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Serie „Die Spezialisten"Jochen Röther verkauft im Kölner „Tarzan" wahre Orginale

Lesezeit 3 Minuten

Jochen Röther in seinem seit 30 Jahren bestehenden Laden auf der Benesistraße

Köln – In Zeiten, in denen der stetige Wandel das einzig Beständige zu sein scheint, ist es schon ungewöhnlich, wenn ein Laden sein 30-jähriges Bestehen erlebt. Im Fall von Jochen Röther ist die Zeitspanne noch bemerkenswerter, weil man bei diesem Mann aufgrund seiner Biografie zunächst nicht von einer längeren Sesshaftigkeit ausgehen konnte. Vor 69 Jahren im sauerländischen Werdohl geboren, wollte Röther nämlich bereits in jungen Jahren nur eines: weg.

Mit dem VW-Bus nach Indien

Eigentlich hätte er in den Familienbetrieb, eine Aluminiumfabrik, einsteigen sollen, doch dazu hatte er keine Lust. Also flüchtete er nach Köln, machte eine kaufmännische Lehre in der Ehrenfelder Maschinenfabrik Hermann Kolb und düste ansonsten mit seiner Kreidler Florett zu Konzerten. Im Anschluss an sein BWL-Studium stieg er auf ein anderes Fahrzeug, VW-Bulli um, fuhr damit nach Indien und blieb acht Monate. „Danach war ich für den normalen Büroalltag verdorben.“ Allerdings hatte sich offenbar schon während dieser Reise sein Spürsinn für besondere Dinge gezeigt.

Zunächst kaufte er Jugendstil-Kacheln, alte Teppiche und Schmuck und brachte alles nach Deutschland. Als er merkte, dass man damit Geld verdienen kann, verschrieb er sich ganz dem Handel und Wandel, graste etliche europäische Flohmärkte ab und ließ aus den Seidensaris, die er aus Asien mitgebracht hatte, die damals schwer angesagten Pumphosen nähen.

Wohnung zu Ladenlokal umgebaut

Es folgte ein zweiter Aufbruch in Richtung Indien, diesmal mit dem Bus einer teureren deutschen Automarke. „Nepal war damals das einzige Land, in dem du quasi als Tourist Autos verkaufen konntest“, erzählt Röther, der insgesamt 13- oder 14-mal die elend lange Strecke zurücklegte, den Bus jedes Mal bis unters Dach vollgepackt. Er transportierte Tiefkühltruhen und Motorteile, erlebte Pannen, Unfälle, schwierige Situationen mit Zöllnern an der Grenze, in denen letztlich nur ein größerer Geldschein half. Er nahm junge Leute mit, die nach Goa wollten, erlebte den Schah in Persien, feierte Vollmondpartys und sagt rückblickend, er habe „mehr als einmal in den Lauf einer Kalaschnikow geblickt“.

Jochen Röther verkauft Antikes, Kurioses, Skurriles.

In Goa habe er schließlich seine Frau kennengelernt, die insbesondere nach der Geburt der beiden Kinder ein verständliches Interesse daran hatte, dass der Mann nicht wochenlang op jöck war. 1989 entdeckte er auf der Benesisstraße eine frei stehende Erdgeschosswohnung, baute diese zu einem Ladenlokal um und hängte ein großes Eisenschild „Tarzan“ an die Fassade. Seitdem verkauft er dort kuriose oder skurrile Sachen wie etwa Schaufensterpuppen-Köpfe aus alten Zeiten. Bei seinen Besuchen vieler, vieler Flohmärkte – „die an der Cote d’Azur sind so geil“ – hat sich Röther vor allem auf die Zeitspanne 30er bis 50er Jahre fokussiert.

Viele alte Leuchten

Tarzan – Antikes, Skurriles und Kurioses, Benesisstraße 52. Telefon: 0221/2573689.

Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 14 Uhr bis 18.30 Uhr, samstags 12.30 bis 18.30 Uhr, montags geschlossen.

Wenige haben Sinn für Orginale

Wer Freude an alten Blechdosen, Gläsern von der Jahrhundertwende, Stahlrohr- oder alten Arztmöbeln, Globen oder Murano-Aschenbechern hat, dürfte bei Röther fündig werden. Er habe viel Kundschaft aus der Medienszene, sagt der Händler und erzählt, dass Schauspielerin Martina Gedeck auch schon bei ihm gekauft habe. Leider gäbe es kaum noch Leute, die einen Sinn für Originale hätten“, bedauert der Händler und verweist etwa auf seine Kaiserlampen, die es inzwischen vielfach als Nachbau gibt.

Reich könne man in diesem Gewerbe heute nicht mehr werden, sagt Röther, weswegen er sein Geschäft „wohl auch nicht mehr ewig machen“ werde. „Aber das Schönste hier sind sowieso die sozialen Kontakte und die Gespräche im Laden.“