„Kunden tief verunsichert“Kölner Geigenbauer brechen Aufträge wegen Corona-Krise weg
Ehrenfeld – Konzerte abgesagt. Festivals abgesagt. Musikschulen geschlossen. Auch in der Geigenbauwerkstadt von Mechthild und Reinhard Ossenbrunner an der Thebäerstraße ist Ruhe eingekehrt. Der Musikbetrieb steht still – und damit das Geschäft der Dienstleister. Auch wenn Handwerksbetriebe in der Corona-Krise weiter arbeiten können, wird in der geräumigen Werkstatt der beiden Geigenbaumeister weniger gehobelt, gefeilt und geleimt. „Unsere Kunden sind einfach tief verunsichert, wie es weitergeht“, sagt Mechthild Ossenbrunner. Das Telefon klingelt kaum, niemand kommt vorbei.
Dabei hat das Ehepaar, das seit gut 20 Jahren in dem Ehrenfelder Hinterhaus Streichinstrumente baut und repariert, für den Schutz gegen Ansteckung gut vorgesorgt. Im Verkaufsraum ist genügend Platz, um Abstand zu den Kunden zu halten. Auf dem Tisch liegt ein Behälter mit Gummihandschuhen. Hygiene beim Umgang mit den Instrumenten gehört sowieso zum Alltag. „Vor jeder Reparatur machen wir Griffbrett, Wirbel und Kinnhalter mit Desinfektionsmittel sauber“, so Mechthild Ossenbrunner. Auch Schutzhandschuhe und Atemschutzmasken gehören bei staubigen Arbeiten zur Grundausstattung.
Restaurierung und Reparatur von Streichinstrumenten
Hauptgeschäft der Geigenbauwerkstatt – eine von mehr als 20 in Köln – ist neben Handel die Restaurierung und Reparatur von Streichinstrumenten. Dabei profitieren die Ossenbrunners von der Vielzahl an Orchestern und freischaffenden Instrumentalisten, gerade in der Barockmusikszene.„Profis bringen ihr Instrument regelmäßig zur Wartung“, sagt Reinhard Ossenbrunner. Eigentlich wäre jetzt, wo keine Proben und Konzerte stattfinden, der ideale Zeitpunkt für einen „Boxenstopp“. Doch der Ansturm bleibt aus. Vermutlich – so Ossenbrunner – scheuten sich die freien Geiger oder Cellisten, jetzt Geld für das Instrument auszugeben. Denn sie wüssten nicht, wovon sie in den nächsten Monaten leben sollen.
Manche, die schon das reparierte Instrument in Händen halten, fragten jetzt nach Stundung der Rechnung. Oder Leihinstrumente kommen vorzeitig zurück. Etwa eine wertvolle Viola d’amore, die ein junger Musiker für ein Festival in Magdeburg ausgeliehen hat. Kurz vor dem Konzert kam die Absage – und trotz Anreise kein Honorar.
Langjährige persönliche Beziehungen zu den Musikern
„Wir haben erst einmal nichts berechnet“, sagt Reinhard Ossenbrunner. Für die beiden Geigenbauer ist das ein Spagat. Einerseits fußt das Geschäft auf langjährigen persönlichen Beziehungen zu den Musikern. Dazu gehöre auch die „individuelle Gestaltung der Zahlungsbedingungen“, so Mechthild Ossenbrunner. Andererseits sind die Rücklagen des Betriebs begrenzt auf zwei bis drei Monate.
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Jetzt soll ein Gespräch mit dem Steuerberater klären, ob Anspruch auf staatliche Hilfe und Senkung der Gewerbesteuervorauszahlung besteht. Auch mit dem Vermieter der Werkstatt wollen die beiden über vorübergehende Reduzierung der Pacht reden. Ein Problem könnte sein, plausibel zu machen, dass der Umsatzeinbruch erst noch kommt. Denn derzeit sind die Geigenbauer mit dem Aufarbeiten von Instrumenten, die in den Verkauf gehen, gut ausgelastet.
Reinhard Ossenbrunner kann dem Corona-Einschnitt sogar etwas Positives abgewinnen: „Jetzt habe ich Zeit und Konzentration für einen lang geplanten Cello-Neubau.“ Seine Frau Mechthild hofft, dass man die Berufsmusiker, die sonst im Juli und August, in den Ferien, mit Reparaturen in die Werkstatt kommen, früher ins Haus locken kann. Dazu soll ein Aufruf auf ihrer Internetseite beitragen. „Dann hätte ich auch einmal richtig Sommerferien“.