück. „Alle eingegangen Anträge auf Briefwahl sind von uns geprüft, bearbeitet und versandt worden“, sagte Stadtsprecher Alexander Vogel.
Es gebe nur zwei mögliche Fehlerquellen: Zum einen könne bei der Anforderung der Unterlagen durch die Bürger etwas schief gelaufen sein. Zum anderen könnten beim Druck oder Versand der Wahlbriefe durch externe Dienstleister Fehler passiert sein.
Mit dem Versand hat die Stadt nach der erforderlichen Ausschreibung erneut das Unternehmen Postcon beauftragt, dem die Verwaltung selbst nach einer Pannenserie vor der Landtagswahl 2017 „Minderleistungen“ bescheinigt hatte. Allerdings kämen manche Briefe zurück, weil die Postcon-Boten nicht überall Zugang zu innenliegenden Briefkästen hätten, so die Stadt. In diesen Fällen würden die Unterlagen noch einmal mit der Deutschen Post versandt, oder – wenn erforderlich – auch mit städtischen Boten.
Unerklärliche Lücke
Bis Mittwoch um 17 Uhr hat die Stadt 173 029 Briefwahlunterlagen versandt. Zurückgekommen sind 121 822 Stimmzettel. Was mit den noch offenen Anträgen ist, bleibt unklar. „Das ist eine Lücke, die wir nicht erklären können“, sagte Stephanie Brimmer, stellvertretende Leiterin der Bürgerdienste: „Vielleicht tragen die Wähler die Umschläge in ihrer Handtasche spazieren, vielleicht werfen sie sie erst am Donnerstag oder Freitag ein?“
Am Mittwoch wurden jedenfalls in der Außenstelle des städtischen Wahlamtes in Holweide die 1066 Wahlkoffer für die einzelnen Wahlbezirke zu Ende gepackt und verladen. Die gute Nachricht dabei: „Wir sind schneller als gedacht“, erklärt Brimmer. Die Koffer sind gefüllt mit Stimmzetteln, Gesetzestexten und Büroutensilien und werden nun besonders gesichert gelagert.
Anträge liegen nicht vor
Warum so viele Kölner immer noch auf ihre Unterlagen warten, aber bei der Stadt gar keine Anträge von ihnen vorliegen, konnte Stephanie Brimmer auch nicht erklären. „Das versuchen wir gerade herauszufinden“, sagt sie am Mittwoch.
Sie bestätigt ebenfalls, dass man alle eingegangenen Briefwahlunterlagen bearbeitet habe: „Wir sind tagesaktuell. Was bis gestern eingegangen ist, wurde an die Druck- und Postdienstleister übergeben.“