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„Bethlehem ist leer, traurig und trauert“In der Kölner Partnerstadt ist auch an Weihnachten nichts wie vorher

Lesezeit 3 Minuten
Michael Kellner (l.) und Albrecht Schröter vom Städtepartnerschaftsverein Köln-Bethlehem stehen lächelnd nebeneinander.

Michael Kellner (l.) und Albrecht Schröter vom Städtepartnerschaftsverein Köln-Bethlehem berichteten über die Situation vor Ort.

Das muslimisch geprägte Westjordanland stehe im Schatten des Kriegs. Betroffen sind auch Projekte des Kölner Partnerschaftsvereins.

Üblicherweise drängeln sich zu Weihnachten tausende Touristen durch die Altstadt von Bethlehem im südlichen Westjordanland. Doch auch in der rund 30.000 Einwohner zählenden Partnerstadt Kölns, in der der Überlieferung nach Jesus Christus geboren wurde, ist seit dem Terrorakt der Hamas in Israel nichts mehr so wie vorher. Die wirtschaftliche Lage der Menschen vor Ort sei ohnehin schwierig, so Albrecht Schröter, Vorsitzender des Städtepartnerschaftsvereins Köln-Bethlehem.

Krippe mit Puppe in Trümmern in der Bethlehemer Weihnachtskirche.

Krippe mit Puppe in Trümmern in der Bethlehemer Weihnachtskirche.

Mit dem Krieg Israels gegen die Hamas im Gazastreifen habe sie sich zugespitzt. Alle Zugänge seien von Israel gesperrt worden. Die Ein- und Ausreise sei nur noch mit Sondergenehmigungen möglich. Die Touristenströme seien versiegt, Hotels kaum belegt. Souvenirs könnten nicht verkauft werden: „Die Wirtschaft ist am Nullpunkt“, so Albrecht Schröter.

Ziel der Israelis sei es, die Palästinenser zu verdrängen

Über die Situation im Gazastreifen werde viel berichtet, doch das muslimisch geprägte Westjordanland stehe im Schatten des Kriegs, sagt Michael Kellner, Geschäftsführer des 1996 gegründeten Partnerschaftsvereins. Fast täglich komme es dort zu israelischen Razzien, Verhaftungen und auch Erschießungen. Israelische Siedler griffen zudem palästinensische Häuser am Stadtrand Bethlehems an. „Der Überfall der Hamas auf Israel war grauenvoll“, sagt Kellner. Die Situation der Palästinenser sei es auch.

Albrecht Schröter hat Bethlehem bisher rund 30 Mal besucht. Dort lebten aktuell nur noch etwa 6000 Christen. Insgesamt machten Christen nur 1,5 Prozent der Gesamtbevölkerung im Westjordanland aus. Unter ihnen wachse die Zahl der Auswanderer, denn die Arbeitslosigkeit sei groß, so Schröter.

Seit dem 7. Oktober habe sich die Lage weiter verschärft: „Aufgrund der Sperrungen kommen natürlich auch nicht mehr genügend Lebensmittel in die Stadt“, so der 68-jährige Theologe. Ziel der Israelis sei es, die Palästinenser mehr und mehr zu verdrängen. Unter dieser Politik habe auch die christliche Minderheit zu leiden. Projekte des Partnerschaftsvereins sind ebenfalls betroffen. Der Verkauf von Produkten einer Bethlehemer Behindertenwerkstatt fällt in diesem Jahr aus.

Die Weihnachtsgottesdienste werden in Bethlehem 2023 zwar stattfinden, auf die üblichen Feierlichkeiten und den geschmückten Weihnachtsbaum vor der Geburtskirche muss jedoch verzichtet werden – aus Solidarität mit den Palästinensern im Gazastreifen. „Bethlehem ist leer, traurig und trauert um den Verlust aller unschuldigen Palästinenserleben“, schrieb ein Fotograf an den Partnerschaftsverein. In der evangelisch-lutherischen Weihnachtskirche liegt in diesem Jahr neben dem Altar eine Puppe mit einem Palästinenserschal inmitten von Trümmerteilen, umringt von Holzfiguren. Es ist eine außergewöhnliche Krippe, die an die verschütteten Kinder im Gazastreifen erinnern soll.

Köln-Bethlehem Städtepartnerschaft Köln-Betlehem | News (koeln-bethlehem.de)


Eine Ausstellung mit Fotografien von Christel Plöthner ist bis zum 6. Januar 2024 in der Galerie Smend an der Mainzer Straße 31 zu sehen. Die Aufnahmen zeigen Menschen aus Bethlehem und seinem Umland in ihren oft bescheidenen Wohnungen, vor ihrem Haus oder in der Umgebung. Die Öffnungszeiten sind montags bis freitags von 15 bis 17 Uhr. (cht)