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Köln früher und heuteHerkuleshaus in Neuehrenfeld – Ein Koloss trotzt den Bomben

Lesezeit 4 Minuten
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Schon 1930 überragte das damalige Lagerhaus seine Umgebung deutlich. Heute beherbergt es Wohnungen.

  1. In unserer PLUS-Serie „Köln früher und heute” zeigen wir jede Woche einen Ort in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
  2. In dieser Folge geht es um das Herkuleshaus in Neuehrenfeld.
  3. Das Haus war einst ein Lager für Fleisch, später für Papier.

Köln – Fällt der Name des mythischen Helden Herkules, geht es meistens um Größe und Stärke, Herausforderung und Kampf. Von daher trägt das Herkuleshaus an der Neuehrenfelder Liebigstraße 145 seinen Namen völlig zu Recht. Seine 100-jährige Geschichte hat all das zu bieten, was sein gottähnlicher Namenspatron suggeriert: Größe und Stärke in herausfordernder Zeit.

Heinrich Hugo Best kann sich noch gut erinnern, als er in den 1950er Jahren das Herkuleshaus mit seinen verwinkelten und dunklen Räumen besuchte. Sein Vater war damals Inhaber der Papiergroßhandlung Freytag & Petersen, die hier seit 1925 ihren Sitz hatte. Der Solidität des aus armiertem Beton gebauten Gebäudes hatte das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt schon eine Menge zu verdanken. „Rundherum lag Ehrenfeld völlig in Trümmern“, sagt Heinrich Hugo Best. Nur das Herkuleshaus hatte sich während der alliierten Bombardierungen behauptet.

Eine architektonische Ikone

Es war so standfest, dass die Anwohner in seine Kellerräume flüchteten, wenn die Sirenen heulten. Nicht nur die massive Betonkonstruktion bot ihnen Sicherheit, auch die großen Papierstapel, mit denen die Decken zusätzlich abgestützt wurden. Nach Kriegsende versorgte Freytag & Petersen die Stadt Köln mit Kartons zum Druck von Lebensmittelkarten. Denn die Firma verfügte über eines der wenigen Papierdepots, die den Krieg schadlos überstanden hatten.

Als Kind besuchte Heinrich Hugo Best regelmäßig mit seinem Vater das Papierlager im Herkuleshaus, das Prokuristin Änne Ludwig während des Kriegs so wacker gegen Plünderungen verteidigt hatte. Auf sieben Stockwerken verteilten sich die Bestände, Lastenaufzüge transportierten die Pappen, Kartons und Papierbögen von Etage zu Etage. Mit dieser technischen Ausstattung war der stattliche Büro- und Lagerkomplex natürlich ganz weit vorn, als er 1921 errichtet wurde. Nicht zuletzt war er seinerzeit eine architektonische Ikone. Mit seiner weit überdurchschnittlichen Höhe war das Herkuleshaus Kölns erstes Hochhaus überhaupt. Den Status als höchstes Haus der Stadt musste es allerdings 1924 schon wieder an das Hansahochhaus am Hansaring abtreten.

Architekt war Franz Seuffert, der seinem Bau in expressionistischer Manier aufgefaltete Giebelecken spendierte, die ein wenig an einen japanischen Tempel erinnern. Der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings vergleicht das Herkuleshaus mit einem SUV, das so tut, als wäre es ein normaler Pkw. Seine stattliche Breite sollte seine Höhe relativieren. Dadurch macht es sich kleiner als es ist. „Das Gebäude sollte nicht turmartig als Hochhaus wirken, sondern sich in die Wohnbebauung integrieren“, erläutert Ulrich Krings die Architektur, die so grundverschieden ist gegenüber der Anmutung des 31-stöckigen Herkuleshochhauses aus den 1970er Jahren ganz in der Nähe.

Heinrich Best

Inhaber des Fachgroßhandels Freytag & Petersen Heinrich Hugo Best

„Ich bin von den Arbeitern auf Papierballen gesetzt und auf Hubwagen durch das Lager gefahren worden“, sagt Heinrich Hugo Best, der heute Inhaber des Fachgroßhandels Freytag & Petersen ist: „Das war für einen kleinen Kerl ein hochinteressanter Abenteuerspielplatz.“ Aber das Herkuleshaus habe auch etwas Unheimliches gehabt. „Gegenüber lag der Kölner Schlachthof“, erinnert sich der 71-Jährige: „Wenn die Fenster zur Straße offenstanden, hörte ich das Muhen der Rinder, die auf die Schlachtung warten.“

Seiner Nähe zum Schlachthof hatte das Lagerhaus auch seine Entstehung zu verdanken. Gebaut wurde es nämlich für die „Hammelfleisch-Aktiengesellschaft“ (Haflag), die hier entsprechende Produkte lagerte und vertrieb. Als die Firma einging, folgte Freytag & Petersen und benannte das „Haflag-Haus“ nach der angrenzenden Herkulesstraße. „Die Klimatisierung des Gebäudes war damals ein wichtiges Argument für Freytag & Petersen, dort einzuziehen“, sagt Heinrich Hugo Best: „Papier verträgt keine großen Temperaturunterschiede und durch das starke Betonmauerwerk gab es kaum Temperaturschwankungen.“

Aus einem Lager wird ein Kölner Wohnhaus

Als die jüdischen Eigentümer während des NS-Regimes enteignet wurden und ins Exil flüchteten, leistete ihnen Bests Großvater über verschlungene Wege weiterhin finanzielle Unterstützung. Eine durchaus riskante Angelegenheit, die aber dazu geführt habe, dass das Verhältnis zwischen der jüdischen Familie und der Familie Best auch nach der Rückerstattung der Immobilie hervorragend geblieben sei.

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Dennoch: Mit den Jahren entsprach das Herkuleshaus nicht mehr den modernen Logistikanforderungen. Der Lagerbetrieb über sieben Stockwerke hinweg sei sehr aufwändig gewesen, die Aufzüge zunehmend reparaturanfällig und der Hinterhof für die größer werdenden Lkw zu klein, so Heinrich Hugo Best. Anfang der 1970er Jahre folgte deshalb der Umzug an den neuen Firmensitz an der Longericher Straße. Im Herkuleshaus befinden sich mittlerweile Wohnungen. Für Heinrich Hugo Best bleibt der so starke Betonkomplex jedoch ein wichtiger Teil seiner Vergangenheit: „Das ist ein Haus, das ganz eng verwoben ist mit unserer Familien- und Firmengeschichte.“